Jette Waldinger-Thiering: Nach Kohortenunterricht in den überfüllten Bus?
PresseinformationKiel, den 24. 9. 2020Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-ThieringTOP 16 Schülerinnen und Schüler im ÖPNV vor Infektionen schützen Drs. 19/2372„Die Landesregierung muss über ihren Schatten springen und anerkennen, dassder Infektionsschutz der Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein imÖPNV zu ihren Aufgaben gehört.“Corona zwingt uns zum Neudenken:Abendmahl mit Weintrauben und Brot im Glas, Chorprobe im Fußballstadion oder Vorlesungenper Videochat. Alle Organisationen zeigen, dass sie verstanden haben, dass Hygiene- undAbstandsregeln neue Formen der Kommunikation erforderlich machen. Nur auf dem Weg zurSchule soll das nicht gelten?So unglaublich das klingt, genau das sagt die Bildungsministerin.Nicht so direkt, sondern mit Verweis auf Zuständigkeiten. Die Kreise seien für die Schulbussezuständig, hörten wir schon in der Augustsitzung. Das bedeutet, dass Probleme mit dem Verkehrauch die Kreise regeln müssen.Ich sehe das ein wenig anders: Die Bundesregierung hat in den Krisenzeiten gezeigt, dass niemandwegen irgendwelcher Kompetenzrangeleien ins Hintertreffen geraten darf. Das wäre ja so wie der 2THW-Helfer, der bei einem Feuer auf die Feuerwehr warten würde. Das macht doch niemand!Sondern packt mit an und holt den Feuerlöscher.Zahlreiche besorgte Eltern haben sich bei mir gemeldet. Ich denke, dass die anderen Abgeordnetenähnliches zu berichten wissen. Die Bedingungen im Schülertransport sind teilweisebesorgniserregend: viele Kinder stehen im Bus und halten sich an der Stange fest. Sie werden hinund her gerüttelt. Da ist kein Abstand möglich. Mit einem Corona-infizierten Kind an Bord drohtdem gesamten Bus die Ansteckung.Aber es gibt Abhilfe: Die Busunternehmen haben eine Kooperation angeboten. Sie stellen Bussezur Verfügung, die hinter dem Schulbus die Kinder aufnehmen, die keinen Sitzplatz gefundenhaben. Das wäre eine echte win-win-Situation. Die Busunternehmen bekommen Aufträge und derSchülertransport kann die Abstands- und Hygieneregeln einhalten. Das ist eine gute Regelung.Warum wird das nicht genau so gemacht?Ach ja, die Kreise sind ja zuständig. Da sind der Landesregierung die Hände gebunden. Die armeLandesregierung!Dabei ist die Situation im Schülerverkehr seit Jahren bekannt: Zu wenige Busse, schlechter Takt,trotz Karte keine Garantie auf einen Sitzplatz. Daran werde ich mich einfach niemals gewöhnen,dass in der Fläche der Bus zweimal täglich fährt; wenn`s hoch kommt, vielleicht drei- oder viermal.Den Schülerinnen und Schülern muten wir einen Tagesbeginn zu, bei dem jeder Erwachsene sofortstreiken würde. Wir wissen um diese Zustände, die schon ohne Corona keinen entspanntenTagesbeginn ermöglichen. Unter Corona zeigen sich die jahrelangen Versäumnisse noch einmalmit voller Wucht. Die überfüllten Busse sind ein Problem, die sich mit einer Vogel-Strauß-Politiknicht lösen lassen.Das, was wir in der kälteren Jahreszeit erleben werden, wenn die Schülerinnen und Schüler nichtmehr ersatzweise mit dem Rad fahren, sind Elterntaxis vor den Schulen. Die Eltern, die das zeitlichund organisatorisch hinkriegen, müssen dann mit dem eigenen Fahrzeug die Fehler derLandesregierung ausbaden. Eltern, die das nicht können, bleibt dann das steigende Unwohlsein.Eine Busbörse, wie der Antrag vorschlägt, wäre durchaus eine gute Möglichkeit, das Problem zulösen. Die Landesregierung muss über ihren Schatten springen und anerkennen, dass der 3Infektionsschutz der Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein im ÖPNV zu ihren Aufgabengehört.Abschließend noch eine Bemerkung zum Antrag zur Maskenpflicht, der zwar als mitfühlend daherkommt, aber eigentlich nur für eine alternative Wahrheit steht. Mund-Nase-Bedeckungen senkendie Ansteckungsgefahr messbar und deutlich. Das ist ein wissenschaftlicher Fakt, den dieAntragssteller nicht wahrhaben wollen. Die Mund-Nase-Bedeckungen ermöglichen überhaupt erstden Präsenz-Unterricht und einen halbwegs geregelten Schulbetrieb. Eine ähnlich wirkungsvolleAlternative wäre der Einsatz von Geräten zur Luftreinigung. Aber das ist es ganz anderes Thema.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/