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04.12.20
10:32 Uhr
Landtag

Bürgerbeauftragte informiert über wichtige Änderungen im Sozialrecht im Jahr 2021

Nr. 35 / 4. Dezember 2020

Bürgerbeauftragte informiert über wichtige Änderungen im Sozialrecht im Jahr 2021

Zahlreiche Änderungen im Sozialrecht werden zu Beginn oder im Verlauf des Jahres 2021 für die Bürger*innen von großer Bedeutung sein. Die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein, Samiah El Samadoni, gibt einen Überblick:


Änderungen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende („Hartz IV“):
Erhöhung der Regelsätze: Zum 1. Januar 2020 erhöht sich der Regelsatz für alleinstehende und alleinerziehende Personen von 432 € auf 446 € im Monat. Ehegatt*innen und Lebenspartner*innen erhalten statt 389 € künftig 401 €. Auch die Regelsätze für Jugendliche und Kinder sowie Menschen mit Behinderung werden angepasst und können bei Bedarf bei der Bürgerbeauftragten erfragt werden.
Freibeträge: Ab dem 1. Januar 2021 werden Einkünfte aus einer Rente in Höhe von mindestens 100 € und maximal 223 € nicht mehr auf die Grundsicherung angerechnet, wenn die Leistungsbeziehenden mindestens 33 Jahre an sog. Grundrentenzeiten oder entsprechenden Zeiten aus anderen Alterssicherungssystemen erreicht haben.
Mehrbedarfe: Einige Änderungen betreffen zum Jahreswechsel die sog. Mehrbedarfe. So wird z. B. der Mehrbedarf für Schwangere (17 % des Regelbedarfs) künftig bis zum Ende des Monats der Entbindung gewährt. Außerdem kann der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II (sog. „Härtefallregelung“) z. B. für besondere Gesundheitskosten oder Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts in Zukunft auch dann gewährt werden, wenn es sich nur um einen einmaligen Mehrbedarf handelt und der Verweis auf ein Darlehen für die Betroffenen unangemessen wäre. Für eine dezentrale Warmwasserversorgung wird dagegen ab Januar nur noch ein Mehrbedarf gewährt, wenn dieser durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen wird. 2

Corona-Krise: Schließlich werden die wegen der Corona-Pandemie beschlossenen Sonderregelungen im SGB II bis zum 31. März 2021 verlängert. Die Regelungen umfassen deutliche Erleichterungen bei der Vermögensprüfung und -anrechnung, die befristete Anerkennung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie Vereinfachungen bei der Bewilligung vorläufiger Leistungen.


Änderungen in der Sozialhilfe:
Erhöhung der Regelsätze: Auch in der Sozialhilfe gelten ab Januar 2021 die erhöhten Regelsätze, die den Beträgen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen.
Freibeträge: Ebenfalls wird in der Sozialhilfe bei Rentner*innen, die mindestens 33 Jahre an sog. Grundrentenzeiten oder entsprechenden Zeiten erfüllen, ein Freibetrag von 100 € bis 223 € auf ihr Renteneinkommen als Freibetrag bei der Ermittlung der Sozialhilfe berücksichtigt.


Änderungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung:
Krankenkassenwahl: Für Versicherte wird es ab Januar 2021 einfacher, die Krankenkasse zu wechseln. Bisher sind Versicherte grundsätzlich 18 Monate an ihre Krankenkasse gebunden. Diese Bindungsfrist verkürzt sich auf 12 Monate. Anders als bisher erhalten Arbeitgeber*innen die Mitgliedsbescheinigungen künftig digital und nicht mehr in Papierform. Das Meldeverfahren vereinfacht sich dadurch.
Elektronische Krankmeldung: Der "gelbe Schein" wird durch ab dem 1. Januar 2021 durch eine digitale Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung ersetzt, die von der Praxis direkt an die Krankenkasse übermittelt wird. Durch das neue Procedere müssen Versicherte dann nicht mehr nachweisen, dass die Bescheinigung bei der Kasse angekommen ist; Nachweisprobleme bezüglich des Zugangs führen bislang immer wieder zu erheblichen Problemen und Lücken beim Krankengeldbezug. Die für die Arbeitgeber*innen bestimmte Bescheinigung erhalten Versicherte jedoch weiterhin in Papierform und müssen diese selbst einreichen.


Änderungen in der Sozialen Pflegeversicherung:
Pflegereform: Mit Spannung wird die vom Bundesgesundheitsminister geplante Pflegereform erwartet. Nach dessen Vorschlägen soll z. B. der Eigenanteil für die Pflege im Heim gedeckelt werden; künftig soll dann niemand für stationäre Pflege länger als 36 Monate mehr als 700 € pro Monat zahlen. Auch die Pflege zu Hause soll verbessert werden und einfacher zu organisieren sein. Wer Angehörige zu Hause pflegt, soll außerdem mehr Leistungen bekommen. Pflegegeld und Pflegesachleistungen sollen kontinuierlich nach festen Sätzen erhöht werden. 3

Änderungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung:
Grundrente: Mit der neu eingeführten Grundrente erhalten Rentner*innen ab Januar 2021 eine höhere Rente, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Um einen Grundrentenzuschlag erhalten zu können, müssen 33 Jahre an sog. Grundrentenzeiten vorhanden sein. Dies sind z. B. Zeiten mit Pflichtbeiträgen aus Berufstätigkeit oder Kindererziehungs- und Pflegezeiten. Berechnet wird die Grundrente aus allen Zeiten, in denen der Verdienst mindestens 30 % des Durchschnittsverdienstes in Deutschland betragen hat. Im Jahr 2020 sind dies ca. 1.000 € brutto. Auch darf der Verdienst – bezogen auf das gesamte Berufsleben – im Durchschnitt höchstens 80 % des Durchschnittsverdienstes betragen haben. Liegen diese Voraussetzungen vor, werden die sog. Entgeltpunkte der Rentner*innen erhöht, auf deren Grundlage sich dann eine höhere individuelle Rente errechnet. Allerdings wird Einkommen der Rentner*innen ggf. angerechnet. Alleinstehenden, die mehr als 1.250 € im Monat zur Verfügung haben, wird ihr Einkommen oberhalb dieser Grenze zu 60 % auf die Grundrente angerechnet. Das Gleiche gilt für Eheleute, die mehr als 1.950 € monatliches Einkommen haben. Wegen des Verwaltungsaufwands werden die Rentenversicherungsträger voraussichtlich einige Monate benötigen, bevor die Grundrentenbescheide erstellt sind. Die Grundrentenzuschläge, auf die ab Januar 2021 ein Anspruch besteht, werden dann nachgezahlt. Rentner*innen müssen auch keinen Antrag stellen, da die Prüfung und Auszahlung automatisch erfolgen.


Änderungen im Wohngeldgesetz:
Erhöhung des Wohngeldes: Zum 1. Januar 2021 wird beim Wohngeld eine pauschale CO2- Komponente eingeführt. Mit dem Einstieg in die CO2-Bepreisung soll das Wohngeld erhöht werden, um Wohngeldhaushalte gezielt bei den Heizkosten zu entlasten und dadurch das Entstehen sozialer Härten zu vermeiden.


Änderungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz:
Stärkere Flexibilität: Zum 1. September 2021 werden flexiblere Angebote eingeführt, um den Wünschen und Bedarfen der Eltern gerechter zu werden, z. B. bezüglich variableren Teilzeit- Modellen. Auch wird bei Frühgeburten künftig ein "Frühchenmonat" berücksichtigt; Eltern, deren Kind sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher geboren wird, erhalten damit einen zusätzlichen Monat Elterngeld. Außerdem sollen Eltern und die Verwaltung von Vereinfachungen im Verwaltungsverfahren profitieren.


Änderungen beim Kindergeld und Kinderzuschlag:
Erhöhung des Kindergeldes: Ab dem 1. Januar 2021 erhöht sich das monatliche Kindergeld für jedes Kind um 15 €. Für das erste und zweite Kind werden dann jeweils 219 € gezahlt, für das dritte Kind sind es 225 €, ab dem vierten Kind beträgt das Kindergeld 250 €. 4

Kindergeld bei Behinderung des Kindes: Für viele Eltern, deren Kind eine Behinderung hat, wird der Zugang zum Kindergeld 2021 leichter. Hintergrund sind die seit 1975 unveränderten „Pauschbeträge“ für Menschen mit einer Behinderung, die ab dem 1. Januar 2021 verdoppelt werden. Die Pauschbeträge sind abhängig vom Grad der Behinderung (GdB) und steigen z. B. bei einem GdB von 50 von 570 € auf 1.140 €. Relevant für das Kindergeld bei einer Behinderung ist dies deshalb, weil die anrechenbaren Einkünfte der Kinder nicht über der jeweiligen Einkommensgrenze liegen dürfen. Diese setzt sich mindestens aus einem Grundfreibetrag (2021: 9.744 €) und dem jeweiligen Pauschbetrag (von 384 € bis 7.400 €) zusammen. Durch die deutliche Erhöhung der Pauschbeträge wächst somit der Kreis der Anspruchsberechtigten.
Kinderzuschlag: Ebenfalls zum 1. Januar 2021 steigt der monatliche Höchstbetrag beim Kinderzuschlag pro Kind, und zwar von 185 € auf 205 €. Hierbei ist zu beachten, dass anrechenbares Eltern- und Kindeseinkommen (ohne Berücksichtigung von Kinder- und Wohngeld) den höchstmöglichen Betrag mindern.


Änderungen in der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII):
Kinder- und Jugendstärkungsgesetz: Nach den Plänen der Bundesregierung soll es künftig zahlreiche neue Regelungen für einen stärkeren Kinder- und Jugendschutz, mehr Beteiligungsrechte von jungen Menschen, Eltern und Familien sowie verbesserte Bedingungen bei der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien und stationären Einrichtungen der Erziehungshilfe geben. Geplant sind u. a. bessere Beratungs- und Beschwerdemöglichkeiten sowie stärkere Kontrollmechanismen. Auch soll es höhere Anforderungen für den Betrieb von Kinderheimen geben. Zudem soll die Kostenbeteiligung junger Menschen bei vollstationären Leistungen reduziert werden.