Lars Harms: Wir brauchen ein kurzfristiges Konjunkturprogramm gegen die Corona-Folgen
PresseinformationKiel, den 23.09.2020Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 12 Mündlicher Bericht über die Folgen der veränderten Einnahmesituation auf die mittelfristige Finanzplanung des Landes Drs. 19/2287„Mitten in der akuten Krise helfen weder radikales Sparen noch exzessivesGeldausschütten. Was wir brauchen, ist ein kurzfristig aufgestelltesKonjunkturprogramm mit nachhaltigem Effekt. Die staatliche Infrastrukturmuss aufrechterhalten werden.“Es ist nicht übertrieben, festzustellen, dass durch die Corona-Pandemie die größtegesamtwirtschaftliche Krise ausgelöst wurde, die wir bislang erlebt haben. Wir werden aufabsehbare Zeit mit deutlich weniger Einnahmen auskommen müssen und es wird sehr großeAnstrengungen brauchen, um wirtschaftlich einigermaßen wieder an das Niveau anknüpfen zukönnen, auf dem wir vor der Corona-Krise waren. Das hat die September-Steuerschätzung jadeutlich gezeigt. 2Bis 2024 werden dem Land Steuerreinnahmen in Höhe von insgesamt rund 3,6 Milliarden Eurowegbrechen; davon allein in diesem Jahr rund eine Milliarde Euro. Den Kommunen fehlen indiesem Jahr rund 559 Millionen Euro. Dies sind dramatische Zahlen. Nun mag man sagen, dass wirim Vergleich zu anderen Staaten immer noch recht glimpflich davongekommen sind. Aber werseinen Job verloren hat, in Kurzarbeit ist oder zwangsweise Stunden reduzieren muss, der siehtdies mit Recht anders. Es ist nun unsere Aufgabe als Politik, hier alle Hebel in Bewegung zu setzen,damit sich die wirtschaftliche Lage wieder schrittweise erholen kann.Die Stichworte der Stunde sind hier Kurzfristigkeit bei gleichzeitiger Nachhaltigkeit. Mitten in derakuten Krise helfen weder radikales Sparen noch exzessives Geldausschütten. Was wir brauchen,ist ein kurzfristig aufgestelltes Konjunkturprogramm mit nachhaltigem Effekt. Genau das hat dieLandesregierung gestern vorgelegt. Und ich kann ja durchaus sagen, dass wir parteiübergreifendzu diesen Notkrediten in Gesprächen waren und sind. Dieses gemeinsame Vorgehen begrüßen wirsehr. Für uns war es in den Gesprächen wichtig, dass nicht wieder bei den Minderheiten gespartwird wie noch vor einem Jahrzehnt. Und wir wollen genauso wie andere auch in dieKrankenhausinfrastruktur investieren und auch die Kommunen unterstützen. Das geschieht mitdem Programm. Was noch fehlt, ist, dass wir auch in das größte Problem, das die Leute haben,investieren – nämlich in die Bereitstellung preiswerten Wohnraums. Darüber sollten wir nocheinmal reden. Aber grundsätzlich sind diese Notkredite nötig und finden unsere Zustimmung.Bei aller Krisen-Katerstimmung müssen wir nämlich auch daran denken, dass auch die staatlicheInfrastruktur weiterhin aufrechterhalten werden muss. Darauf haben die Bürgerinnen und Bürgerein Anrecht. Und damit meine ich nicht nur Straßen und Wege oder öffentliche Gebäude und denNetzausbau. Ich meine vor allem den Rechtsstaat, die innere Sicherheit, das Gesundheitssystem,Kitas und Schulen sowie generell das Funktionieren von staatlichen Strukturen. Die Corona-Pandemie hat uns hier die Lücken und Schwächen doch ganz klar vor Augen geführt: Wir habenimmer noch zu wenig Lehrer. Unsere Gerichte sind immer noch überlastet. Unsere Polizei hat 3immer noch immens viel zu tun bei personeller Unterbesetzung. Unsere Krankenhäuser müssenstets auf dem neuesten Stand gehalten werden. Unsere Sportanlagen sind immer noch teilweisemarode. Wir haben immer noch zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Und die Kulturszene durchlebtzurzeit ihre schwerste wirtschaftliche Krise.Dies sind alles Aufgaben, die mit Einsparungen nicht zu bewerkstelligen sind. Natürlich müssenangesichts der Krise Land, Kreise und Kommunen den Gürtel jetzt enger schnallen. Neben derabsolut notwendigen staatlichen Infrastruktur und der Hilfe für die Wirtschaft zur Sicherung vonArbeitsplätzen dürfen dabei jedoch auch die sogenannten freiwilligen Leistungen nicht zu kurzkommen. Es kann nicht sein, dass Sport und Kultur, Minderheiten, Soziales und Umweltschutz amEnde die Verlierer sind. Die Coronakrise hat wahrlich bereits genug Schaden angerichtet.Deshalb muss uns insgesamt klar sein, dass wir zwar in Zukunft die Schuldenbremse wiedereinhalten müssen, wir zum jetzigen Zeitpunkt aber trotzdem ein kurzfristigesKonjunkturprogramm brauchen, das eben auch die staatliche Handlungsfähigkeit stützt undweiterhin ermöglicht. Und ein solches Programm wird einen gewissen Umfang haben müssen. Wirvom SSW stehen daher für entsprechende Beratungen konstruktiv bereit.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/