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22.09.21
11:38 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zu den Haushaltsberatungen für das Haushaltsjahr 2022

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 8+9 – Haushaltsberatungen für das Haushaltsjahr 2022 Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt die Fraktionsvorsitzende der Landeshaus Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Eka von Kalben: Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 293.21 / 22.09.2021

Verlässlich für heute und weitsichtig für morgen

Meine Damen und Herren,
verlässlich für heute und weitsichtig für morgen. Dies ist der letzte Jamaikahaushalt die- ser Legislaturperiode. Ich danke der Regierung – und insbesondere der Finanzministerin –, dass sie diesen Haushalt vorlegt, der trotz dieser historisch schwierigen Lage noch so viel möglich macht! Das ist nicht selbstverständlich. Denn diese Wahlperiode fiel zu ei- nem großen Teil in eine beispiellose Krisenzeit mit der Corona-Pandemie. Und auch die Klimakrise ist noch offensichtlicher geworden. Dazu haben wir in den vergangenen Wo- chen genügend erschreckende Bilder gesehen.
Gute Haushaltspolitik muss in solchen Zeiten sowohl verlässlich als auch weitsichtig sein. Und diese Verlässlichkeit hat unsere Finanzministerin in den letzten Jahren verkörpert. Sie hat jede Herausforderung volley genommen und mit Umsicht und Sachverstand ge- löst. Chapeau Monika Heinold!
Der Haushalt muss verschiedenste Aufgaben erfüllen. Mit den Mitteln, die uns die Steu- erzahlenden zur Verfügung stellen müssen wir sorgsam umgehen. Wir müssen dafür sor- gen, dass unsere Infrastruktur funktioniert, dass die Sicherheit der Bevölkerung gewähr- leistet werden kann, dass wir eine funktionierende Verwaltung haben und dass den Men- schen, die akut Hilfe benötigen, geholfen wird.
Wir dürfen aber auch in solchen Zeiten nicht nur „auf Sicht fahren“ und uns nur um die Bewältigung der gerade drängendsten Probleme kümmern. Nein, der heutige Haushalt darf nicht nur das Jetzt, sondern muss natürlich auch die Zukunft im Blick haben. Er muss dazu beitragen, dass unsere Kinder auch morgen und übermorgen noch ein funktionie- rendes und lebenswertes Land vorfinden. Das ist eine Frage der Generationengerechtig- keit.
Seite 1 von 4 Ich freue mich, dass auch dieser letzte Jamaika-Haushalt all diese Anforderungen mit klaren Schwerpunkten abbildet!
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal an die erschreckenden Bilder der Flutka- tastrophe erinnern. Auch viele Menschen aus Schleswig-Holstein haben ein unglaubli- ches Engagement gezeigt. Ihnen allen wurde mit einem Helferfest letzte Woche von der Regierung gedankt. Das war eine gute Aktion Frau Innenministerin. Herzlichen Dank.
Aber noch wichtiger ist der Blick nach vorne: Um die Sicherheit zu erhöhen und uns für künftige Katastrophen – insbesondere die Folgen des Klimawandels – zu wappnen, ha- ben wir ein umfangreiches Bevölkerungsschutzpaket auf den Weg gebracht.
Das Paket wird schrittweise bis 2030 realisiert und zum Start der Umsetzung des 10- Punkte-Plans stellen wir im kommenden Haushaltsjahr 35 Mio. Euro zur Verfügung. Mit dem Geld werden wir die Warnsysteme verbessern, die Katastrophenschutzpläne über- prüfen, ein neues Lage- und Kompetenzzentrum errichten, die Wasserrettung anpassen, einen Fonds zur Klimaanpassung auflegen und vieles mehr! Das ist eine hervorragende Leistung trotz knapper Haushaltslage und es ist genau richtig.
Denn unser hervorragendes Ehrenamt braucht alles an staatlicher Unterstützung, was wir bieten können. Was den Klimawandel betrifft, ist aber völlig klar: Klimafolgen sind teurer als Klimaschutz. Katastrophenschutz hilft bei Katastrophen. Klimaschutz hilft, Ka- tastrophen zu vermeiden.
Und genau deshalb unternimmt der Haushalt im Bereich Klimaschutz auch dieses Jahr noch einmal große Anstrengungen. Das ist in der finanziellen Situation des Landes und im Korsett der Schuldenbremse nicht einfach. Aber es ist ohne Frage notwendig.
Wir stellen im kommenden Jahr weitere • 10 Mio. Euro für den Ausbau der Elektromobilität zur Verfügung. • 3,5 Mio. Euro fließen in die energetische Sanierung von Landesliegenschaften. • Rund 7 Mio. Euro stehen für den Bodenschutz und das Flächenrecycling zur Ver- fügung und rund 3,5 Mio. Euro fließen in die Umsetzung der Wasserstoffstrategie. • Das erfolgreiche Programm „Klimaschutz für Bürgerinnen und Bürger“ führen wir mit 500 000 Euro fort. • Wir stärken den kommunalen Klimaschutz, indem wir die Mittel zur Unterstützung kommunale Wärmenetzprojekte und Quartierskonzepte um 200 000 Euro verstärken und einen besonderen Fokus auf den Ausbau der Solarenergie legen.
Die Energiewende- und Klimaschutzinitiative wird auf hohem Niveau fortgesetzt, um möglichst viele Bundesmittel für Klimaschutzprojekte in Schleswig-Holstein zu mobilisie- ren. Insbesondere die Mittel für Energiewende und Klimaschutz wurden im Laufe der letzten Jahre deutlich aufgestockt.
Die aktuellen Corona- und IMPULS-Programme werden verstärkt für Energiewende und Klimaschutz genutzt. Auch die Mittel aus den Strukturfonds EFRE und ELER wurden schon bisher zu einem hohen Anteil für klimaschutzrelevante Projekte eingesetzt; für die neue Förderperiode 2021-2027 haben wir das Ziel ausgegeben, diesen Anteil auf 50% anzuheben.
Summiert man einmal die Mittel auf, so hat Schleswig-Holstein in dieser Legislatur rund 800 Millionen Euro Landesmittel für Maßnahmen der Energiewende, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel bereitgestellt.
2 Zusammen mit Mitteln von Bund und EU kommen wir auf eine Summe von rund 3 Milli- arden, die in Schleswig-Holstein wirken. Wer da keinen Schwerpunkt sieht, schaut mit Absicht weg oder kann Haushaltspläne nicht lesen.
Für die nächste Generation müssen wir nicht nur das Klima schützen, sondern auch die Natur und ihre Artenvielfalt. Die biologische Vielfalt in Schleswig-Holstein ist in keinem guten Zustand. Rund 50 Prozent der hier lebenden Pflanzen- und Tierarten sind gefähr- det. Ihre Lebensräume schwinden täglich – insbesondere infolge von Flächenversiege- lung und intensiver landwirtschaftlicher Nutzung.
Und die Artenvielfalt ist keine Frage von Vogelliebhabern oder Schmetterlingssammlerin- nen. Sie ist für unsere menschliche Existenz auf der Erde lebensnotwendig.
Deshalb hat das MELUND eine umfangreiche Biodiversitätsstrategie erarbeitet und dem Landtag vorgelegt. Eine gewaltige Leistung, ich freue mich auf die Beratung im nächsten Monat. Die Strategie zeigt in Zielen und Maßnahmen auf, wie es gehen kann, das Ruder noch herumzureißen. Für die ersten Umsetzungsschritte werden in 2022 rund 3 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Mittel mit denen wir ganz konkret etwas für die Zukunft tun kön- nen.
Klima- und Umweltschutzmaßnahmen sorgen dafür, dass auch unsere Kinder ihre Zu- kunft noch in einer intakten Lebenswelt erleben. Aber natürlich helfen wir der nächsten Generation auch sehr konkret und unmittelbar im Hier und Jetzt: Wir geben ihr jetzt die Bildungschancen, die sie benötigt, und sorgen zugleich für mehr Bildungsgerechtigkeit. So haben wir die Kita-Reform als eines der zentralen Projekte der Jamaika-Koalition auf den Weg gebracht. Erstmals beteiligt sich das Land mit einem verlässlichen Finanzie- rungsanteil an den Kosten für jedes betreute Kind. Damit entlasten wir die Eltern, stärken die Finanzausstattung der Kommunen und verbessern die Betreuungsqualität.
Die Mittel dafür steigen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 47 Mio. auf insgesamt 565 Mio. Euro. Damit haben wir die Zuschüsse des Landes zur Kitafinanzierung im Laufe dieser Legislaturperiode mehr als verdoppelt! Übrig gebliebene SQKM-Mitteln nutzen wir, um beispielsweise den Elternbeitragsdeckel im Bereich der Unter-Dreijährigen weiter ab- zusenken – mit 16,5 Millionen Euro. Damit sinkt ab nächstem Jahr der Höchstbeitrag für die 8-stündige Betreuung eines Kindes von unter drei Jahren von 288,40 Euro auf 232 Euro pro Monat. Zur Stärkung der Inklusion wollen wir Angebote in allen Kreisen auf- bauen, die die Kitas personell verstärken sollen – zielgerichtet nach den Bedarfen vor Ort. Ich hoffe sehr, dass es dazu auch wieder Gespräche mit den Wohlfahrtsverbänden gibt.
Und ja, es gibt viel Kritik an der Kitareform. Die Umsetzung in den Kommunen ist sehr unterschiedlich. Aber zu meinen, es sei keine Verbesserung eingetreten angesichts die- ser massiven Unterstützung im Bereich Kita, kann nicht sein. Das ist schlicht unlogisch. Und ja, wir haben es da immer mit Durchschnittszahlen zu tun und es ist selten, dass sich diejenigen melden, die froh sind über mehr Personal.
Sondern es werden die Beispiele genannt, wo die Kommunen die Standards abgesenkt haben, insbesondere dort wo die Elternbeiträge sehr stark gesenkt werden mussten. Daran sieht man, dass es schwierig ist, alles gleichzeitig haben zu wollen: entlastete Kommunen, beitragsfreie Kita und mehr Personal. Unser Weg ist ein sinnvoller Kompro- miss aus diesen drei Komponenten. Aber ich sage schon, dass uns die Personalsituation in den Kitas auch angesichts der
3 Inklusion sehr wichtig ist. Und dass das auch in der nächsten Legislatur ein Schwerpunkt der Kitafinanzierung sein muss.
Weiterhin finanzieren wir mit 20 Millionen ein Corona-Aufholprogramm Kita. Damit wollen wir die durch die Corona-Pandemie besonders belasteten Kinder unterstützen; die Kinder sollen in sozialer, emotionaler, kognitiver und motorischer Hinsicht zusätzlich gefördert werden. Über die genaue Ausgestaltung sind wir noch in Gesprächen mit den Kita-Trä- gern.
Auch Schulen und Schulsanitärräume bauen wir weiter aus – mit rund 47 Mio. Euro. Und die Mittel für unsere Perspektivschulen werden um eine weitere Million auf rund 10,6 Mio. Euro aufgestockt. Die Mittel für den Ausbau der schulischen Ganztags- und Betreuungs- angebote werden um 500 000 Euro aufgestockt.
All das zeigt, dass auch in diesem Jahr Kinder und Familien, aber gerade auch das Thema Bildungsgerechtigkeit ein ganz zentrales Motiv der Haushaltspolitik dieser Koali- tion sind und ich bin stolz auf alles, was diese Koalition hier erreicht hat.
Doch Geld allein reicht nicht. In den kommenden Jahren wird die Herausforderung sein, ausreichend Fachkräfte für die Care-Berufe und in der Bildung zu gewinnen. Der demo- grafische Wandel – und aktuell auch der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung – brin- gen große zusätzliche Bedarfe mit sich, für die wir eine neue Fachkräfteinitiative benöti- gen werden.
All das ist nicht neu. Nachdem ich nun zum 10. Mal zu einem Landeshaushalt unserer Ministerin reden darf, stelle ich fest, dass in all diesen Jahren, genau die genannten Zu- kunftsschwerpunkte gebildet wurden. Und dass dadurch unser Land in vielen Bereichen entscheidend vorangekommen oder zumindest auf dem richtigen Weg ist. Gleichwohl bin ich mehr denn je entschlossen, dafür zu kämpfen, dass wir noch mehr tun. In der kom- menden Wahlperiode müssen die Anstrengungen im Bereich Klimaschutz weiter ver- stärkt werden. Die Maßnahmen, die in den nächsten fünf Jahren getroffen werden, ent- scheiden darüber, ob wir die Pariser Klimaziele noch einhalten können.
Um den Pfad zur Klimaneutralität einzuhalten, wird es nicht allein darauf ankommen, möglichst viel Geld in Verkehrswende, energetische Sanierung und Ausbau von Erneu- erbaren Energien zu stecken. Sondern auch, alle übrigen Ausgaben des Landes auf ihre Vereinbarkeit mit diesem Pfad zu überprüfen. Landesprogramme und -Projekte, die dem zuwiderlaufen, müssen transformiert oder – falls das nicht möglich ist – depriorisiert oder gestrichen werden.
Und wenn jetzt angesichts der Haushaltslage viele Sorge haben, dass es im Bereich der Bildung und der sozialen Versorgung zu Kürzungen kommt, dann sage ich ganz klar: Unser Land braucht Gerechtigkeit, nur so schaffen wir es den sozialen Frieden zu erhal- ten. Und was noch wichtiger ist, für uns muss in Schleswig-Holstein auch zukünftig der Weg eindeutig sein. Die Menschen in diesem Land sollen sich sicher fühlen. Sie brauchen die Sicherheit, dass alle dieselben Chancen haben und dass sie Unterstützung bekom- men, wenn sie diese brauchen. Sei es in intakten Krankenhäusern, in Beratungsangebo- ten, in der Bildung oder bei der Ausübung der Kultur und in Schutzangeboten z.B. für Frauen.
Dies trotz aller Krisen und Coronafolgelasten zu schaffen, wird eine der zentralen Her- ausforderungen für die Haushaltspolitik der kommenden Jahre. Vielen Dank! ***
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