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21.02.20
11:14 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zum Justizvollzug

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 17 & 27 – Langfristige Personalstrategie für den Pressesprecherin Justizvollzug & Funktionelle Zuständigkeiten in der Claudia Jacob Justiz neu regeln Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der rechtspolitische Sprecher der 24105 Kiel Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Burkhard Peters: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 071.20 / 21.02.2020

Die Behandlung von Strafgefangenen ist Gradmesser für den Stand der Gesellschaft
Sehr geehrte Damen und Herren,
Am Freitag letzter Woche hatte ich als Mitglied im Anstaltsbeirat der JVA Lübeck mal wieder Gelegenheit, mit der Interessenvertretung der Gefangenen, mit der Anstaltslei- tung und dem Personalrat der Haftbediensteten zu sprechen.
Es zieht sich wie ein roter Faden durch alle Gespräche - übrigens auch in den regelmä- ßigen Gesprächen, die wir als Petitionsausschuss in allen Haftanstalten des Landes führen: die Personalausstattung der Haftanstalten, kombiniert mit einem überdurch- schnittlich hohen Krankenstand beim Vollzugsdienst, ist nach wie vor zu knapp bemes- sen. Ich gestehe es hiermit ein: Wir haben in der letzten Wahlperiode zwar ein sehr gu- tes, in vielen Punkten sogar vorbildliches Landesstrafvollzugsgesetz verabschiedet. Aber die damaligen Berechnungen für den damit verbundenen Personalmehrbedarf wa- ren unrealistisch. Es ist misslich, dass wir zwar gute Standards zu mehr Aufschlusszei- ten in den Abteilungen, zu mehr begleiteten Ausführungen im Rahmen des Über- gangsmanagements und neue Ansätze für einen familienfreundlichen Vollzug geschaf- fen haben, die wir in der Realität wegen knapper Personalbesetzungen aber oft nicht einlösen können. Das schafft bei allen Beteiligten Ärger, Frustration und Verdruss; bei den Gefangenen, bei der Leitung und bei den Bediensteten.
Es war deshalb richtig, dass wir im Jamaika-Koalitionsvertrag die Durchführung einer externen Personalbedarfsanalyse beschlossen haben, deren Ergebnis jetzt vorliegt mit dem wenig überraschenden Resultat, dass ein Mehrbedarf von insgesamt 85 vollen Stellen im Land besteht. Eingerechnet wurden dabei die bereits vereinbarten Stunden- reduzierungen im Wechselschichtdienst, die mit 60 Stellen on Top landesweit zu Buche schlagen. Das ist ein ordentlicher Schluck aus der Pulle und stellt bis zum Haushalts- jahr 2025 eine Dauerbaustelle dar. Seite 1 von 2 Aber wir kommen nicht drum herum. Denn eines ist klar: ein bedeutsamer Gradmesser für den zivilisatorischen Stand einer Gesellschaft besteht in der Behandlung der Straf- gefangenen. Kalter Wegschluss oder resozialisierender Behandlungsvollzug. Wir haben uns mit gutem Grund für letzteres entschieden. Dann müssen wir auch für das erforder- liche Personal sorgen. Auf lange Sicht ist das auch fiskalisch der bessere Weg. Denn engagierter Behandlungsvollzug vermeidet Rückfälligkeit und Drehtüreffekte. Nur damit schaffen wir es, die in Schleswig-Holstein nach wie vor sensationell niedrige Haftquote zu halten oder zu senken und damit eben auch teure Haftplätze zu vermeiden.
Das Geld für die Mehrstellen im Strafvollzugsbereich ist also gut angelegt. Bleibt die Frage: wie bekommen wir zukünftig die neuen Stellen besetzt? Kompetente und sozial engagierte Strafvollzugskräfte wachsen nicht an Bäumen, sondern müssen gefunden, motiviert, gut ausgebildet und gehalten werden.
Darauf zielt der vorliegende Antrag. Mit der Erhöhung der Ausbildungskapazitäten für Vollzugskräfte in der neuen Schule in Boostedt ist schon einmal ein sehr wichtiger Schritt getan. Ein äußerst wichtiger Baustein scheint mir außerdem, das Berufsfeld Strafvollzug in der öffentlichen Wahrnehmung herauszuholen aus einer vorurteilsbehaf- teten Schmuddelnische. Die Menschen, die in den Anstalten unseres Landes arbeiten, meistern eine enorm sinnvolle, herausfordernde und wertvolle gesellschaftliche Aufga- be. Mir schwebt eine Imagekampagne für das Berufsfeld Haftvollzug vor. Dass wir in diesem Bereich noch Einiges zu tun haben zeigt der geradezu absurde Straßenschil- derstreit in Lübeck. Die Stadt Lübeck weigerte sich letztes Jahr beharrlich, 5 Hinweis- schilder als Wegweiser zur JVA im umgebenden Straßenraum aufzustellen, vorder- gründig mit dem Argument, die würden nur den bestehenden Schilderwald noch mehr anwachsen lassen. Tatsächlich handelt es sich aber doch wohl um den Versuch, die Realität der landesweit größten Haftanstalt auszublenden und zu negieren, weil es ver- meintlich so gar nicht zur marzipansüßen Altstadtidyllik passt. Die JVA hat nun die Stadt Lübeck vor dem Verwaltungsgericht verklagt. Man darf gespannt sein.
In puncto SSW-Antrag zur Neuregelung der funktionellen Zuständigkeit in der Justiz bedanke ich mich bei dem Kollegen Harms dafür, dass wir im Innen- und Rechtsaus- schuss und Finanzausschuss eine mit Jamaika gemeinsam getragene Lösung gefun- den haben.
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