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28.08.20
15:58 Uhr
B 90/Grüne

Marret Bohn zum Bericht der Bürgerbeauftragten

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 65 – Bericht der Bürgerbeauftragten für Pressesprecherin soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt die sozialpolitische Sprecherin Düsternbrooker Weg 70 der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Marret Bohn: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 278.20 / 28.08.2020


Die Lücken im sozialen Netz müssen geschlossen werden
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten hat ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2019 vorgelegt. Sie spricht Klartext und sie übt Kritik. Sie ist Anwältin für diejenigen, die alleine nicht durch den Dschungel des Sozialrechts finden. Und das werden immer mehr. Im Namen der Grünen Fraktion bedanke ich mich sehr herzlich bei Samiah El Samadoni und ihrem Team. Wir unterstützen die unverzichtbare Arbeit der Bürgerbeauftragten sehr gerne.
Die Probleme, auf die sie aufmerksam macht, sind allerdings nicht neu. 3.643 Petitionen gingen bei ihr ein. Spitzenreiter der Themen sind nach wie vor Arbeitslosengeld II bezie- hungsweise die Grundsicherung. Zunehmend Schwierigkeiten gibt es mit der gesetzli- chen Krankenversicherung, der Rentenversicherung und der sozialen Pflegeversiche- rung. Aber auch die Landesthemen spielen wie immer eine große Rolle, zum Beispiel Schulbegleitung, Schulassistenz oder Kinderbetreuung.
Ein Beispiel aus dem mehr als 100 Seiten langen Bericht macht mich besonders nach- denklich. Behörden und ihre Mitarbeiter*innen haben die Aufgabe, Menschen zu helfen, nicht berechtigte Anliegen abzuwehren. Eine Mutter kommt 2017 mit ihren Kindern aus dem Iran nach Schleswig-Holstein. Sie hat nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ein- geschränkten Zugang zum Gesundheitssystem. Weil sie kein Mitglied einer Krankenver- sicherung ist, können ihre jüngsten Kinder, fünf und sieben Jahre alt, nicht familienversi- chert werden. Eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung scheidet aus.
Die Bürgerbeauftragte recherchierte und kam zu einem überraschenden Ergebnis: Beide Kinder hätten bereits ab Anerkennung ihres Aufenthaltsrechts über die sogenannte Auf-
Seite 1 von 2 fangversicherung versichert werden können, versichert werden müssen. Diese Auffang- versicherung steht im Zusammenhang mit der Krankenversicherungspflicht. Sie ermög- licht allen Personen einen Zugang zur Krankenkasse, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und bisher nicht krankenversichert waren.
Warum hat keiner der beteiligten Behörden die Familie entsprechend beraten? Oder ist es möglich, dass auch die kompetenten Mitarbeiter*innen im Amt und bei der Kranken- kasse das eigene Sozialrecht nicht mehr verstehen? Das darf so nicht sein. Ich würde mich freuen, wenn wir die konkreten Anregungen der Bürgerbeauftragten miteinander beraten und daraus Initiativen ableiten. Das gilt nicht nur für unser Jamaika-Bündnis.
Das Engagement der Bürgerbeauftragten und ihrer Mitarbeiter*innen ist für die Menschen in Schleswig-Holstein unersetzlich. Das macht der vorliegende Bericht einmal mehr deut- lich. Er ist eine Mahnung, die Menschlichkeit nicht zu vergessen. Eine Mahnung, das Sozialrecht für die Menschen wieder nachvollziehbar zu machen. Recht soll Probleme lösen, nicht schaffen. Gesetze sind für Menschen gemacht, nicht für Behörden. Sie müs- sen einfach und verständlich sein. Ihre Anwendung muss mit Augenmaß und im Interesse der Berechtigten stattfinden.
Der Bericht ist auch eine Mahnung an uns, dass es Lücken im sozialen Netz gibt. Der Auftrag für uns alle ist es, diese Lücken zu schließen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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