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08.05.20
10:13 Uhr
SPD

Dr. Ralf Stegner zu TOP 31: Starker Journalismus ist eine Säule unserer Demokratie

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 08. Mai 2020

Dr. Ralf Stegner: Starker Journalismus ist eine Säule unserer Demokratie TOP 31: Starker Journalismus ist eine Säule unserer Demokratie (Drs. 19/2080)
„In den vergangenen Wochen zeigte sich der Wert faktenbasierter und ausgewogener Berichterstattung einmal mehr. Die Corona-Pandemie ist nicht nur für die Politik, sondern mindestens ebenso für den Journalismus eine enorme Herausforderung. Denn dringend notwendige Informationen und Einordnungen zur Pandemie und den Maßnahmen der Politik müssen mit dem kritischen Hinterfragen der massiven Einschränkungen in Einklang gebracht werden. Wie wichtig diese Arbeit ist, wird noch einmal deutlicher vor dem Hintergrund der zahlreichen obskuren Verschwörungstheorien, mit denen derzeit die sozialen Netzwerke geflutet werden. Erschreckend übrigens, wie viele mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sich daran beteiligen – und wenig überraschend, dass es die Vertreter einer ganz bestimmten Partei sind, die auf den Demonstrationen der Wirrköpfe in der ersten Reihe stehen. Zwei Übergriffe auf Kamerateams von ARD und ZDF innerhalb von nur einer Woche – ausgerechnet rund um den Tag der Pressefreiheit – sind trauriger Höhepunkt einer Spirale der Hetze gegen die freie Presse. Dem müssen wir Demokratinnen und Demokraten uns mit aller Kraft entgegen stellen. Der Chefredakteur der Welt, Ulf Poschardt, hat es richtig auf den Punkt gebracht: „Wer Journalisten angreift, will keine Demokratie.“ Das ist der Punkt. Angriffe auf Journalisten sind Angriffe auf die Demokratie. Der Tag der Pressefreiheit ist auch ein guter Anlass, vor dem Hintergrund gewisser aktueller Ereignisse den eigenen Umgang mit Journalisten zu reflektieren. Für mich war immer klar, dass Politiker auch jenseits von offiziellen Pressekonferenzen ohne Block und Stift Umgang mit Journalisten haben müssen, das gehört zum Job. Dabei gelten zwei Regeln: Der Politiker darf keine geheimen Informationen verraten und der Journalist schützt seine Quellen. Ich will darauf an dieser Stelle gar nicht zu breit eingehen, aber letzteres wird zum Problem, wenn im Zuge von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Vier-Augen-Kommunikation mit Journalisten quasi als Beifang ausgewertet wird, auszugsweise in Form eines sogenannten Bestra-Berichtes seinen Weg in die Landespolitik findet, dort politisch verwendet wird und – wie sich jetzt zeigt – von gewissen Kreisen sogar illegal an die Öffentlichkeit gespielt wird. Das ist eine Breitseite gegen Quellenschutz und investigativen Journalismus, die uns allen zu denken geben sollte und bei der es dringend Aufklärung bedarf. Es hat seine guten Gründe, dass Journalisten Berufsgeheimnisträger sind.
In Deutschland existiert eine beispielhafte Medien- und Meinungsvielfalt – beides hängt miteinander zusammen. Der Hauptgrund für diese Vielfalt ist ein weitgehend gut funktionierendes Nebeneinander von öffentlich- rechtlichem Rundfunk und privaten Medienangeboten. Wir müssen im Blick behalten, dass diese Vielfalt bestehen bleibt. Das meine ich zum Beispiel mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, die Verlage und Medienunternehmen in besonderer Weise treffen. Kein Demokrat kann Interesse an einem Zeitungssterben haben. Ich meine das aber auch in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Rund-funk, der in Deutschland ein bewusster Gegenentwurf zur Propaganda-maschinerie der Nationalsozialisten ist und der nach der Befreiung durch die Alliierten, an die wir heute morgen erinnert haben, einer der Meilen-steine der Demokratisierung war. Auch heute

1 ermöglicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk Angebote, die der freie Markt alleine so nicht bieten würde und für die eine Quote allein ein schlechter Maßstab ist. Das gilt für regionale Angebote ebenso wie für die Kultur. Wir erleben derzeit in einer Reihe von Demokratien massive Angriffe auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und auch in Deutschland sind bis in die Reihen der demokratischen Parteien Positionen gegenüber den ARD und ZDF vertreten, die einen ernsthaft beunruhigen können. Der Spiegel hat das Ende Februar in einem lesenswerten Artikel herausgearbeitet. Ohne Zweifel sind Veränderungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunkt dringend nötig. Darüber braucht es eine Debatte. Aus unserer Sicht muss sichergestellt sein, dass auch in Zukunft alle Altersgruppen angesprochen werden und nicht Teile verloren geht, weil sie zum Beispiel über das klassische lineare Fernsehen nicht mehr erreicht werden. Programm und Ausspielwege müssen darum an die digitale Welt angepasst sein und wo es aus der Zeit gefallene Hürden gibt, müssen sie beseitigt werden. Wenig Verständnis habe ich aber für Beiträge, die unsere Öffentlich-Rechtlichen in Gänze in Frage stellen und ihn lieber heute als morgen abschaffen würden. Das gleiche gilt übrigens für die Debatte, wegen Corona noch einmal an den Rundfunkbeitrag zu gehen. Das ist denkbar schräg, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist Teil der Daseinsvorsorge und zeigt in der Krise noch einmal mehr seinen Wert – der Anstieg bei den Zuschauerzahlen der Tagesschau ist ein beeindruckendes Indiz dafür.
Corona zeigt weltweit insbesondere dort Defizite auf, wo es schon vorher schwierig für Journalisten war. Wer weiß, welche weltweite Reaktion auf Covid-19 möglich gewesen wäre, wenn frühzeitige Berichte nicht von einer effizienten chinesischen Zensur unterdrückt worden wären. Und ich habe meine allergrößten Zweifel, dass die weitreichenden Beschränkungen der Presse zum Beispiel in Ungarn – einige sprechen nicht zu Unrecht von einem Ermächtigungsgesetz – nach der Pandemie wieder zurückgenommen werden. Wir haben Glück, in einem Land zu leben, bei dem die Pressefreiheit im weltweiten Vergleich hoch gehalten wird. Und wir haben die Verpflichtung dafür zu sorgen, dass es so bleibt.“



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