Christian Dirschauer: Containern erlauben!
PresseinformationKiel, den 24.09. 2020Es gilt das gesprochene WortChristian DirschauerTOP 18 Containern legalisieren Drs. 19/2427„Andere Länder machen es vor und hier bei uns wird vor Gericht gestritten, wemdie Lebensmittel im Müll gehören. Daher brauchen wir als ersten Schrittrechtliche Rahmenbedingungen, die die Lebensmittelrettung, als Zugriff aufprivate Grundstücke und Infrastruktur ermöglichen.“Mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, zwei Verfassungsbeschwerden zumsogenannten Containern nicht anzunehmen, wurde quasi entschieden, dass die Entnahme vonLebensmitteln aus dem Müll prinzipiell als strafbar zu erachten ist. So geht unter anderem aus derBegründung hervor: „Der Gesetzgeber darf das zivilrechtliche Eigentum grundsätzlich auch anwirtschaftlich wertlosen Sachen strafrechtlich schützen.“ Damit wurde klargestellt, dass dieFachgerichte auf Grundlage des bestehenden Rechts geurteilt haben.Aus der Begründung geht aber auch hervor, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf andereGrundrechte und Staatszielbestimmungen, wie zum Beispiel den Schutz natürlicherLebensgrundlagen -und im Rahmen einer Fortentwicklung von Inhalt und Schranken des Eigentums- 2auch eine alternative Regelung hinsichtlich des Umgangs mit entsorgten Lebensmitteln treffenkann. Genau darin sehen wir den Auftrag an die Politik.Es ist Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob alles beim Alten bleibt und das Containernweiterhin als Straftat geahndet wird. Oder, wir schaffen rechtliche Lösungen, die das Containernerlauben und die Eigentümer der weggeworfenen Lebensmittel vor etwaigen Haftungsrisikenausschließen. Und hier sage ich ganz deutlich, wir brauchen neue Regeln.Das Containern ist überwiegend entstanden, um Lebensmittel vor der Vernichtung zu retten. Dabeihandelt es sich um Lebensmittel, die im wesentlichen zum Verzehr geeignet sind und auch keingesundheitliches Risiko darstellen.Die Vernichtung von Lebensmitteln ist zu einem Problem geworden. Ob es im privaten Bereich istoder auch im Einzelhandel. Laut der Universität Stuttgart wird davon ausgegangen, dassdeutschlandweit rund 13 Millionen Tonnen Lebensmittel der Vernichtung zugeführt werden. DieUmweltschutzorganisation WWF schätzt die Zahl noch höher ein. Demnach landen rund 18Millionen Tonnen Lebensmittel auf dem Müll. Diese Art der Verschwendung ist Wahnsinn undgehört abgeschafft. Die Lebensmittelrettung, die in der Regel unorganisiert vonstattengeht, ist eineReaktion auf die Verschwendung von Nahrungsmitteln. Der Überfluss an Lebensmitteln und dasdaraus resultierende Vernichten ist eine Entwicklung, die so niemand will.Aber wir stellen auf der anderen Seite auch fest, dass der politische Wille fehlt, etwas daran zuändern. Denn wir wissen, dass der Vorstoß Hamburgs, das Containern zu legalisieren, im Bundesratgescheitert ist. Das ist der Moment, wo Politik sich ad absurdum führt. Auf der einen Seite, dasBeklagen einer verschwenderischen Entwicklung. Auf der anderen Seite, nicht den Mutaufzubringen, das Problem anzugehen und zu lösen.Das Problem der Lebensmittelverschwendung ist vielfältig und daher von verschiedenen Seiten zubeleuchten. Es fängt beim Erzeuger an, wenn keine ausreichenden Lager-, Transport- undVerarbeitungskapazitäten vorhanden sind. Es geht weiter beim Einzelhandel, der tagtäglich undwährend der gesamten Öffnungszeit volle Regale vorhält. Klassisches Beispiel sind die Brot- undBrötchenregale die von Backketten immer wieder aufgefüllt werden. Angeblich, weil der Kunde amSamstagabend auch noch frische Brötchen haben will. Aber auch der Verbraucher ist von der 3Lebensmittelverschwendung nicht frei zu sprechen, der durch sein Kaufverhalten bunkert undhortet, bis es nicht mehr geht.Wohlwissend sind alle in der Verantwortung und entsprechend wird gegenseitig auf den jeweilsanderen gezeigt. Daher brauchen wir Strategien und Regeln, die der Lebensmittelverschwendungentgegenwirken. Wir als SSW sehen in erster Linie Erzeuger, Lebensmittelindustrie und den Handelin der Pflicht. Denn dort fängt das Problem an.So sind beispielsweise große Supermärkte in Frankreich verpflichtet, mit Hilfsorganisationenzusammenzuarbeiten anstatt die Lebensmittel wegzuwerfen. Italien plant ein vergleichbaresGesetz. In Tschechien ist es generell verboten, Lebensmittel wegzuwerfen.Andere Länder machen es vor und hier bei uns wird vor Gericht gestritten, wem die Lebensmittel imMüll gehören. Daher brauchen wir als ersten Schritt rechtliche Rahmenbedingungen, die dieLebensmittelrettung, als Zugriff auf private Grundstücke und Infrastruktur ermöglichen.Wer für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen und gegen die Vernichtung vonLebensmitteln ist, der stimmt unserem Antrag zu. Zumindest erwarte ich eineAusschussüberweisung, damit sich die Fachsprecher vertiefend mit dem Thema befassen können.Machen sie es sich nicht zu einfach, indem sie unseren Antrag ablehnen.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/