Christian Dirschauer: Frauenmilchbanken sind wertvolle Hilfe zur Selbsthilfe
PresseinformationKiel, den 10.12.2020Es gilt das gesprochene WortChristian DirschauerTOP 15 Aufbau von Frauenmilchbanken fördern Drs. 19/2517(neu), 19/2586Beim Aufbau von Milchbanken geht es nicht mehr um das „Ob“,sondern das „Wie“Ich freue mich, dass wir beim Thema Frauenmilchbanken nach einigem hin und her dann dochgrundsätzlich einig sind. Der Aufbau und die Inbetriebnahme von Muttermilchbanken für Klinikenmit einem Perinatalzentrum Level 1 soll geprüft und modellhaft gefördert werden. Diesesvergleichsweise schnelle Zwischenergebnis freut mich besonders, weil es hierfür eine ganze Reiheguter Argumente gibt. So ist zum Beispiel erwiesen, dass Muttermilch vor Infektionen schützt undKinder weniger anfällig für Übergewicht, Diabetes, Atemwegserkrankungen und Allergien macht.Und weil wir die Sache von Anfang realistisch angegangen sind, fordern wir hier ja weder den„flächendeckenden“ Aufbau noch die „dauerhafte“ Finanzierung. Aber unser Ziel ist schon, dass esim Land zumindest ein grobes Netz von Frauenmilchbanken gibt. Und um dies zu erreichen, istübergangsweise auch die finanzielle Unterstützung des Landes notwendig. Schön, dass sie allediese Einschätzung teilen. 2Laut Website der Frauenmilchbank-Initiative gibt es derzeit 31 Milchbanken in Deutschland. Davonbefindet sich eine - oder eher gesagt eine halbe - in Schleswig-Holstein. Halb deshalb, weil amUKSH in Lübeck die Verfügbarkeit von Spendermilch von den Ressourcen der Mitarbeiter abhängt.Ohne das große Engagement vor Ort gäbe es im ganzen Land nichts, was man auch nuransatzweise Frauenmilchbank nennen könnte. Eine dauerhaft tragfähige Struktur sieht andersaus. Hinzu kommt, dass die meisten der bundesweit 31 Frauenmilchbanken ausschließlichPatientinnen und Patienten der eigenen Klinik versorgen können. Nur wenige haben zusätzlich dieMöglichkeit, Spendermilch an andere Kliniken abzugeben. Die überwältigende Mehrheit derPerinatalzentren Deutschlands hat also keinen Zugang zu Spendermilch. Es ist nur folgerichtig,dass wir das in unserem Zuständigkeitsbereich ändern.Man könnte meinen, dass eine Frauenmilchbank entbehrlicher Luxus ist. Aber wie angedeutet hatMuttermilch nicht nur einen positiven Einfluss auf die Entwicklung, sondern auch auf denLebensverlauf eines Menschen. Sie beinhaltet viele Stoffe, die nicht synthetisch herzustellen sindund daher in industriell gefertigten Ersatzprodukten fehlen. Muttermilch schützt das Kindnachweislich vor Infektionen und Allergien und sorgt für eine gesunde Darmflora. Außerdem wirktsie auch langfristig präventiv; beispielsweise bei der Vermeidung von Diabetes,Darmentzündungen oder neurologischen Erkrankungen. Oder anders gesagt: Muttermilch istnicht nur die perfekte Ernährung für Neugeborene, sondern dient auch dem Aufbau einesSelbstschutzes, von dem Menschen das ganze Leben lang profitieren. Gerade dieser präventiveEffekt ist uns besonders wichtig. Nicht nur weil er Kosten spart, sondern weil er Leid verhindert.Leider können aber längst nicht alle Mütter ihr Kind im ausreichenden Maß stillen. Vor allem beiFrühgeborenen und Hochrisikobabys kann der Bedarf die verfügbare Menge deutlich übersteigen.Gleichzeitig gibt es aber auch Frauen, die mehr Muttermilch zur Verfügung stellen können, als ihreigener Nachwuchs benötigt. Muttermilchbanken bringen beide Seiten zusammen und leistendamit wertvolle Hilfe. In den Milchküchen, die zumeist Kinderkliniken angeschlossen sind, wirdMuttermilch gespendet, gelagert und an bedürftige Säuglinge verteilt. Dieses Verfahren ist 3jahrzehntelang erprobt und sicher. Denn die Spenderinnen werden wie bei einer Blutspende aufübertragbare Krankheiten wie HIV oder Hepatitis-B untersucht und die Spendermilch wird aufKrankheitserreger und Rückstände überprüft.Daneben gibt es aber noch weitere Argumente dafür, allen Neu- und insbesondere Frühgeborenenden Zugang zu Muttermilch zu ermöglichen. Denn neben der Möglichkeit, den Allerschwächstenwertvolle Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, rettet Muttermilch im Zweifel sogar Leben. Denn es gibterste Hinweise darauf, dass die enthaltenen Molekülkomplexe vor Krebserkrankungen schützen.Außerdem erhöht sie die Überlebenschancen unreifer Frühgeborener signifikant, weil sie zurVermeidung entzündlicher Darmerkrankungen beiträgt.Mir ist bewusst, dass das Land streng genommen nur beim Thema Investitionskosten Hilfestellunggeben kann. Noch dazu zeigen die Erfahrungen anderer Länder, dass auch eine Refinanzierung derBetriebskosten im Rahmen der Fallpauschalen zumindest nicht vollständig gelingt. Hier sehen wir,wie auch in unserem gemeinsamen Antrag erwähnt, die Krankenkassen in der Pflicht. Und doch istdie Bereitschaft schon jetzt, trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen, nicht nur in Lübeck,sondern auch an einigen anderen Klinikstandorten im Land vorhanden. Gleichzeitig ist absehbar,dass wir hier nicht über Millionenbeträge reden. Deshalb sollten wir es anderen Ländern gleichtun,und nicht nur prüfen sondern auch die entsprechende Anschubfinanzierung für diese wirklichwichtige Sache auf den Weg bringen.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/