Eine Endlagersuche muss auf wissenschaftlichen Untersuchungen und Grundlagen basieren - Rede zu Protokoll gegeben
PresseinformationKiel, den 28.10. 2020Rede zu Protokoll gegebenChristian DirschauerTOP 26 Gemeinsam Verantwortung zur Endlagersuche wahrnehmen Drs. 19/2430Wenn Söder bereits im Vorfeld ankündigt, das Untersuchungsverfahren nicht zuakzeptieren, sollte Bayern den Zuschlag bekommen ist das keinevertrauensbildende Aussage bei einem politisch hochbrisanten Thema. Einsolches Trumpsches Verhalten ist destruktiv, es schürt Misstrauen und untergräbtden bundesweiten Prozess.Um es gleich vorweg zu sagen, niemand möchte ein Endlager für hochradioaktive Abfälle inunmittelbarer Nähe haben. Das ist zunächst einmal verständlich und nachvollziehbar. Leider sind wirnicht in der Situation, dass wir uns diese ablehnende Haltung leisten können. Wir stehen in derVerantwortung unseren Müll selbst zu entsorgen. Aus diesem Grund haben Bund und Länderbeschlossen, einen Standort mit der größtmöglichen Sicherheit zu finden, um den hochradioaktivenMüll zu lagern. Die Suche nach einem solchen Standort basiert auf wissenschaftlichenUntersuchungen und es kommen nur die Standorte in Frage, die entsprechend günstige geologischeVoraussetzungen vorweisen für die sichere Endlagerung. Wir reden hier über einen Standort, der fürrund 1 Million Jahre die Sicherheit gewährleisten soll – oder anderes gesagt; für rund 40-Tsd. 2Generationen. Beide Zahlen definieren einen unvorstellbaren Zeitraum in der Geschichte derMenschheit. Diesen Zeitraum einmal zurück betrachtet, gab es lediglich erste Vertreter der GattungHomo.Nun müssen wir für eine Million Jahre in die Zukunft untersuchen und planen. Wohlgemerkt einnahezu unmögliches Unterfangen, denn niemand kann heute sagen, wie sich die Erde bis dahinentwickelt. Es nützt aber nichts und wir müssen mit den Geistern umgehen, die Generationen voruns heraufbeschworen haben.Zugegeben, es ist wenig hilfreich darauf hinzuweisen, dass der SSW sich bereits sehr früh gegen dieAtomenergie mit seinen nachgelagerten Problemen ausgesprochen hat. Aber ich wollte es an dieserStelle doch einmal gesagt haben.Auf der Homepage der Bundesgesellschaft für Endlagerung ist der zeitliche Verlauf derEndlagersuche kurz dargestellt. Die Geschichte der Atomenergie und der damit zugehörigenEndlagersuche in Deutschland, insbesondere für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle, liest sichwie politischer Blindflug. Als 1960 das Atomgesetz in Kraft trat, war überhaupt nicht die Rede vonradioaktiven Abfällen. Von daher wurde das Problem erst gar nicht in Betracht gezogen. Nach demMotto: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.Dann folgte 1977 der politische Beschluss, in Gorleben ein mögliches nukleares Entsorgungszentrummit Wiederaufbereitungsanlage, Brennelementefabrik und Endlager zu errichten. Der Fingerzeig,des damaligen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht, auf den Standort Gorleben hat einen Sturm derEntrüstung und Proteste aus der ganzen Bundesrepublik hervorgerufen. Ab 1979 erfolgte dann dieErkundung des Salzstocks als mögliches Endlager. 20 Jahre später setzt die Bundesregierung einenArbeitskreis ein für ein Auswahlverfahren Endlagerstandorte. In diesen Jahren wird Gorleben zumSymbol für den bundesweiten politischen Widerstand gegen die Atomenergie. Gorleben ist aberauch das Symbol für politisches Handeln ohne Rücksicht und Transparenz. Heute ist Gorleben alsStandort nur noch Geschichte.Damit stehen wir erneut oder immer noch vor der Frage, wohin mit dem Atommüll. Wohin mit rund10 Tsd. Tonnen verstrahlten hochradioaktiven wärmeproduzierendem Müll? Wohin mit rund300 Tsd. Kubikmetern schwach- und mittelradioaktiven Abfällen? 3Welche Lehren ziehen wir also aus Gorleben? Für uns als SSW sage ich ganz klar. Eine Endlagersuchemuss auf wissenschaftlichen Untersuchungen und Grundlagen basieren. Das Verfahren und dieUntersuchungen müssen transparent und nachvollziehbar sein. Die Beteiligung der Bevölkerungmuss gewährleistet werden und frühzeitig stattfinden. Was hier wie Selbstverständlichkeiten klingt,wird ein jahrelanger politischer Prozess, der es in sich haben wird. Und ich kann bereits heute dieMenschen verstehen, die sich wundern und ärgern, wenn von einem bundesweiten Verfahrengesprochen wird, Herr Söder aber durchblicken lässt, dass Bayern für ein Endlager nicht in Fragekommt. Dies ist eine rein politische Bewertung eines Ministerpräsidenten, der bereits im Vorfeldankündigt, das Untersuchungsverfahren nicht zu akzeptieren, sollte Bayern den Zuschlagbekommen. Das ist keine vertrauensbildende Aussage, bei einem politisch hochbrisanten Thema. Einsolches Trumpsches Verhalten ist destruktiv, es schürt Misstrauen und untergräbt denbundesweiten Prozess.Natürlich muss und wird es am Ende eine politische Entscheidung geben, wo der Müll hinsoll. Das istklar. Aber die Entscheidung wird nicht heute getroffen und daher ist Bayern auch noch im Topf derKandidaten.Wir als SSW werden den Prozess konstruktiv – aber auch kritisch – begleiten. Wir stellen uns derProblematik, die Generationen vor uns geschaffen haben und das machen wir in Verantwortung fürdie nachfolgenden Generationen.