Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
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LANDTAGSREDE – 15. Dezember 2021
Serpil Midyatli Sozial. Digital. Klimaneutral. TOP 2,36+45: Haushaltsberatungen 2022 (Drs. 19/3200, 19/3201, 19/3459, ÄndA 19/3498, ÄndA 19/3499, ÄA19/3500(neu), ÄndA 19/3510, ÄndA 19/3511, ÄndA 19/3512, ÄndA 19/3514, ÄndA 19/3515, ÄndA 19/3516, 19/3359, 19/3486) „Wir tagen heute zum letzten Haushalt von Jamaika. Eines muss ich Ihnen lassen – es ist ein ehrlicher Haushalt. In diesem Dokument können wir nachlesen, was nach fünf Jahren von Jamaika übrig ist. Ich verrate schon mal vorweg: Besonders viel ist es nicht… Die Landesregierung hat keine Linie. Sie wissen nicht wo Sie mit dem Land hin wollen. Wo die Grünen schieben und die FDP zieht, bremst die CDU. Ich muss sagen: Wenn man nach Ampel- Koalition aus Berlin wieder nach Schleswig-Holstein kam, war es regelmäßig ein Kulturschock. In Berlin Aufbruch und Fortschritt. Hier Stillstand und Trippelschritte... Die Zaghaftigkeit Ihrer Politik belegt nun dieser Haushalt. Mehr als kleinteilige Wahlgeschenke sind nicht drin. Mit Zuwendungen für die Lieblings-Projekte einzelner Teile dieser Koalition kaufen Sie sich ein Stückweit Stabilität in Ihrem Bündnis.  50.000 Euro, um Angelscheine für Kinder zu sponsern.  7.500 Euro für einen Schießstand. Das kann ich aus ihrer Regierungslogik verstehen. Als Bürgerin dieses Landes habe ich damit ein Problem. Jamaika tut nur was absolut nötig ist, nicht was möglich ist. Sie wollten doch die Koalition der Möglichmacher sein! Insofern liefern Sie der Öffentlichkeit heute den Beweis: Diese Koalition ist am Ende. Jamaika hat fertig! Im vergangenen Jahr hatten wir einen Haushalt, der zumindest ein wenig in Richtung Zukunft gerichtet war. Investitionen in die Bereiche Wohnen, Schule, Krankenhäuser und die Innenstädte waren richtig und wirken. Die Wahrheit ist nur: Das war die SPD-Handschrift, weil Sie unsere Zustimmung zum Nachtragshaushalt brauchten. Dieser Haushalt zeigt: Alleine bekommen Sie es nicht hin. Seit Jahren tragen wir Ihnen hier die Probleme des Landes vor. Nur Handeln tun Sie nicht. Hier ein paar Beispiele.  Sie verfehlen ihre Klimaziele. Das dokumentieren Sie brav in ihren Klimaschutzberichten. Im Haushalt finden sich trotzdem mehr Mittel zum Straßenbau als für den Klimaschutz. Wann wollen Sie denn damit anfangen, diese existenzielle Krise für unser Land zwischen den Meeren ernsthaft zu bekämpfen?
1  Es fehlt Ihnen an Respekt vor Arbeit. Sie haben das Tariftreuegesetz abgeschafft. Das ist einer der wenigen praktischen Beiträge, die das Land zur Unterstützung guter Arbeitsbedingungen leisten könnte. Aus Berlin kommen jetzt 12 Euro Mindestlohn. Das ist ein Beitrag, um Schleswig-Holstein endlich aus dem Lohnkeller zu heben!  Die Digitalisierung im Land kommt nicht voran. Das bescheinigt Ihnen sogar der Philologenverband. Nur in NRW sind die Lehrkräfte mit Endgeräten schlechter ausgestattet. Von der allgemeinen Ausstattung der Schulen und der Schülerinnen und Schüler fange ich erst gar nicht an.  Unsere Bildungseinrichtungen sind teilweise marode. Sehen Sie sich doch unsere Schulen mal genauer an! Die Schule der Zukunft muss anders aussehen. Dank der SPD gibt es nun einen Schulbaufonds. Sie formulieren die Förderbedingungen aber gleichzeitig so, dass das Geld garantiert nicht dort zuerst ankommt, wo es am nötigsten gebraucht wird.  Die Mieten im Land steigen vielerorts zu stark an. Statt etwas dagegen zu tun, hat Jamaika die Mietpreisbremse abgeschafft.  Ihre halbgare Kita-Reform hat keines der vorhandenen Probleme wirklich gelöst. Es fehlen Plätze im Land. Der Fachkräftemangel spitzt sich zu. Dadurch verschlechtert sich die Betreuungsqualität. Und wir sind immer noch das einzige Land im Norden, das Kita- Beiträge erhebt. Fakt: Beitragsfreie Kita gibt es nur mit der SPD!
Jamaika hatte nie eine echte Chance, zum Erfolg zu werden. Mit diesem Haushalt verfestigt sich bei mir dieser Eindruck. Seit dem ersten Tag schleppt diese Regierung die unhaltbaren Wahlversprechen ihres Ministerpräsidenten mit sich herum. Drei marschieren los und der in der Mitte stellt den beiden anderen links und rechts immer wieder ein Bein. So kann man nicht vorankommen. Entscheidungen werden solange vertagt und zerredet, bis keine Substanz mehr übrig bleibt. Und deshalb gehört die CDU in die Opposition. Gleichzeitig gehen das Selbstbildnis und die Wirklichkeit immer weiter auseinander. Das ist beispielsweise deutlich zu sehen beim Energiewende und Klimaschutzgesetz. Sie sind in unserem Energiewendeland Schleswig-Holstein angetreten, um den Klimaschutz auf neue Beine zu stellen. Nach vier Jahren sollte es endlich losgehen mit dem Klimaschutz. – Fehlanzeige! Unsere Kritik aus dem letzten Monat, dass die Maßnahmen viel zu klein sind, um die Klimaschutzziele zu erreichen, bestätigt sich im Haushaltsentwurf. Selbst diese unzureichenden Maßnahmen sind jetzt nicht finanziell hinterlegt. Wollen Sie überhaupt das Klima schützen oder nicht!? In Ihrem Gesetz wurden die Klimaschutzziele nur an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts angepasst. Wie wollen Sie denn diese strengeren Ziele ohne Maßnahmen einhalten? Diese Landesregierung wollte Politik auf neuen Pfaden bestreiten. Im Endeffekt sind Sie aber nicht in der Lage, die Herausforderung der Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft als die große Aufgabe zu adressieren, die sie nun mal ist. Das

2 Tragische dabei ist, dass Sie auch die Chancen liegen lassen, die in dieser Transformation liegen. Sie handeln nicht mit Weitblick, Herr Günther. Ihren Politik-Stil würde ich „von der Hand in den Mund“ bezeichnen. Der Weg zur klimaneutralen Gesellschaft ist alternativlos. Wir sollten mit aller Kraft nach einer Vorreiterrolle streben. Neue Arbeitsplätze und entsprechendes Know-How, eine intakte Umwelt und höhere Lebensqualität sind doch eine Perspektive, die die Menschen in diesem Land brauchen! In den Zielen sind wir uns als Gesellschaft und Politik schon lange einig. Die Menschen sind auch bereit, diesen Weg zu gehen. Aber die Landesregierung hat keinen Plan und Sie geben keine Richtung vor! Und kommen Sie mir nicht damit, dass Ihnen das Geld fehlt, um mehr zu tun. Das stimmt einfach nicht. Die Mittel für den Schulbaufonds sind da. Sie werden aber nicht abgerufen, weil Sie bei den Förderbedingungen Mist gebaut haben. Im Digitalpakt Schule warten über 100 Millionen darauf aus Schleswig-Holstein abgerufen zu werden. Auch da tut sich nichts. Sie sind nicht in einer Haushaltskrise, sondern in einer Schaffenskrise! Jetzt habe ich hier so häufig das Wort Krise verwendet. Ehrlicherweise steckt doch die gesamte Landesregierung auch in einer internen Krise. Bei verschiedensten Gelegenheiten bekommen wir mit, dass schon lange nichts mehr rund läuft. Sowohl in Ihrer Regierung, als auch in der Koalition insgesamt. Diese Koalition schleppt von Beginn an die versäumten Wahlversprechen der CDU mit sich herum. Sie ist wie ein Klotz am Bein.
 Die Fertigstellung der A20?Im Landtagswahlkampf 2017 haben Sie versprochen, 2022 ist die Autobahn da. Im neuen Programmentwurf der CDU wird lieber gar kein Datum mehr genannt.  Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge? Auch 2017 haben Sie die Abschaffung versprochen. Im Ergebnis gab es viel Streit in den Gemeinden und die Beiträge sind immer noch da.  Mehr Abstände bei gleichzeitigem Ausbau der Windkraft? Im Wahlkampf versprochen, aus Gründen den Klimaschutzes und wegen der realen Lage im Land wieder eingesammelt.
Das Problem von Jamaika sind nicht die Einzelinteressen der Koalitionspartner. Es ist die mangelnde Seriosität der CDU. Die Luft ist einfach raus… Jamaika war ein Versuch, so haben Sie Ihre Koalition damals beschrieben. Und bei diesem Versuch ist es auch geblieben. Diese Koalition hat fertig. Das Modell hat keine Zukunft! In fünf Jahren konnten Sie keines Ihrer großen Projekte abschließen und jetzt zum Ende können Sie auch nichts Neues mehr anstoßen. Wir müssen die großen Fragen mit dem Blick nach vorne angehen! In den Herausforderungen der kommenden Jahre stecken so viele Chancen und so viel Potential! Ich habe keine Lust mehr auf diesen Pessimismus, den Ihr Regierungshandeln ausstrahlt. Denn Schleswig-Holstein kann mehr! Stattdessen sollten wir optimistisch auf die vorhandenen Mehrheiten jenseits der

3 CDU blicken! Dieses Land braucht mehr als Jamaika! Und dieses Land verdient mehr als Jamaika! Der nächste schleswig-holsteinische Landeshaushalt wird anders aussehen, wenn die SPD regiert. Es geht darum, uns den anstehenden Aufgaben entschlossen zu stellen und einen ambitionierten Haushaltsplan vorzulegen.
Vier Aufgaben für Schleswig-Holstein will ich konkret nennen:  Wir müssen für bezahlbares Wohnen überall im Land sorgen; Dabei kann das Land viel mehr tun. Alle unsere Anträge haben Sie abgelehnt.  Die Ladeinfrastruktur für E-Autos muss flächendeckend ausgebaut werden; Auch hier steht das Geld in Berlin bereit. Es muss aber verbaut werden. Unser Vorschlag ist, dass das Land dafür selbst in die Verantwortung geht,  Den Rechtsanspruch auf den offenen Ganztag wird kommen; und jetzt müssen die Vorbereitungen an den Grundschulen bereits laufen,  Die Digitalisierung muss neu organisiert werden. Unser Plan ist es, den Schulträgern anzubieten, dass wir als Land überall in Schleswig-Holstein für gleiche Lernbedingungen sorgen. Wir wollen, dass Schleswig-Holstein sozial, digital und klimaneutral wird. Mit ihrem Haushaltsentwurf kommen wir damit keinen Schritt voran. Daher lehnen wir Ihren Haushalt heute ab. Das ist einfach zu wenig. Deshalb bin ich sicher und froh, dass wir heute den wirklich letzten Jamaika-Haushalt beraten.“



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