Dr. Ralf Stegner zu TOP 26: Wer sein Mandat versilbern will, hat in unseren Parlamenten nichts verloren!
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 20. Mai 2021Dr. Ralf Stegner Wer sein Mandat versilbern will, hat in unseren Parlamenten nichts verloren! TOP 26: Die repräsentative Demokratie lebt vom Vertrauen (Drs. 19/2959) „Die Corona-Pandemie hat Maßnahmen erforderlich gemacht, die wir lange Zeit für undenkbar gehalten hätten. Ausgangssperren oder Kontaktverbote sind ein massiver Eingriff in Freiheitsrechte, aber auch eine besondere Belastungsprobe für unser demokratisches System. Denn anders als in repressiven Systemen lebt unsere repräsentative Demokratie vom Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Institutionen und zu denen, die politisch Verantwortung tragen. Eine Reihe von Vorfällen hat dieses Vertrauen in den vergangenen Monaten erschüttert. Abgeordnete, die hohe Provisionen für die Vermittlung von Masken kassiert haben. Dubioser Lobbyismus für kaukasische Diktaturen. Provisionen oder Vermögensvorteile, die Mandatsträgern als Gratifikation für den politischen Einsatz gewährt wurden. Nicht alles davon ist im strafrechtlichen Sinne illegal. Politisch jedoch gehören diese Vorgänge verurteilt. Klar ist: Wer sein Mandat nutzen will, um sich persönlich zu bereichern, hat in unseren Parlamenten nichts verloren! Das muss der Konsens der demokratischen Parteien sein.In keinen der Skandale sind nach derzeitigem Stand Mandatsträgerinnen und Mandatsträger aus unserem Land oder gar diesem Haus verwickelt. Das ist eine gute Nachricht. Und trotzdem müssen die Vorfälle auch für uns Anlass sein, die bestehenden Regelungen für Landtagsabgeordnete auf den Prüfstand zu stellen. Ich bin sehr froh, dass sich die demokratischen Fraktionen dazu gemeinsam auf den Weg gemacht haben und wir voraussichtlich bereits im Juni über eine Änderung unseres Abgeordnetengesetzes sprechen können. Zwei Punkte sind für meine Fraktion dabei zentral. Wir wollen unmissverständlich klar machen, dass bezahlte Lobbytätigkeiten neben dem Mandat nicht zulässig sein dürfen. Und wir wollen auch verbindlicher machen, was unser Abgeordnetengesetz schon heute vorsieht: Die Ausübung des Mandats hat im Mittelpunkt der Tätigkeit von Abgeordneten zu stehen. Darauf haben Wählerinnen und Wähler einen Anspruch! Das bedeutet ausdrücklich nicht, dass jede Form von Betätigung neben dem Mandat anrüchig wäre. Es ist ausdrücklich begrüßenswert, wenn Abgeordnete sich neben ihrem Mandat 1 ehrenamtlich oder auch kommunalpolitisch engagieren. Das ist wertvolles gesellschaftliches Engagement! Und natürlich müssen wir auch im Blick behalten, dass unser Parlament die Breite der Bevölkerung repräsentiert. Gerade für Selbständige und Angehörige der Freien Berufe ohne Rückkehrrecht in eine Beschäftigung aus der Zeit vor dem Mandat soll auch in Zukunft – in angemessenem Rahmen – eine Nebentätigkeit möglich sein. Man möge mir an der Stelle aber den Hinweis erlauben, dass ich mir aus allen Fraktionen zuweilen ebenso großen Einsatz für einen Landtag wünschen würde, in dem nicht nur Rechtsanwälte und Notare, sondern auch Frauen angemessen repräsentiert werden.Ich bin auch sehr dankbar, dass wir die Gelegenheit nutzen wollen, um über Möglichkeiten für mehr Transparenz bei Gesetzesentwürfen der Landesregierung zu sprechen. Der sogenannte „exekutive Fußabdruck“ ist ein gutes Instrument, um offen zu legen, welche Interessen und Einflüsse in so einem Verfahren zusammen kommen. Ich glaube übrigens, dass darin eine große Chance steckt zu verdeutlichen, dass Interessenvertretung keineswegs nur anrüchig sein muss. Wir sind beispielweise unseren Verbänden in Schleswig-Holstein dankbar für jeden Hinweis, der Politik praxistauglicher macht.Erst seit 1994 ist Abgeordnetenbestechung in Deutschland ein Straftatbestand. Insbesondere im Vergleich zum Beamtenrecht ist die Regelung jedoch bis heute wenig wirksam. Das liegt vor allem daran, dass nur solche Bestechungen erfasst werden, bei der die „Gegenleistung“ eines Mandatsträgers auf eine Zahlung folgt. Es ist ein gutes Signal, dass die Demokratinnen und Demokraten in diesem Haus einig sind, dass eine Nachschärfung nötig ist. Und dass insbesondere geregelt werden muss, dass unabhängig vom zeitlichen Ablauf künftig der Zusammenhang von Zahlung und Gegen-leistung für die Strafbarkeit ausreichend ist. Deutschland hinkt in dieser Frage anderen Ländern leider hinterher.Auf Bundesebene wird derzeit auch über Änderungen beim Parteienrecht gesprochen. Für meine Fraktion ist klar: Der Einfluss einzelner finanzstarker Akteure auf Politik muss begrenzt sein. Darum sollte künftig eine jährliche Höchstgrenze von 100.000 € pro Spenderin oder Spender greifen – das ist noch immer sehr viel Geld. Und wichtig ist auch – das zeigen zum Beispiel die Berichte über Spendendinner –, die Veröffentlichungspflicht für Parteispenden von derzeit 10.000 € auf 2.000 € abzusenken. Das schafft mehr Transparenz, verhindert die derzeit praktizierte Stückelung von Spenden auf Beträge jeweils knapp unter 10.000 € und hilft damit, ein Dunkelfeld auszuleuchten.Politikerinnen und Politiker sind keine besseren Menschen als der Durchschnitt unserer Gesellschaft. Schwarze Schafe wird es immer geben. Entscheidend ist, aus Einzelfällen kein System werden zu lassen und Fehlentwicklungen entschlossen entgegen zu treten. Ich freue 2 mich, wenn wir dazu als Landtag beitragen können und bedanke mich bei allen demokratischen Fraktionen schon jetzt für die Zusammenarbeit bei diesem Thema.“ 3