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26.11.21
12:39 Uhr
FDP

Kay Richert zu TOP 46 "Fortschreibung des Landesplans Niederdeutsch"

26.11.2021 | Minderheiten
Kay Richert zu TOP 46 „Fortschreibung des Landesplans Niederdeutsch" In seiner Rede zu TOP 46 (Fortschreibung des Landesplans Niederdeutsch) erklärt der minderheitenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert:
„Nachdem wir uns in der letzten Sitzung ausführlich mit dem Minderheitenbericht beschäftigt haben, liegt uns heute der Bericht zur Fortschreibung des Landesplans Niederdeutsch vor. Ebenso wie der Minderheitenbericht wird der Bericht zur Fortschreibung des Landesplans Niederdeutsch einmal in der Legislaturperiode dem Landtag zur Befassung vorgelegt und ebenso wie in Teilen des Minderheitenberichts geht es hier um eines der wertvollsten Kulturgüter unserer Heimat: unsere Vielsprachigkeit.
Und das ist auch der Link zwischen diesen Themen, denn Niederdeutsch ist ja eigentlich kein Minderheitenthema, sondern eine Sprache der Mehrheitsbevölkerung. Der Bericht zum Landesplan Niederdeutsch gibt uns einen Stand der plattdeutschen Sprache. Er beschreibt, wie stark diese Sprache in der Lebenswirklichkeit der Menschen verankert ist. Nun gucken wir ja als Staat auf die Situation und beim Thema Sprachgebrauch hat der Staat nur begrenzten Einfluss – zum Glück, wie ich als Liberaler hinzufügen möchte. Wir können Einfluss nehmen über das staatliche, bzw. staatlich geförderte Bildungsangebot, über öffentlich finanzierte Kultur- und Sozialangebote und über die öffentliche Verwaltung und das Gerichtswesen. Diese Bereiche finden sich dann auch – etwas weiter ausdifferenziert – im Bericht über den Landesplan Niederdeutsch wieder.
Im Bereich der Bildung fördert das Land vor allem den Spracherwerb, zum Beispiel durch mittlerweile jährlich 575.000 Euro für die Kreise und kreisfreien Städte zur Förderung der Minderheiten- und Regionalsprachen im vorschulischen Bereich. An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel kann man Niederdeutsch am Germanistischen Seminar als Ergänzungsfach zum Lehramtsstudiengang an Gymnasien belegen, an der Europauniversität Flensburg besteht ein vergleichbares Angebot. In der Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte ist Niederdeutsch verankert und es gibt inzwischen 44 Modelschulen, an denen es Niederdeutsch als freiwilliges Unterrichtsangebot gibt.
In sozialen und therapeutischen Einrichtungen ist Platt oft ein wichtiges Element, besonders in der Seniorenarbeit und in der Altenpflege. Und hier zeigt sich auch, dass Sprache eben nicht nur dem Transport von Nachrichten dient, sondern Träger von Kultur, Tradition und Gefühl ist. Es ist nämlich die vertraute plattdeutsche Sprache, die etwa einen niederschwelligen Zugang zu zu Pflegenden oder deren Angehörigen schafft. Durch Sprache transportieren wir eben Heimat, Vertrautheit und Geborgenheit. Und das ist auch der große Vorteil der niederdeutschen Kulturangebote und das kann jeder bestätigen, der mal dabei war. Zu Vorträgen, Musikveranstaltungen, Preisverleihungen oder dem plattdeutschen Theater kommt man natürlich wegen des Kulturerlebens. Aber man hat auch immer das Gefühl, irgendwie dazuzugehören. Und das ist für mich der große Mehrwert.
Im Bericht ist zu lesen, dass in vielen Gemeindevertretungen Platt entweder neben Hochdeutsch oder gar ausschließlich gesprochen wird. Auch wir als Landtag sind hier genannt – allerdings muss ich sagen, dass ich selbst zwar schon einzelne Redebeiträge, aber noch keine Debatte auf Platt erlebt habe. In der Verwaltung wurde Plattdeutsch dem Hochdeutschen als Amtssprache de facto gleichgestellt. Das ist aus Sprachensicht zweifellos richtig, denn dass der erzwungene Gebrauch einer bestimmten Sprache ‚kulturell stark durchfärbt‘ ist zwingend einleuchtend. Als Mann der Verwaltung muss ich allerdings sagen, dass das in der Praxis nicht nur Vorteile haben muss.
Ein weiterer Bereich ist überschrieben mit ‚Niederdeutsch in den Medien‘. Und wenn man wie ich Kinder im Gaming-fähigen Alter hat, weiß man: Das ist mit Sicherheit einer der wichtigsten Bereiche, wenn es um den niederschwelligen, gebrauchssicheren Erwerb einer Sprache geht. Mit dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag sh:z und dem Norddeutschen Rundfunk NDR haben wir zwei große und reichweitenstarke Förderer des Plattdeutschen im Land, denen ich auch ausgesprochen dankbar bin für ihr Engagement. Es ist schon gut, wenn sich zwei so starke Player committen. Allerdings: Um das Plattdeutsche wieder richtig ins Bewusstsein aller zu bringen, brauchen wir noch deutlich mehr Präsenz, vor allem im Rundfunk und im Fernsehen. Der Schleswig-Holsteinische Heimatbund fordert das und er hat Recht damit. Natürlich sehe auch ich das Spannungsfeld der Medienschaffenden, die an anderen Parametern gemessen werden. Aber d b h h fl h dk l ll l in der Abwägung zwischen wirtschaftlichen und kulturellen Zielsetzungen denke ich, dass gerade im öffentlich-rechtlichen Bereich mehr Spielräume bestehen müssten.
Ich selbst gehöre zur ‚verlorenen Generation‘. Meine Mutter stammt aus dem ländlichen Steinburg und ist noch mit Platt als Muttersprache aufgewachsen. In meiner Generation war Platt nicht mehr schick, es war die Sprache der einfachen Leute. Und wer wollte, dass sein Sohn oder seine Tochter es mal besser haben sollte, brachte seinem Kind das richtige Deutsch bei. Platt habe ich gelernt auf dem Bau und in der Dithmarscher Landwirtschaft, allerdings nur ein paar Brocken und sehr eingeschränkt von der Themenbreite her. Für mehr gab es einfach keinen Anlass in meinem Leben. Und so wie mir geht es vielen.
Die zentralen Schwerpunkte im Handlungsplan Sprachenpolitik für die 19. Legislaturperiode sind: Bildung, Medien und Mehrwert. Und dieser Mehrwert, der ist der zentrale Punkt für den Weg aus dem Sprachverlust. Medien bringen die Sprache nah, Bildung ist Spracherwerb. Der Mehrwert aber sagt aus, warum die Menschen eine Sprache sprechen wollen. Für mich ist der Mehrwert das Gefühl von Heimat, das Gefühl von Gemeinsamkeit und das Gefühl, irgendwie dazuzugehören.
 
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort



Kay Richert
Sprecher für Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Verkehr und Minderheiten


Kontakt:
Eva Grimminger, v.i.S.d.P.
Pressesprecherin

Tel.: 0431 988 1488
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E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: www.fdp-fraktion-sh.de