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26.11.21
13:50 Uhr
SPD

Bernd Heinemann zu TOP 46: Die niederdeutsche Sprache ist in Schleswig-Holstein ein Kulturgut mit Verfassungsrang

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 26. November 2021
Bernd Heinemann Die niederdeutsche Sprache ist in Schleswig-Holstein ein Kulturgut mit Verfassungsrang TOP 46: Fortschreibung des Landesplans Niederdeutsch (Drs. 19/3399) „Man kann es nicht oft genug sagen: Die niederdeutsche Sprache ist in Schleswig-Holstein ein Kulturgut mit Verfassungsrang. Das Land verpflichtet sich in Art. 13 Absatz 2 der Landesverfassung zum Schutz und zur Förderung der Pflege des Niederdeutschen und in Art. 12 Absatz 6 zum Niederdeutsch-Unterricht in öffentlichen Schulen. Und wir reden hier nicht nur über Landesrecht in Schleswig-Holstein und den anderen Bundesländern, in denen Platt gesprochen wird; wir reden auch über Völkerrecht, in dem Deutschland der Europäischen Charta für Regional- oder Minderheitensprachen beigetreten ist.
Glücklicherweise ist diese Verpflichtung und Selbstverpflichtung zur Förderung des Niederdeutschen politisch nicht strittig. Alle Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig- Holsteiner, die Niederdeutsch sprechen und denen es ein Anliegen ist, dass es auch noch in den kommenden Generationen gesprochen wird, können sich darauf verlassen, dass diejenigen, die in Schleswig-Holstein Verantwortung tragen, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit zu dieser Verpflichtung stehen. Aber über eines dürfen wir uns keinen Illusionen hingeben: Staatliche Maßnahmen können eine lesser used language nur unterstützen, sie können aber das Überleben einer solchen Sprache nicht absichern. Wenn die Familien aufhören, eine Minderheiten- oder Regionalsprache als Medium ihrer täglichen Kommunikation zu gebrauchen, ist diese Sprache dem Untergang geweiht.
Nun reden wir beim Niederdeutschen über eine Sprache, die in verschiedenen Dialekten und Varietäten in Deutschland von rund 2 Millionen Menschen mit sehr guten Kenntnissen und von 5 Millionen mit weniger guten Kenntnissen gesprochen wird. Auch in den Niederlanden gab es nach dem Stand von 2003 rund 1,5 Millionen Sprecher*innen des Niederdeutschen. Das Niederdeutsche ist damit in einer viel kommoderen Lage als etwa das Nordfriesische, dessen Dialekte nur noch von wenigen Tausend Menschen gesprochen werden. Aber die genannten Millionenzahlen sind keine Überlebensgarantie.


1 Unsere Gesellschaft wird von einer hohen regionalen Mobilität geprägt. Menschen, die mit dem Niederdeutschen aufgewachsen sind, ziehen in Bundesländer um, in denen Plattdeutsch keine Wurzeln hat, oder gehen ins Ausland. Umgekehrt ziehen Menschen, die in ihrem Leben noch nie Berührungen mit dem Niederdeutschen hatten, in die norddeutschen Küstenländer. Wenn ich mir die Biographien meiner Kolleginnen und Kollegen ansehe, ist völlig klar, dass der Landtag nicht in der Lage wäre, eine Debatte auf Niederdeutsch zu führen, an der wir uns alle beteiligen könnten. Für die Landtage der anderen norddeutschen Länder gilt das nicht minder. Es ist daher keine Schwarzmalerei, wenn die Vertretungen des Niederdeutschen den Bestand ihrer Sprache als gefährdet ansehen. Umso wichtiger sind die Maßnahmen, die wir als Land zur Förderung und zum Erhalt des Niederdeutschen ergreifen können. Der Bericht der Landesregierung, für den ich der Frau Bildungsministerin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danke, sagt klar, dass der Runderlass von 1992 niemals vollständig umgesetzt wurde. Der neue Erlass ist seit zwei Jahren in Kraft, und seine Umsetzung muss in der nächsten Wahlperiode evaluiert werden.
Der Bericht der Landesregierung geht auch auf die Rolle des Niederdeutschen in der Weiterbildung ein. Hier hat die Corona-Pandemie neue Hindernisse aufgetürmt, weil gerade im sprachlichen Bereich der direkte persönliche Kontakt entscheidend ist. Die Volkshochschulen haben uns neulich dargelegt, dass die Zahl der jährlich erteilten Unterrichtsstunden um vier Fünftel gesunken ist. Das trifft natürlich auch die Lehr- und Lernangebote im Niederdeutschen. Hier ist nicht die Zeit, auf jeden Aspekt des Berichts der Landesregierung einzugehen. Ich bitte deshalb darum, den Bericht dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wahrscheinlich ist es für diese Legislaturperiode schon zu spät, aber der Ausschuss könnte vielleicht in der Zukunft ein Fachgespräch mit den verschiedenen Akteuren im Bereich des Niederdeutschen organisieren, das weitere Impulse für die Umsetzung unseres Verfassungsauftrages ergeben könnte.“



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