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17.06.21
10:47 Uhr
SPD

Thomas Hölck zu TOP9u.a.: Jamaika blamiert sich mit Klimaschutz- und Energiewendegesetzchen

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 17. Juni 2021
Thomas Hölck: Jamaika blamiert sich mit Klimaschutz- und Energiewendegesetzchen TOP 9,35,44+61: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes Schleswig-Holstein mit weiteren Anträgen und einem Bericht (Drs. 19/3061, 19/3089, 19/2608, 19/3076, 19/3063) „Mit dem „Green Deal“ hat sich die EU ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Europa soll bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden. Wie wichtig der von EU-Kommissar Frans Timmermanns initiierte „European Green Deal“ für Schleswig-Holstein ist, haben wir im vorigen Herbst in einem Antrag deutlich gemacht. Fünfeinhalb Monate später kamen Sie im Europa-Ausschuss mit einem Antrag um die Ecke - doppelt so viele Wörter, ungefähr der gleiche Inhalt. Sie schwächeln allerdings bei einem Punkt: Beim Klimaschutz. Wir haben ehrgeizigere Reduktionsziele für das EU-Klimagesetz vorgeschlagen. Sie nicht! Wenn Sie Klimaschutz wollen, dann dürfen Sie nicht nur die Lippen spitzen, dann müssen Sie auch pfeifen! Im Gegensatz zu Ihnen hat die Bundesregierung reagiert. Vor dem Hintergrund des Bundesverfassungsgerichts-Urteils und der Zielanhebung der EU hat die Bundesregierung ihre Klimaschutzziele deutlich verschärft. • 65 Prozent weniger Treibhausgas-Emissionen bis 2030 • Klimaneutralität bis 2045 Was macht die Landesregierung? Sie legt ein Gesetzchen vor. Ein Energiewende- und Klimaschutz-Gesetzchen! Die Basis für das Gesetz hat die Küstenkoalition gelegt und ist nach wie vor wegweisend. Aber Ihre Novellierung wird den tatsächlichen Herausforderungen und auch den ehrgeizigen Zielen der Bundesregierung in keiner Weise gerecht. Sie schreiben unter anderem in § 4, ich zitiere: „Um das Klimaschutzziel einer CO2-freien Strom- und Wärmeversorgung von Landesliegenschaften bis 2050 zu erreichen, wird die Gebäudeheizung der Liegenschaften schrittweise zu einem Betrieb mit niedrigen System-Temperaturen ausgelegt…“ Warum erst 2050? Und warum sollen die Landesbediensteten in Zukunft frieren? Sie beziehen sich immer noch auf das Jahr 2050. Scheinbar haben Sie die aktuellen Entwicklungen im Bund verschlafen. In ihrem aktuellen Energiewende- und Klimaschutz-Bericht (Drucksache 19/3063) führt die Landesregierung aus, ich zitiere: „Im Novellierungsvorschlag des Energiewende- und Klima-schutzgesetzes ist vorgesehen, dass die Landesregierung im Fall einer Anhebung der

1 Klimaschutzziele auf nationaler Ebene, die zur Erhöhung der Zielwerte notwendigen Schritte einleitet und frühzeitig landespolitische Maßnahmen auf den Weg bringt, um zur Erreichung dieser absehbar anzuhebenden Ziele angemessen beizutragen.“ Da muss ich aber schon fragen: Was ist Ihr Entwurf denn noch wert? Die anzuhebenden Ziele liegen auf dem Tisch. Wo sind ihre Maßnahmen? Das frühzeitige Vorlegen haben Sie jedenfalls verpasst. Sie haben sich gründlich blamiert. Das gilt aber auch für den Unionskollegen Heiner Rickers, der in einer Presseerklärung behauptet hat, ich zitiere: „Dabei hat sich Jamaika vom Gedanken der Freiwilligkeit leiten lassen und gegen Zwangsregelungen ausgesprochen.“ Was wurde vorgelegt? Ein Griff in das Ordnungsrecht! Sie verpflichten Eigentümerinnen und Eigentümer beim Austausch oder dem nachträglichen Einbau einer Heizungsanlage in Gebäuden, die vor 2009 errichtet wurden, mindestens 15 Prozent des jährlichen Wärme- und Kältebedarfs aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Nach Freiwilligkeit sieht das gerade nicht aus! Man kann über die Sinnhaftigkeit von Verpflichtungen trefflich streiten, aber was bedeutet ihr Vorschlag in der Realität? Sie lassen zum Beispiel immer noch eine Gastherme zum Heizen und zur Warmwasseraufbereitung zu, obwohl diese mittelfristig ein Auslaufmodell sein werden. Dazu kommt Photovoltaik aufs Dach oder eine kleine Wärmepumpe. Praktisch bedeutet das immer noch Technik für fossile Energieträger – potentiell für 85 %. Mit Ihrem Vorschlag manifestieren Sie alte Techniken. Wir werden künftig viel mehr mit erneuerbarem Strom heizen, das heißt die Wärmepumpe wird einen ganz neuen Stellenwert bei der Wärmewende bekommen. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, ist unter anderem die Energiewende ausschlaggebend. Dafür benötigen wir einen deutlichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Photovoltaik spielt dabei eine immer stärkere Rolle. Dabei müssen wir den Natur- und Artenschutz mitdenken, und wir müssen die Menschen auf dem Weg mitnehmen. Es geht um die Akzeptanz vor Ort. Wir brauchen: • PV in der Fläche • Agri-PV, also die Doppelnutzung landwirtschaftlicher Flächen • PV an Lärmschutzwänden und Lärmschutzwällen • PV auf den Dächern – verpflichtend für Nichtwohngebäude beim Neubau und im Bestand • Ein Dachflächenkataster, um das Potenzial auf unseren Dächern zu ermitteln Für alle Optionen muss die Landesregierung Kriterien erlassen. Gerade bei der Freifläche dürfen Sie die Kommunen nicht allein lassen. Wir wollen eine PV-Offensive, die die maximale Energieerzeugung ermöglicht und die nicht mit dem Naturschutz im Widerspruch steht. Und was machen Sie? Ihre Installationsvorgabe für Photovoltaik-Anlagen beim Neubau von Parkplätzen mit mehr als 100 Stellplätzen ist lächerlich. Werden nur 99 Parkplätze errichtet, ist Ihre Vorschrift sofort hinfällig.


2 Jamaika redet viel über Klimaschutz, bekommt aber nicht viel auf die Kette: • Ausbau der Windenergie - um drei Jahre verzögert • Die Aufnahme des Klimaschutzes in die Landesverfassung -abgelehnt • Die eigenen Ziele bei der Reduzierung der Treibhaus-gase - verfehlt • Ein Förderungsprogramm zum Austausch von Ölheizungen - abgelehnt • Stillstand bei der Wärmewende Um nur einige Beispiele zu nennen. Dieses Gesetz wird voraussichtlich im Herbst beschlossen und damit in dieser Legislatur keine Wirkung mehr entfalten können. So ist es wohl, wenn die Faulen am Abend fleißig werden.“



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