Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
17.06.20
12:06 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zu Änderungen im Polizeirecht

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 12 – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung polizei- und Pressesprecherin ordnungsrechtlicher Vorschriften im Landesverwaltungsge- Claudia Jacob setz Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der 24105 Kiel Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Burkhard Peters: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 202.20 / 17.06.2020


Es geht um nichts weniger als um die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit
Sehr geehrte Damen und Herren,
es gibt nur Wenig im Jamaika-Koalitionsvertrag, das so heikel zu verhandeln war wie die Überarbeitung des Polizeirechts.
Die Grundüberzeugungen von CDU, FDP und uns Grünen in Sicherheitsfragen lagen teilweise meilenweit auseinander. Nur ein paar Stichworte: Quellen-TKÜ, Onlineüber- wachung, die anlasslose Identitätskontrolle.
Dass wir als Koalition heute einen auch für Grüne vorzeigbaren Gesetzentwurf präsen- tieren können, haben wir vor allem der vermittelnden Verhandlungsführung durch Hans- Joachim Grote in den Koalitionsverhandlungen und Torsten Geerdts im Gesetzge- bungsprozess zu verdanken. Ihnen beiden gilt heute mein ganz besonderer Dank.
Unangemessene Verschärfungen im Polizeirecht von Bayern, Nordrhein-Westfalen o- der Niedersachen haben dort den Zorn tausender Demonstrant*innen ausgelöst. Dass dies hier nicht eingetreten ist, liegt daran, dass wir einen Kompromiss gefunden haben, bei dem alle Beteiligten von ihrer "reinen Lehre" abrücken mussten.
Den Gegner*innen unseres Gesetzentwurfes empfehle ich daher die aufmerksame Lek- türe. Während zum Beispiel Bayern den Einsatz von Sprengmitteln gegen Menschen explizit ermöglicht, steht in unserem Gesetzesentwurf ausdrücklich: "Sprengmittel dür- fen nur gegen Sachen gebraucht werden". Nur zu Rettung anderer Menschenleben darf ein Sprengmitteleinsatz zum Beispiel zur Öffnung einer Tür mittelbar das Leben anderer gefährden. Das ist doch ein himmelweiter Unterschied zur bayerischen Gesetzeslage.
Seite 1 von 2 Auch über den Schusswaffengebrauch gegenüber Menschen, die dem äußeren An- schein nach Kinder sind, gibt es viel Aufregung. Zunächst: Der Schusswaffengebrauch gegenüber Kindern ist in den Polizeigesetzen der meisten Bundesländer seit Jahren als letztes Mittel möglich. Und das hat auch seinen Grund. Denn nach dem Strafgesetz- buch muss eine Polizist*in unter bestimmten Umständen auch auf einen sehr jungen Menschen schießen. Sonst macht sich die Polizeikraft der unterlassenen Hilfeleistung gem. § 323 c StGB schuldig.
Ich will das erläutern: Läuft eine 13-jährige Schülerin Amok und schießt wahllos auf Mit- schüler*innen, muss die eintreffende Streifenbeamtin den Amoklauf – wenn keine Alter- nativen ersichtlich sind - mit einem Schuss ins Bein stoppen. Denn sie hat gegenüber den vom Amoklauf gefährdeten Schüler*innen eine sogenannte Garantenstellung. Bis- her war dies nach dem Polizeirecht in Schleswig-Holstein verboten, nach dem Straf- recht waren unsere Beamt*innen aber dazu verpflichtet. Dieser Widerspruch war aufzu- lösen.
Aktueller denn je und problematisch ist allerdings ein anderer Punkt in unserem Ge- setzentwurf. Die sogenannte Schleierfahndung. Zur Bekämpfung der schweren bezie- hungsweise grenzüberschreitenden Kriminalität darf die Identität überprüft werden. Wir haben lange darüber diskutiert, ob der Polizei diese Befugnis zur Fahndung nach Terro- rist*innen, Waffen- oder Drogenschmuggler*innen ohne konkreten Anlass ermöglicht werden soll. Das fordert beispielsweise die GdP vehement.
Das Problem: Eine anlasslose Kontrolle ist nach meiner Überzeugung ein Einfallstor für Racial Profiling. Wir haben daher das Wort "anlasslos" in unserem Entwurf gestrichen und um eine andere Formulierung gerungen.
Ob die jetzt gefundene Normfassung - wie in der entsprechenden Begründung zur Vor- schrift geschrieben steht - tatsächlich Racial Profiling konsequent unterbinden kann, möchte ich heute ausdrücklich in Frage stellen. Denn nach wie vor bedarf es für die Entscheidung zu einer Identitätsfeststellung keiner konkrete Verhaltensweise, Auffällig- keit oder Situation bei der betroffenen Person, die einen Anlass für die Durchführung der Maßnahme darstellen könnte. Wie heißt es dazu passend in dem Hollywood- Klassiker Casablanca: „Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen!“ Dass allein an äußer- liche Merkmale wie Haut- oder Haarfarbe angeknüpft wird, ist eine real bestehende Ge- fahr.
Ich bin daher gespannt auf die Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss. Denn die angesprochenen Punkte sind nur ein Bruchteil der vielen Fragestellungen zu diesem hochkomplexen Gesetzgebungsvorhaben. Es geht um nichts weniger als um die Balan- ce zwischen Sicherheit und Freiheit.
***



2