Ralf Stegner zu TOP 1+2: Lernen wir aus den letzten Wochen für die Verlängerung des Lockdowns!
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 20. Januar 2021Ralf Stegner: Lernen wir aus den letzten Wochen für die Verlängerung des Lockdowns! TOP 1+2: Lernen wir aus den letzten Wochen für die Verlängerung des Lockdowns und Nachvollziehbarkeit, Transparenz und Effektivität der Pandemie-Maßnahmen sicherstellen (Drs. 19/2720, 19/2721) „Lassen Sie mich mit den nüchternen Fakten zur Corona-Pandemie beginnen: Trotz des harten Lockdowns ist die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland noch nicht in dem Ausmaß gesunken, wie wir es uns wünschen würden. Noch immer steckt jeder Infizierte rechnerisch knapp eine weitere Person an. Auch wenn sich in den letzten Tagen abzeichnet, dass die Zahlen jetzt deutlicher zurückgehen: Die Werte liegen noch immer zu hoch. Das gilt für die Messlatte einer Inzidenz von weniger als 50 Infektionen pro 100 000 Einwohnern binnen 7 Tagen, die wir erreichen müssen, um die Infektionswege durch die Gesundheitsämter nachvollziehen zu können. Da aber schon ein Ausbruch in einem Altenheim diesen Wert spürbar nach oben verschiebt, kommt es wohl noch mehr auf diesen sogenannten R-Wert an. Wir sehen in Großbritannien, was passiert, wenn hohe Zahlen und die offenkundig sehr viel ansteckendere neue Mutation zusammen treffen. Die Bilder aus britischen Krankenhäusern sind erschütternd. Im Frühjahr hatten wir den Vorteil, auf die dramatische Lage in Italien gerade noch rechtzeitig reagieren zu können und damit das Schlimmste in unserem Land zu verhindern. Einiges spricht dafür, dass uns jetzt, zehn Monate später, nur ein kleines Zeitfenster bleibt, um ebenso rechtzeitig auf die Lage in Großbritannien reagieren zu können. Es geht um den Wettlauf bis zur Immunisierung der Bevölkerung nach großflächiger Impfung und eines womöglich wieder exponentiellen Wachstums des Infektionsgeschehens. Wir müssen dafür sorgen, dass sich weniger Menschen anstecken, dass Infektionsketten gar nicht erst entstehen. Und ja, es kann sein, dass Virologen und Epidemiologen falschen Alarm schlagen und wir übervorsichtig sind nach einem Jahr der sich überschlagenden Botschaften. Aber dürfen wir dieses Risiko eingehen? „Der bessere Teil der Tapferkeit ist Vorsicht“, heißt es schon bei Shakespeare, und in der Politik ist diese Vorsicht die schlichte Übersetzung von politischer Verantwortung.Wir müssen bedenken, wie katastrophal die Folgen wären, wenn wir jetzt gemeinsam in unseren Anstrengungen zu früh nachlassen. Dauerhaft hohe Infektionszahlen führen zu 1 dauerhaft hohen Todeszahlen. Aber daran dürfen wir uns als Gesellschaft nicht gewöhnen. Der Herr Bundestagspräsident hat sinngemäß gesagt, der Schutz des Lebens und die Vermeidung von Todesfällen seien nicht die einzige politische Kategorie bei der Bekämpfung der Pandemie. Er bezog sich damit auf die Abwägung verschiedener Handlungsoptionen. Darüber mag man philosophisch streiten, aber für mich steht fest: Es ist nicht hinnehmbar, dass jeden Tag eine vierstellige Zahl von Menschen an diesem Virus stirbt. Deutschland liegt mittlerweile bei den Todeszahlen pro Einwohner international weit vorn, sogar vor den USA, über deren Corona- Missmanagement wir völlig zur recht lange die Köpfe geschüttelt haben. Das unterstreicht: Der Gesundheitsschutz muss oberste Priorität haben. Und ich wiederhole das für meine Fraktion ausdrücklich. Daran halten wir ohne Wenn und Aber fest! Im Gegensatz zum Vorjahr gibt es einen Lichtblick. Vieles spricht dafür, dass wir uns im letzten Drittel dieser Pandemie befinden. Dank der in Rekordzeit entwickelten Impfstoffe ist ein Ende in Sicht. Dafür lohnt das Durchhalten.Die Verlängerung des Lockdowns ist deshalb richtig und, Herr Ministerpräsident, meine Fraktion wird diesen Kurs weiter unterstützen. Aber wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass es im Land spürbar mehr Vorbehalte gegen die Maßnahmen gibt, dass die kritischen Fragen zunehmen und die Ansprüche an Politik noch größer werden. Dem haben wir gerecht zu werden. Vor nicht einmal vierzehn Tagen haben wir uns hier zur letzten Sonder-sitzung getroffen um über die vergangenen MPK zu beraten. Erst am vergangenen Montag traten die erneuten Verschärfungen in Kraft. Quasi unmittelbar danach begannen politisch Verantwortliche einmal mehr mit Spekulationen und Andeutungen, die nichts anderes waren als verklausulierte Ankündigungen der Verschärfung oder zumindest Verlängerung des Lockdowns. Damit war niemandem geholfen. Im Gegenteil: Es hat das Werben um Akzeptanz für die neuen Maßnahmen erheblich erschwert. Denn es hat bei vielen den Eindruck hinterlassen, Entscheidungen würden unabhängig von der Entwicklung des Infektionsgeschehens getroffen. Diese Form von Kommunikation hilft nicht. Und es entwertet auch die gemeinsamen Beschlüsse der Bund-Länder-Runde. Die Bevölkerung darf erwarten, dass gemeinsam vertreten wird, was gemeinsam beschlossen wurde. Das ist übrigens das Mindeste, was die demokratischen Parteien zu leisten haben, wenn wir nicht wollen, dass Corona-Leugner, Rechtsradikale und Wirrköpfe mit ihren Tiraden über ein angebliches Staatsversagen als politische Rattenfänger Erfolg haben können. Und ich will hinzufügen: Experten-Anhörungen im internen Kreis, wie jetzt vor der Ministerpräsidentenkonferenz wieder praktiziert, scheinen mir nicht übermäßig gut geeignet zu sein, die Bevölkerung mitzunehmen. Wir müssen vermeiden, dass der Eindruck von vermeintlichem Geheimwissen entstehen kann, was nicht nur wildeste Spekulationen blühen lässt, sondern auch den Verdacht nährt, dass auf fragwürdigen Grundlagen Beschlüsse getroffen werden. 2 Das ist einer der Gründe, warum meine Fraktion die heutige Sondersitzung beantragt hat. Noch besser sind Parlamentsberatungen vor solchen Gipfeltreffen, aber die Landtagsdebatten sind keine Show, sondern das notwendige Herstellen von Öffentlichkeit für die Abwägungen der politisch Verantwortlichen. In diesem Zusammenhang finde ich den Vorstoß der Freien Demokraten in diesem Hause sehr bedenkenswert, zumal er in die gleiche Richtung geht wie die Vorschläge, die wir als SPD-Landtagsfraktion gemacht haben. Aber das Parlament ist nicht alleine in der Pflicht. Die Bundesregierung, aber auch alle Landesregierungen werden sich in den kommenden Monaten mehr Mühe geben müssen, öffentlich zu erklären, auf welcher Grundlage Beschlüsse getroffen werden. Welche Szenarien wahrscheinlich erscheinen und welche als nicht plausibel verworfen wurden. Wir müssen weg kommen von Pressekonferenzen, bei denen im Wesentlichen zu später Stunde die Beschlüsse vorgelesen werden, die schon stundenlang über die Liveticker von Boulevardzeitungen nachzulesen waren. In der Demokratie muss die Politik schlüssig begründen, warum sie welche Entscheidungen trifft. Diesen Anspruch hat die Bevölkerung zu Recht.Wir sollten aus den vergangenen Wochen lernen. Meine Fraktion ist überzeugt, dass wir eine Strategie für die kommenden Monate brauchen, die nicht bereits in der übernächsten Woche über den Haufen geworfen wird, wenn wir weiterhin breite Zustimmung für die Einschränkungen in der Bevölkerung behalten bzw. zurück gewinnen wollen. Und diese Strategie muss auf Maßnahmen basieren, die nachvollziehbar, transparent und effektiv sind. Ich habe mich darum gefreut, dass die Koalition in der vergangenen Woche unseren Vorschlag einer „Inzidenz-Ampel“ aufgegriffen hat, die das bieten würde. Erfreulicherweise findet sich das so ähnlich nicht nur bei der FDP-Landtagsfraktion wieder, sondern auch in dem gestern verabredeten Beschluss, eine Arbeitsgruppe der Ministerpräsidenten zu diesem Thema einzurichten. Da wir das schon seit Monaten fordern, wünschen wir uns ein bisschen mehr Drive in dieser Frage. Wir leben glücklicherweise in einem Land, in dem alle Bürgerinnen und Bürger Anspruch auf umfangreiche Freiheitsrechte haben. Diese wurden von unseren Vorgängergenerationen dem Obrigkeitsstaat abgetrotzt und hart genug erkämpft und sind nun Grundpfeiler unserer demokratischen Verfassung.Begründet werden muss nicht, wenn diese Rechte in Kraft sind, denn das ist der Normalzustand. Sondern begründet werden muss immer ihre Einschränkung. Und diese Begründung muss überzeugend sein. Das gilt übrigens um so strenger, je länger die Einschränkungen dauern. Und alle Maßnahmen müssen verhältnismäßig, angemessen und fakten-basiert sein. Genau dabei würde die Inzidenzampel helfen, weil sie den Anlass für Einschränkungen transparent und verständlich macht – aber eben auch aufzeigt, wann die Bedingungen für Einschränkungen nicht mehr gegeben sind. Zum Glück haben wir eine unabhängige Justiz, die das auch wirksam kontrolliert und ggf. einschreitet. Aber besser ist es, 3 wenn wir das von vornherein im Auge haben. Das erscheint mir im Übrigen sehr viel Akzeptanzversprechender als so manche brachial vorgetragene Forderungen nach Ausgangssperren und Radiuseinschränkungen, wie wir sie grade vor allem aus dem Süden der Republik vernehmen. Das ist politische Kraftmeierei, die vom realen Infektionsgeschehen ablenken soll und kein Problem löst, sondern Probleme schafft. Deshalb ist es gut, dass sich derlei politischer Unfug in der Verabredung von gestern nicht wiederfindet. Und ich füge hinzu: Wir hätten das auch nicht mitgetragen!Die Situation ist ernst, die Verlängerung des Lockdowns richtig und die Nachschärfung von Maßnahmen angebracht. Aber, lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit sagen: Meine Fraktion hält es auch für den richtigen Weg, dass als Ergebnis der gestrigen Runde auf deutlich weitergehende Einschränkungen verzichtet wurde. Insbesondere, weil bei weitem nicht alles, was vor dieser Runde Teil der öffentlichen Diskussion war, ein Mehr an Infektionsschutz versprach. Ich bin überzeugt: Wenn die Forderungen nach Maßnahmen einerseits immer schriller werden, während gleichzeitig die konkrete Umsetzung zunehmend inkonsequent wird, dann leidet die notwendige Akzeptanz. Und was die Akzeptanz betrifft, will ich gerade am heutigen Tage des demokratischen Machtwechsels in Washington besonders gerne den großen republikanischen Präsidenten Abraham Lincoln zitieren, der gesagt hat, auf Dauer ist „niemand gut genug, einen anderen ohne dessen Zustimmung zu regieren.“ Wir sollten den Wert der Zustimmung zur Politik in diesen Coronazeiten nicht gering schätzen. Ich halte nach wie vor für richtig, nur dass zu fordern, was man wirklich und konsequent bereit ist auch umzusetzen und zu kontrollieren. Das muss der Maßstab für alle Beschlüsse sein.Meine Fraktion hat zur heutigen Tagung erneut einen Antrag vorgelegt, weil uns wichtig ist, dass wir über die Ergebnisse der Bund-Länder-Gespräche nicht nur eine Debatte führen und unsere Positionen begründen. Sondern dass wir als Parlament der Regierung auch einen klaren Auftrag mit auf den Weg geben. Meine Fraktion hält eine Reihe von Punkten dafür für wesentlich. Vieles deckt sich mit den Vereinbarungen von gestern und alles entspricht den Prioritäten und Vorschlägen, die wir seit Wochen als SPD-Landtagsfraktion in die Debatte eingebracht haben. Nach wie vor fahren jeden Morgen sehr viel mehr Menschen in die Büros als noch im Frühjahr. Experten schätzen die derzeitige Homeoffice-Quote auf 15 Prozent, im ersten Lockdown lag sie bei 27. Dafür haben wir kein Verständnis, es braucht eine Begründungspflicht für alle Bürotätigkeiten, bei denen noch kein Homeoffice greift. Denn selbst wenn man das Argument einiger Arbeitgeber unkritisch übernimmt, die Produktivität wäre im Homeoffice geringer, ist das ein zutiefst unsolidarisches Argument. Denn wegen dieser vergleichsweise geringen eigenen Beeinträchtigungen nehmen Unternehmen hin, dass ein großer Teil der Wirtschaft länger im kompletten Lockdown bleiben muss. Dafür habe ich kein 4 Verständnis. An solchen Stellen regulierend einzugreifen gehört zu den Kernaufgaben einer sozialen Marktwirtschaft. Es ist gut, dass es eine Verordnung von Bundesarbeitsminister Heil geben wird und dass verbindlich geregelt werden soll, dass – wo immer möglich – mobiles Arbeiten stattfinden wird. Aber ich appelliere an die Wirtschaft, die heute Morgen schon wieder mit kritischen Einlassungen zitiert wird, dass das umgesetzt wird und wir mindestens den Vergleichsstand aus dem vergangenen Frühjahr schnellstmöglich erreichen. Ich erwarte, Herr Ministerpräsident, dass Sie und Herr Wirtschaftsminister Buchholz mit der Wirtschaft des Landes darüber reden, wie das gelingen kann. Und wir erwarten natürlich auch, dass das Land mit gutem Beispiel vorangeht, was die Beschäftigten des Landes angeht. Wir brauchen keine Ausdünnung des ÖPNV wie sie vor der MPK diskutiert wurden, sondern im Gegenteil eine Ausweitung. Mehr Kapazitäten wo immer möglich, das wäre der richtige Weg. Denn seien wir ehrlich: Viele, die jetzt weiter zur Arbeit müssen, weil ihre Tätigkeit tatsächlich Präsenz vor Ort erfordert sind genau diejenigen, die sich kein Auto leisten können. Die aber gleichzeitig in ihrem Job unter besonderem Druck stehen. Diesen Druck durch Ausdünnung des ÖPNV weiter zu erhöhen wäre ein komplett falscher Weg. Das sollten wir auch für die kommenden Wochen festhalten. Es zeigt sich immer mehr, dass medizinische Masken bzw. FFP- 2-Masken ein wichtiges Instrument sind. Ich finde übrigens, wir sollten bei den FFP-2-Masken bleiben. Sie bieten überall dort einen Schutz, wo der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Dass gestern verabredet wurde, medizinische Masken im ÖPNV und in den Geschäften vorzuschreiben, begrüßen wir ausdrücklich. Aber es darf keine 2-Klassen- Gesellschaft geben, in der die einen gut geschützt durch teure Masken sind, während die anderen sich diesen Schutz nicht leisten können. Darum muss sichergestellt sein, dass jeder Masken bekommt, der sie sich nicht leisten kann. Das gilt für Sozialtransferempfänger und Niedrigverdiener sowie besonders belastete Familien. Und das muss in einem einfachen und schnellen Verfahren erfahren erfolgen. Trotz aller Skepsis – s. Corona-App – muss unsere Finanz- bzw. Sozialverwaltung in der Lage sein, das schnell zu regeln. Es muss sichergestellt sein, dass Masken vor Ort tatsächlich verfügbar sind, denn nicht jeder kann den persönlichen Maskenvorrat mit ein paar Klicks im Internet auffüllen. Und mehr FFP-2-Masken in der Öffentlichkeit dürfen auch nicht dazu führen, dass Pflegepersonal am Ende in die Röhre schaut. Wer sich in diesen besonderen Zeiten Tag für Tag um kranke und pflegebedürftige Menschen kümmert, verdient nicht nur Anerkennung, sondern hat Anspruch auf bestmöglichen Schutz. Das gilt übrigens auch für unser UKSH. Ich halte es nicht für eine Stärke sozialer Marktwirtschaft, wenn die Preise für diese Masken jetzt in die Höhe schießen. Abgesehen davon wussten wir schon lange, dass wir solche Masken brauchen werden. 5 Nach wie vor brauchen wir mehr Klarheit zur Lage. Der beste Weg dafür ist eine Ausweitung der Testungen. Vor allen müssen mehr Kapazitäten zur Genom-Sequenzierung aufgebaut werden, um Mutationen feststellen und nachvollziehen zu können. Deutschland ist hier mit Blick auf andere Länder noch weit zurück. Wenn die Mutationen eine so zentrale Rolle einnehmen wie derzeit zu befürchten ist, müssen wir dabei besser werden. Auch die diesbezüglichen Beschlüsse von gestern begrüßen wir – sie müssen allerdings auch umgehend und konsequent umgesetzt werden.Die erneute Verlängerung des Lockdown trifft Familien ganz besonders. Homeoffice, Homeschooling, Homecare und all das ist trotz der schönen Anglizismen in der Realität kein Spaß, sondern eher ein extremer Stresstest für die Familien, die sowieso gebeutelt sind und seit 10 Monaten die Hauptlast der Coronakrise zu tragen haben! Das gilt übrigens am meisten für Frauen und Alleinerziehende. Ich wünsche mir, dass wir mit dem gleichen Maßstab an die Familienhilfen herangehen wie bei den Milliardenhilfen für die Rettung der Lufthansa. Sonst sollten wir uns die Sonntagsreden zur Bedeutung der Familie auch besser schenken. Viele Rückmeldungen der letzten Tage zeigen uns, dass Mecklenburg-Vorpommern bei den Kontaktregeln einen praktikableren Weg eingeschlagen hat. Kinder unter 12 Jahren, die betreut werden sollten nicht mitgezählt werden, damit nicht nur für Alleinerziehende überhaupt noch eine Form von Kontakten möglich ist. Hier plädieren wir für eine Anpassung, zumal das Infektionsgeschehen in unseren beiden Ländern so unterschiedlich nicht ist. Der Vorschlag, nur Kinder bis zu 3 Jahren zu berücksichtigen, Herr Ministerpräsident, ist ein Schrittchen. Oder wollen Sie ernsthaft behaupten, dass 4jährige Kinder nicht zu ihren Eltern gehören. Und wir werden über die Situation in Kitas und an Schulen in der kommenden Woche ausführlich sprechen. Aber ich will schon jetzt sagen, dass es mit Blick auf die anhaltenden Schulschließungen eine spezielle Förderung für diejenigen Schülerinnen und Schüler brauchen wird, die im Lockdown drohen auf der Strecke zu bleiben. Diese Schüler zum Sommer massenhaft sitzen bleiben zu lassen darf nicht die Lösung sein. Das können und werden wir auch nicht zulassen! Meiner Fraktion waren schon bei den Verhandlungen zum Nachtragshaushalt die Beratungsangebote im Land besonders wichtig. Denn wir bekommen von vielen Seiten die Rückmeldung, dass zunehmend mehr Menschen sehr ernste Probleme haben mit den Belastungen, die der monatelange Ausnahmezustand gerade für die bringt, die alleine sind. Und die erneute Verlängerung muss nun Anlass sein, noch einmal zu prüfen, ob alle Beratungsangebote so aufgestellt sind, wie das benötigt wird.Die Impfungen sind eindeutig unser einzig erfolgversprechender Weg aus der Pandemie. Darum brauchen wir so schnell wie möglich mehr Impfstoff und Tempo beim Ausbau der Produktionskapazitäten, zumal die Hausaufgaben vor Ort erledigt wurden und die Impfzentren im ganzen Land bereit stehen um richtig loszulegen. Umso ärgerlicher ist die Verzögerung 6 durch die ausfallenden Lieferungen in den kommenden Wochen. Bei Produktion und Verteilung der Impfstoffe muss eindeutig mehr Gas gegeben werden. Wenn die kritischen Nachfragen der Sozialdemokratie an den Herrn Bundesgesundheitsminister dazu beigetragen haben ihn anzuspornen und zu versprechen, dass bis zum Sommer jedem, der eine Impfung wünscht, diese zur Verfügung stehen wird, so ist das gut. Noch besser – nein, wirklich notwendig ist es, wenn der Herr Bundesgesundheitsminister dieses Versprechen auch einhalten kann. Das Lob dafür wird nicht nur in diesem Hause gesichert sein. Rückmeldungen zeigen, dass die Impfbereitschaft insbesondere beim medizinischen Personal steigt, das ist eine richtig gute Nachricht. Es geht beim Impfen eben nicht nur um die eigene Gesundheit, sondern vor allem um den Schutz für andere. Sich impfen zu lassen ist gelebte Solidarität! Ich bin sehr dankbar, dass die Kritik vieler Betroffener, aber auch nach einer bemerkenswerten Debatte in diesem Hause Erfolg hatte und der Sozialminister angekündigt hat, die Terminvergabe umzustellen. Es ist das sehr viel bessere System, wenn unsere älteren Mitmenschen jetzt direkt angeschrieben werden und nicht Woche für Woche frustrierende Erfahrungen bei der Termin-Rallye machen müssen. Ich bin mir sicher, wir alle haben erste Rückmeldungen bekommen, dass diese Änderung für viele Familien eine große Erleichterung war. Lassen Sie mich neben dem Dank an Sie, lieber Herr Minister Dr. Garg, noch etwas hinzufügen: Dieser Vorgang hat auch exemplarisch gezeigt, wie unterschiedlich Mitglieder des Kabinetts mit berechtigter Kritik umgehen. Weil das ja allgemein bekannt ist und wir in der kommenden Woche eine große bildungspolitische Debatte führen wollen, erspare ich Ihnen dazu heute die Details.Die erneute Verlängerung bedeutet eine anhaltende große Belastung für weite Teile der Wirtschaft. Und es ist sicherlich eine große Enttäuschung für alle, die gehofft hatten, der Lockdown würde bald nach Weihnachten ein Ende haben. Es bleibt darum weiterhin die Verpflichtung, Hilfen schnell und unkompliziert auszuzahlen. Und nach wie vor dürfen einzelne schwarze Schafe kein Argument sein, unnötige bürokratische Hürden einzuziehen. Sich mit solchen Menschen näher zu beschäftigen wird auch im Nachhinein möglich sein. Auch mit den Wirtschaftshilfen befassen wir uns in der nächsten Landtagssitzung. Und der Herr Wirtschaftsminister hat dazu ja auch breit im Ausschuss berichtet. Da ist manches in Gang gekommen. Der Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat geliefert und jetzt soll alles noch Zitat „einfacher, umfangreicher, zielgenauer“ werden, wie wir gestern einmal mehr gehört haben. Man muss sich nun gewiss nicht Friedrich Merz als Wirtschaftsminister herbeiwünschen, um über die anhaltenden IT-Probleme im Hause Altmaier den Kopf zu schütteln. Bei der Demonstration vor dem Landeshaus gestern von Menschen, die um ihre Existenz bangen, habe ich dafür jedenfalls null Verständnis wahrgenommen. Drei Landtagstagungen in einem Monat dürften zumindest in der jüngeren Vergangenheit beispiellos sein. Das zeigt, wie besonders die Zeiten sind. Und ich bedanke mich bei allen, die 7 die heutige Sitzung kurzfristig möglich gemacht haben – und das gilt insbesondere der Landtagsverwaltung, Herr Präsident. Wir alle freuen uns darauf, wenn bald wieder mehr Normalität möglich wird und menschliche Nähe wieder unser tägliches Glück bedeutet, das wir lange vermisst haben. Bis dahin liegt noch eine große Anstrengung vor unserer gesamten Gesellschaft. Aber es gibt Hoffnung. Mehr als eine Million Deutsche sind bereits geimpft. Die Impfung wird unser gesellschaftlicher Schutzschirm sein. Dieser Schirm öffnet sich grade nur langsam, für viele quälend langsam. Aber er geht jeden Tag ein Stück weiter auf. Das macht Mut. Bis dahin bleibt es bei dem notwendigen Vierklang durch die Krise: Rücksicht, Vorsicht, Umsicht und Einsicht. Die Frau Bundeskanzlerin würde sagen: Wir schaffen das.“ 8