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27.08.21
12:27 Uhr
FDP

Jan Marcus Rossa zu TOP 53 „Verfassungsschutzbericht 2020“ (REDE ZU PROTOKOLL)

Presseinformation Rede zu Protokoll gegeben
Christopher Vogt, MdL Vorsitzender Anita Klahn, MdL Stellvertretende Vorsitzende Oliver Kumbartzky, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer
Nr.247/2021 Kiel, Freitag, 27. August 2021
Innen/ Verfassungsschutzbericht 2020



Jan Marcus Rossa zu TOP 53 „Verfassungsschutzbericht



www.fdp-fraktion-sh.de 2020“ In seiner Rede zu TOP 53 (Verfassungsschutzbericht 2020) erklärt der in- nenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:
„Der Bericht bestätigt eine Entwicklung, die wir schon in den letzten Jahren mit Besorgnis verfolgten. Immer mehr Aktivitäten von Extremisten werden ins Netz verlagert. Das erhöht den Überwachungsaufwand für unsere Si- cherheitsbehörden deutlich. Das bestätigt aber auch, dass die Initiative der FDP-Fraktion in den letzten Haushaltsverhandlungen, den notwendigen Per- sonalaufbau beim Landesverfassungsschutz finanziell abzusichern, nicht nur sinnvoll, sondern sogar geboten war. Die Sicherheitsbehörden müssen für eine wirksame Aufklärung im Internet versierte Mitarbeiter gewinnen. Für die Beobachtung von Extremisten ist und bleibt auch im digitalen Umfeld die Personalstärke ein entscheidender Faktor für den Ermittlungserfolg. Neue Formen des Extremismus zu erkennen und zu bewerten, braucht gutes Per- sonal in der Auswertung.
Auf den ersten Blick scheint es einen Rückgang politisch motivierter Strafta- ten zu geben. Wobei die Anzahl an Gewalt- und Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger im letzten Jahr spürbar zugenommen hat. Es bleibt also ab- zuwarten, ob wegen der Corona-Pandemie einfach weniger Gelegenheit be- stand, z.B. im Rahmen von Versammlungen und sonstigen Veranstaltungen politisch motivierte Straftaten zu verüben, oder ob sich dieser rückläufige Trend fortsetzt. . Es ist also keineswegs an der Zeit, Entwarnung zu geben.
Vor besonderen Herausforderungen stehen unsere Sicherheitsbehörden bei den Protestbewegungen, die sich gegen die Corona-Politik wenden. Hier vermischen sich Bürgerinnen und Bürger, die ihren Unmut zum Ausdruck bringen wollen und sich zu Recht auf ihre verfassungsrechtlich geschützte Meinungs- und Versammlungsfreiheit berufen, mit radikalen extremisti- schen Gruppierungen. Kritik an Regierungshandeln müssen der Staat und seine Repräsentanten aushalten. Das sollte nicht in Frage gestellt werden. Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Düsternbrooker Weg, 24105 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de Problematisch wird es aber dann, wenn sich Extremisten, rechtsradikale Anhänger der Reichsbürger- oder der identitären Bewegung unter die De- monstranten mischen und die Meinungsführerschaft übernehmen. Der Bun- desverfassungsschutz hat einen neuen Phänomenbereich unter dem Titel ‚Verfassungsrelevante Delegitimierung des Staates‘ geschaffen, um diese teils als extremistisch eingeschätzten Teile der Bewegung erfassen und be- obachten zu können, denn diese Strömungen passen nach Ansicht des Bundesverfassungsschutzes in keine der bisherigen Kategorien.
Allerdings ist hier auch Vorsicht geboten. Wir können nicht dulden, dass mit der Definition eines neuen Phänomenbereichs Menschen ins Visier der Ver- fassungsschützer geraten, die sich rechtskonform verhalten und lediglich das Recht für sich in Anspruch nehmen, staatliches Handeln auch lautstark und heftig zu kritisieren. Hier erwarte ich, dass die Verfassungsschutzbe- hörden einen Weg finden, unschuldige und unverdächtige Personen in Ruhe zu lassen und keinen Überwachungsdruck zu schaffen, der zu einer fakti- schen Beschränkung unserer Freiheitsrechte führt.
Ich will sehr bewusst noch ein anderes Thema hier ansprechen: die Situati- on in Afghanistan, über die wir ja am Mittwoch ausführlich debattiert haben. Unser aller übereinstimmender Wille, den Menschen dort in ihrer Not zu hel- fen, darf nicht unberücksichtigt lassen, dass nicht ausgeschlossen ist, dass mit den Menschen von dort auch Kriminelle oder Islamisten in unser Land einreisen. Die islamistische Szene war und ist auch in Deutschland, bzw. Schleswig-Holstein aktiv. Aber wir müssen dieses Risiko meiner Ansicht nach in Kauf nehmen, denn was ist die Alternative? Wer aktuell in Afghanis- tan in Lebensgefahr schwebt, muss geschützt werden, und zwar unabhängig davon, ob er als Straftäter oder Gefährder erst vor kurzem aus Deutschland ausgewiesen worden ist.
Aber: Unsere Sicherheitsbehörden müssen jetzt sofort Maßnahmen ergrei- fen, um etwaige Gefährder umfassend zu beobachten. Nur so können Ge- fährdungen frühzeitig erkannt und ihnen wirksam entgegengewirkt werden. Ein Fall Anis Amri darf sich nicht wiederholen. Aber ein solcher Fall kann für einen Rechtsstaat eben auch keine Rechtfertigung dafür sein, Straftäter und Gefährder nicht zu retten, wenn sie in Afghanistan konkret in Lebensgefahr schweben. Das ist das Dilemma, in dem sich ein Rechtsstaat in solchen Ext- remsituationen befindet. Aber unsere Verfassung und unsere Rechtsord- nung geben uns vor, wie der Staat zu handeln und zu entscheiden hat, wenn ein potentieller Gefährder selbst mit dem Tode bedroht wird. Und das muss nicht nur akzeptiert, sondern auch politisch vermittelt werden, auch wenn das schwer ist.“



Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Düsternbrooker Weg, 24105 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de