Jan Marcus Rossa: Das gegenwärtige System der Richterwahl muss nachgebessert werden
Presseinformation Christopher Vogt, MdL Vorsitzender Anita Klahn, MdL Stellvertretende Vorsitzende Oliver Kumbartzky, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Nr. 175/ 2021 Kiel, Freitag, 4. Juni 2021 Recht/RichterwahlausschussJan Marcus Rossa: Das gegenwärtige System der www.fdp-fraktion-sh.de Richterwahl muss nachgebessert werden Zum heute eingereichten Jamaika-Gesetzentwurf zur Änderung des Landes- richtergesetzes erklärt der rechtspolitische Sprecher der FDP- Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:„Eine unabhängige Justiz mit den besten Köpfen dieses Landes ist ein we- sentlicher Pfeiler unserer Demokratie. Bei der Auswahl unserer Richterinnen und Richter haben wir uns im Richterwahlausschuss schon immer vom Prin- zip der Bestenauslese leiten lassen und den Auswahlprozess mit besonderer Sorgfalt durchgeführt.Allerdings muss das gegenwärtige System der Richterwahl nachgebessert werden, wenn wir verhindern wollen, dass der Richterwahlausschuss am Ende nur noch die Beurteilungen der Kandidaten durch die Präsidentinnen und Präsidenten der Obergerichte unseres Landes abnicken soll. Diese Ge- fahr wurde in den vergangenen Monaten durch eine Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts und eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig evident. In beiden Verfahren wurde die Wahlentscheidung des Richterwahlausschusses aufgehoben, ohne dass die- sem rechtliches Gehör gewährt wurde. Die Gründe und Erwägungen, die seiner Auswahlentscheidung zugrunde lagen, fanden nur unzureichend Ein- gang in die verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Die Konsequenz ist, dass die Entscheidungen über Beförderungen tatsächlich nicht durch den Rich- terwahlausschuss getroffen werden, sondern faktisch durch die Beurteilen- den, die mit ihren Beurteilungen das Auswahlergebnis vorgeben, aber tat- sächlich keiner effektiven Kontrolle mehr unterliegen. Ob die Beurteilungen ordnungsgemäß sind, ob es sich wirklich um faire Beurteilungen handelt o- der ob sie ergebnisgetrieben sind, das sind Fragen, die bei der Richterwahl dann keine Rolle mehr spielen. Genauso ist es praktisch kaum möglich, ne- ben den Beurteilungen andere Erkenntnisse aus den Personalakten heran- zuziehen, um auf dieser Grundlage die Bestenauslese vorzunehmen. HierEva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de sehen wir Freie Demokraten eine erhebliche Schwäche im System der Rich- terbeförderung, die beseitigt werden muss.Für die Überwindung dieser Problematik stehen verschiedene Lösungswege offen. Denkbar wäre, das Beurteilungswesen insgesamt zu reformieren und bereits durch Beteiligung der Richterräte eine Kontrolle der Beurteilungen einzuziehen. Möglich wäre auch, die Beurteiler im Richterwahlausschuss im Einzelfall anzuhören, damit sie ihre Beurteilungen gegenüber dem Aus- schuss rechtfertigen und weiter begründen können. Schließlich kann man dem Richterwahlausschuss aber auch einen größeren Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum einräumen, ohne dass dadurch das Bestenauslese- prinzip unterminiert werden würde. Dass dies rechtlich möglich und zulässig ist, darauf hat zum Beispiel auch das Oberverwaltungsgericht in seiner Ent- scheidung hingewiesen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat aufgezeigt, welcher Beurteilungsspielraum einem Richterwahlausschuss eingeräumt werden kann, ohne verfassungsrechtliche Grundsätze zu verletzen.Die Fraktionen im Schleswig-Holsteinischen Landtag haben sich nach zu- nächst nur internen Debatten, einer umfassenden Expertenanhörung und einer intensiven Erörterung der Ergebnisse dieser Anhörung für den letztge- nannten Lösungsweg entschieden und wollen den Beurteilungsspielraum des Richterwahlausschusses im Rahmen der verfassungsrechtlichen Gren- zen ausgestalten. Wir hätten uns dabei gewünscht, wenn wir uns für die Formulierung entschieden hätten, dass der Richterwahlausschuss bei seiner Wahlentscheidung zu berücksichtigen hat, dass die zuständige Ministerin bzw. der zuständige Minister für Justiz an den Grundsatz der Bestenauslese gem. Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz gebunden ist. Das ist unseres Erachtens klarer als die Formulierung, dass sich der Ausschuss von diesem Grundsatz leiten lasse. Sollten beide Formulierungen gleichermaßen verfassungsge- mäß sein und uns unserem Ziel näher bringen, dass der Richterwahlaus- schuss nicht nur der ‚Abnicker‘ von Beurteilungen Dritter ist, können wir auch mit der jetzigen Formulierung gut leben.Sollte der oben geschilderte Lösungsansatz aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich sein, dann werden wir die Frage erörtern müssen, ob wir einen Richterwahlausschuss überhaupt brauchen. Die gewünschte de- mokratische Legitimation geht von einer Richterwahl durch den Ausschuss nicht mehr aus, wenn lediglich der Wille der Beurteilenden vollzogen werden darf, ohne dass die Beurteilungen auf den Prüfstand gestellt werden.“Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de