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27.01.22
17:02 Uhr
B 90/Grüne

Bernd Voß zu TOP 21: Atomausstieg vorantreiben, Erneuerbare Energien ausbauen

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 21 – Schleswig-Holstein bekennt sich zum Atomausstieg Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt der energiepolitische Sprecher der Landeshaus Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Bernd Voß: Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 022.22 / 27.01.2022

Nach dem geglückten Atomausstieg bleiben Atommüll und der Rückbau Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank an die SPD, dass sie das Thema des Ausstiegs aus der Atomenergie auf die Tagesordnung der heutigen Landtagssitzung gesetzt hat. Ja, das Abschalten des letzten Atomkraftwerks in Schleswig-Holstein zum Jahreswechsel ist eine wichtige Etappe beim Ausstieg aus der Atomenergie. Der Atomausstieg ist ein großer Verdienst vieler Bür- ger*innen, die von Fakten getragen über viele Jahre hinweg diesen Teil der Energie- wende, der politischen Wende in die Öffentlichkeit und Parlamente getragen und durch- gesetzt haben.
Dank auch an die vielen ehrenamtlich Engagierten, die es ermöglicht haben, dass nun in Schleswig-Holstein und in 338 Tagen auch in ganz Deutschland kein einziges Atomkraft- werk mehr läuft. Das Engagement der Zivilgesellschaft war erfolgreich. Atomkraft mit sei- nen verheerenden Restrisiken, die ganze Regionen und Länder unbewohnbar machen können, war, ist und bleibt gefährlich. Der Atommüll bleibt mit seinen Kosten auf Ewigkeit.
Denn als am 31.12.2021 das Atomkraftwerk Brokdorf abgeschaltet wurde, endete in Schleswig-Holstein zwar die Atomstromproduktion, aber nicht deren Probleme. Tau- sende Tonnen Atommüll haben immer noch keinen Ort, an dem sie ihre letzte Ruhestätte finden könnten. Wir stehen zum im Ergebnis offenen Endlagersuchgesetz. Aber auch dazu, dass die Suche bis 2031 zu einem Ergebnis kommen muss.
Doch mit dem Finden des Standortes ist es ja noch nicht getan. Das entsprechende End- lager muss dann erst noch gebaut werden. Der weiterhin bei uns in Zwischenlagern be- findliche Atommüll muss dann auch erst noch dort hingebracht, in andere Behälter um- gepackt und eingelagert werden. All das wird weitere Jahrzehnte dauern.

Seite 1 von 2 Und die Zeit drängt, denn die Zwischenlager sind nur bis Mitte der 2040er genehmigt. Im Falle von Brokdorf bis Ende November 2043. Die Zwischenlager an den Atomstandorten, dürfen auf keinen Fall zu riskanten, vergessenen Endlagern werden. Zusätzlich zum hochradioaktiven und schwach- und mittelaktiven Atommüll von Rückbauarbeiten hinter- lässt uns ein Atomkraftwerk je nach Größe ca. 300.000 bis 600.000 Tonnen Material beim Rückbau. Diese werden in einem umfangreichen Verfahren gemessen und überprüft, be- vor sie das AKW-Gelände verlassen können. Der verantwortungsvolle Rückbau muss aber auch umgesetzt werden.
Wir betonen in unserem Antrag daher ausdrücklich den Beschluss 19/2072 hierzu vom Mai vorletzten Jahres und zum vollständigen AKW-Abbau und seiner Umsetzung. Es gilt jedoch nicht nur, jetzt die Vergangenheit zu bewältigen, sondern auch die Zukunft zu gestalten.
Viele Unternehmen, besonders kleine und mittelständische Pioniere, haben in den ver- gangenen Jahrzehnten sichtbar gemacht, wie die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien auch in einem Industrieland funktioniert. Die erneuerbaren Energien aus Sonne und Wind sind unschlagbar günstig geworden. Der Transformationsprozess hin zu den Erneuerbaren und ihren Technologien muss zeitnah und schnell fortgesetzt werden. Das liegt im öffentlichen Interesse und ist für die künftige Versorgungssicherheit unerlässlich. Dafür brauchen wir rechtssichere und zügige Verfahrensvorschriften und auch die Ver- fahren. Dazu gehören auch das Personal und die Fachkräfte.
Wenn jetzt über einen delegierten Rechtsakt der EU-Kommission in die Taxonomiever- ordnung für nachhaltige Finanzinvestitionen Atomenergie für nachhaltig erklärt wird, dann gefährdet das nicht nur unsere zukünftige Sicherheit, sondern macht das eigentlich wich- tige Instrument der Taxonomie absurd. Maßgaben für die Investoren wie „bis 2050 auf- zuschreiben“, wie man es sich mit dem Verbleib des Atommülls vorstellt, sind einfach nur lächerlich. Die Investition in Wasserstofferzeugung aus Atomstrom wird auch gleich mit zur grünen Investition erklärt.
Atomstrom ist auch ohne eine ausreichende Haftpflichtversicherung und den Unendlich- keitskosten des Atommülls teuer. Nicht umsonst hat der französische Rechnungshof in einer erneuten Stellungnahme die französische Regierung wegen der Kosten ihrer Atom- politik abgemahnt. Die inzwischen häufig 40 Jahre alten Reaktoren stehen häufig und sie technisch auf den Stand zu bringen ist einfach nur teuer. Neubauten sind teuer, brauchen viele Jahre und mit den neuen Reaktorplanungen der sogenannten 4. Generation und den SMR, dem „Small Modular Reactor“, begibt man sich in teure, abenteuerliche For- schungsplanungen, anstatt endlich zeitnah die Erneuerbaren auszubauen.
Weltweit haben wir 450 Atomkraftwerke. Mit neun Prozent der Stromerzeugung ist die Atomkraft weit weg von den 17 Prozent, die sie einmal hatte. Will man weltweit die Ener- gieerzeugung auf Atomenergie umstellen, würden 15.000 Reaktoren gebraucht. Abgese- hen vom Müll und den Risiken: In elf Jahren wäre das gesamte weltweit zu schürfende Uran verbraucht. Ein teurer Irrweg.
Atomkraftwerke kann man abschalten, aber der radioaktive Müll bleibt. Der Atomausstieg ist eine entscheidende industrie-, energiepolitische und Sicherheitspolitische Entschei- dung. ***



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