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13.12.19
12:45 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zu "Original Play" in Schleswig-Holstein

Presseinformation

TOP 27 – Wirksamer Kinderschutz durch Prävention Landtagsfraktion und Aufklärung - Kein "Original Play" in Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Dazu sagt die kitapolitische Sprecherin der Pressesprecherin Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Jacob Landeshaus Eka von Kalben: Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 433.19 / 13.12.2019


Keine Chance für „Original Play“ in Schleswig-Holstein
Sehr geehrte Damen und Herren,
Kinder brauchen Nähe, liebevolle Zuwendung und Körperkontakt. Das ist wichtig für ei- ne gute und belastbare Beziehung. Diese Art von Bindung findet in der Familie und im engsten Freundeskreis statt. Kinder wollen Rangeln, Balgen und Schmusen. Zu Hause, unter Freunden und auch in der Kita. Erzieher*innen und Sozialpädagog*innen gehören zu den wichtigen Beziehungspersonen von Kitakindern. Das ist gar keine Frage. Hier finden Körperkontakte statt. Und das ist gut und richtig.
Aber der Impuls dazu, die Aufforderung zum „Herzen“ oder auch zum „Kloppen“ muss immer vom Kind ausgehen. Erwachsene dürfen sich Kindern nicht auf körperliche Art und Weise aufdrängen. Deshalb haben Erzieher*innen, Sozialpädagog*innen und ihre Assistenzkräfte eine gute und lange Fachausbildung hinter sich. Sie sind gut geschult, arbeiten respektvoll und präventiv orientiert.
Fachkräfte, die in einer Kita arbeiten, trösten und umarmen, wenn sich ein Kind gesto- ßen hat. Sie begleiten Kinder auf die Toilette und sie wickeln. Ich finde es falsch, bei diesen ganz normalen Handlungen vorschnell einen Missbrauchsverdacht zu unterstel- len. Ja, es gibt Übergriffe, aber sie sind nicht der Normalfall. Eine gute pädagogische Ausbildung, Führungszeugnisse, Kinderschutzkonzepte in den Einrichtungen, Supervi- sion und Prävention sind gute Instrumente, um solche Verfehlungen zu verhindern.
Kinder sind autonome Wesen. Sie können und sie sollen entscheiden, wer ihnen auf welche Weise nahe kommen darf. Sie darin zu stärken und zu ermuntern, nein zu sa- gen, wenn sie etwas nicht wollen, das ist eine zentrale Aufgabe von Prävention. Und das ist lehrreich für das ganze weitere Leben.

Seite 1 von 2 Die Spielmethode „Original Play“ geht durch die Medien. Stern, Fokus, das ARD- Magazin Kontraste und andere berichten seit einigen Monaten über Vorkommnisse in anderen Bundesländern. In Brandenburg, Berlin, Bremen, Hamburg und Rheinland- Pfalz scheint „Original Play“ in einigen Einrichtungen angewandt zu werden. Es gibt Be- schwerden von Eltern bis hin zur konkreten Strafanzeige. Anwender*innen des „Original Play“ stehen unter Verdacht des sexuellen Missbrauchs. Das ist schlimm.
In Schleswig-Holstein spielt nach aktuellem Kenntnisstand „Original Play“ bisher keine Rolle. Dennoch hat das Sozialministerium Vorkehrungen getroffen. Das ist gut so. Das Landesjugendamt hat die Heimaufsichten der Kreise, alle Einrichtungen, Fachkräfte und Fachverbände informiert und gewarnt. Wenn in einem konkreten Fall „Original Play“ ei- ner Einrichtung angeboten werden sollte, kann diese es gut informiert ablehnen. Ein Verbot vorab ist dem Land nicht möglich. Es könnte erst, wenn „Original Play“ in einer Einrichtung stattfindet und es konkrete Hinweise auf Übergriffe oder Missbrauch geben sollte, dagegen angehen. Ein Verbot wäre dann die „ultima ratio“. Viel besser ist auch an dieser Stelle präventives Handeln. Und das hat die Landesregierung getan.
Der Amerikaner Fred Donaldsen hat die Spielmethode „Original Play“ erfunden. Sie ist nicht wissenschaftlich erforscht. Gelehrt wird im Schneeballsystem: Wer einen Kurs im Wert von rund 250 Euro gemacht hat, darf sie anwenden. Und er oder sie darf dann als Lehrling neue Schüler*innen unterrichten. Zusätzliche Qualifikationen – Fehlanzeige. Das ist deutlich zu wenig. Das steht weder für Qualität noch für pädagogisches Know- How.
Antrieb bei Original Play ist nicht das Bedürfnis der Kinder nach Körperkontakt und In- teraktion. Beides leben sie im Umgang mit ihrer Familie, ihren Freunden und auch in der Kita aus. Antrieb ist die Theorie einiger Erwachsener, es gäbe ein Defizit an Nähe und Körperlichkeit. Kinder wären nicht mehr in der Lage, natürlich zu spielen. Deshalb müssten diese Elemente von außen an die Kinder herangetragen werden. Und das von ihnen nicht vertrauten, fremden Personen.
Ich glaube, dass in den meisten Fällen solch ein Defizit gar nicht besteht, dass Kinder auch heute ganz natürlich anfangen zu spielen, und dass die liebevolle und vertraute Unterstützung in der Familie und der Kita ihre ureigene Aufgabe sehr gut bewältigt. Und da, wo es nachweislich Defizite und Fehlentwicklungen gibt, muss man näher hin- schauen. Dann braucht es Unterstützung im Einzelfall. Das können Angebote der Kran- kenkassen, Frühförderung oder der Familienhilfe sein. „Original Play“ gehört in jedem Fall nicht dazu.
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