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27.01.20
21:26 Uhr
Landtag

"Überlebenden eine Stimme geben": Zentrale Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus im Landtag 75 Jahre nach Auschwitz

Nr. 12 / 27. Januar 2020

„Überlebenden eine Stimme geben“: Zentrale Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus im Landtag 75 Jahre nach Auschwitz
75 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz wurde im Landtag am Abend (Montag) bei der zentralen Gedenkveranstaltung des Landes der Opfer des Nationalsozialismus gedacht – und mit Fotos, Lesungen und Theaterszenen die Biografien Überlebender auf ergreifende Weise in den Mittelpunkt gerückt. „Die Welt braucht persönliche Erfahrungsberichte und Projekte, die Überlebenden ein Gesicht und eine Stimme geben“, sagte Parlamentspräsident Klaus Schlie vor den rund 200 Gästen im Plenarsaal. „Wir alle sind es den Opfern schuldig, Auschwitz nicht zu vergessen.“
Er sei deshalb sehr froh darüber, dass vor allem unter Beteiligung junger Menschen immer mehr Projekte, verwirklicht würden, die die Erinnerungen aufrechterhielten. Eines dieser Projekte ist die Fotoausstellung „KZ überlebt“ mit Bildern des Fotografen Stefan Hanke, die im Rahmen der Gedenkveranstaltung im Landeshaus eröffnet wurde. Hanke porträtierte Überlebende nationalsozialistischer Konzentrationslager und hielt ihre Lebensgeschichten fest. Vier dieser Biografien stellten Schüler des RBZ Wirtschaft . Kiel am Abend vor.
Schlie bedankte sich bei den Jugendlichen, die sich zusammen mit dem Fotografen intensiv mit den Biografien auseinandergesetzt hätten – und hob die Bedeutung der Porträts hervor: „Wo Sprachlosigkeit herrscht, gibt es immer noch das Bild als Medium einer unabdingbar notwendigen Botschaft. Diese Bilder erzählen die unfassbare Geschichte des grausamsten Verbrechens in unserer Menschheitsgeschichte“, so der Landtagspräsident.
In einer kurzen Einführung beschrieb Stefan Hanke selbst sein Langzeitprojekt, das ihn über 20 Jahre beschäftigt habe – und erläuterte seine Beweggründe für das Werk: „Ich hatte das Privileg, die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen persönlich zu treffen und intensiv kennenzulernen. Der große Wunsch und mein Ziel war es, der jungen Generation diese Erfahrungen in Bild und Wort als Handreichung weiterzugeben.“
Auch Schüler der Hebbelschule sowie Mitglieder des Kinder- und Jugendtheaters der Jüdischen Gemeinde Kiel wollen mit ihrem Projekt „Sipurim al haBimah“ (wörtl.: „Bühnengeschichten“) das 2

Erbe der Überlebenden bewahren: Am Abend präsentierten sie drei kurze Theaterszenen zu vorgelesenen Erinnerungen von Zeitzeugen aus jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein. „Die Schülerinnen und Schüler haben die Lebensgeschichten zu beeindruckenden ,Erinnerungs- Szenen‘ verdichtet“, sagte der Parlamentspräsident. Zehn dieser Zeitzeugen waren am Abend ebenfalls anwesend. „Es ist mir eine große Ehre, dass Sie an diesem Tag zu uns in den Landtag gekommen sind“, betonte Schlie an sie gerichtet. Ihre Anwesenheit gebe dem Tag eine besondere Bedeutung.
„Die Zeitzeugen und Zeitzeuginnen haben uns in langen Interviews ihre Kindheitserlebnisse in der ehemaligen UdSSR anvertraut“, erklärte Inna Shames, Vorsitzende des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein KdÖR, in ihrer Einführung zum Theater-Projekt. „Sie möchten damit der jüngeren Generation ein Testament hinterlassen. Mit den geschilderten Erlebnissen wollten die Überlebenden einen Auftrag aussprechen, den die Vorsitzende zitierte: „Das Geschehene kann man eigentlich nicht erzählen, aber die Jungen müssen es wissen, damit sie es nie wieder zulassen.“ Auch die Schulleiterin der Hebbelschule, Annegret Wilms, bedankte sich bei den Menschen, die bereit waren, ihre Erinnerungen zu teilen: „Wir wollten an Erinnerung teilhaben, erinnern und erkennen. Das Projekt war eine große Bereicherung für unsere Schülerinnen und Schüler.“
Die Gebete sprachen Inna Shames und der Weihbischof des Erzbistums Hamburg Horst Eberlein. „Jedes Leid, das Menschen angetan wurde und angetan wird, muss unsere Herzen treffen und schmerzen“, sagte der Weihbischof.
Mit mehreren Liedern, unter anderem „Imagine“ von John Lennon, „Berlin – Tel Aviv“ von Max Herre und „Die Moorsoldaten“ gestaltete die Schulband des RBZ Wirtschaft . Kiel unter der Leitung von Leif Keichel den musikalischen Rahmen der Gedenkstunde.
Zu den Gästen der Gedenkveranstaltungen gehörten unter anderem Ministerpräsident Daniel Günther, Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack und Staatssekretär Oliver Grundei, Abgeordnete von Bundestag und Landtag sowie zahlreiche Repräsentanten des öffentlichen Lebens, der jüdischen Gemeinden sowie des Landesverbandes der Sinti und Roma.
Die Gedenkveranstaltung bildete den Auftakt einer mehrwöchigen Veranstaltungsreihe im Landeshaus, die insbesondere die Biografien Überlebender in den Mittelpunkt rückt. Der Gedenkmonat wird in Kooperation mit dem Landesbeauftragten für politische Bildung sowie Schülern des RBZ Wirtschaft . Kiel veranstaltet. Mit der Ausstellung Hankes, die noch bis zum 23. Februar im Landeshaus zu sehen sein wird, Lesungen oder einem Kinoabend widmet er sich der Geschichte und dem Erbe Überlebender.