Zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen: Geflüchtete Frauen in Schleswig-Holstein besser schützen
Nr. 11 / 22. November 2019Zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen: Geflüchtete Frauen in Schleswig-Holstein besser schützenAnlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November fordert der Beauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen, Stefan Schmidt, die Landesregierung auf, die Rechte geflohener Frauen, die im Heimatland, auf der Flucht oder hier bei uns Opfer von Gewalt geworden sind, effektiv zu schützen.„Fliehende und geflüchtete Frauen sind für viele Formen von Gewalt besonders gefährdet“, so der Flüchtlingsbeauftragte. „Frauen fliehen beispielsweise vor Zwangsprostitution und Menschenhandel, häuslicher, sexualisierter oder geschlechtsspezifischer Gewalt. Oft sind sie einer Verfolgung ausgesetzt, die nicht vom Staat ausgeht und die mit dem Verlassen des Heimatlands nicht endet. Für sie sind die Gefahren des Fluchtwegs besonders groß und auch in europäischen Massenunterkünften können Frauen von sexueller Belästigung und Gewalt akut betroffen sein.“Schmidt lobt deshalb, dass sich in Schleswig-Holstein nun das Gleichstellungsministerium, das Innenministerium und der Landespräventionsrat in Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren der Umsetzung der Istanbul-Konvention im Land widmen werden. Um Frauen und Mädchen zu ersparen, auf der Flucht Opfer von Gewalt zu werden, sei es außerdem wichtig, zusätzliche legale Einwanderungswege für sie zu schaffen, so der Beauftragte. Er verweist auf humanitäre Aufnahmeprogramme wie das derzeit laufende schleswig-holsteinische Landesaufnahmeprogramm.Schmidt kritisiert indes, dass sich mit der geplanten Einrichtung eines Kompetenzzentrums für Ankunft, Verteilung und Rückkehr in Schleswig-Holstein, das den Anker-Zentren anderer Bundesländer vergleichbar ist, die Situation geflüchteter Frauen im Land zumindest nicht verbessern wird. Die Gefahr einer Verschlechterung ihrer Lage droht trotz der Vorgabe an die Länder, geeignete Maßnahmen zu treffen, um bei der Unterbringung Asylbegehrender den Schutz von Frauen und schutzbedürftigen Personen zu gewährleisten. So sehen die bisherigen Pläne zum Betrieb des Kompetenzzentrums beispielsweise vor, die Beratung zum Asylverfahren nicht mehr durch unabhängige Wohlfahrtsverbände anbieten zu lassen. Stattdessen ist geplant, 2ausschließlich eine staatliche Asylverfahrensberatung weiterzuführen, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführt wird.„Damit würde eine unabhängige Verfahrensberatung verdrängt, für die es in Schleswig-Holstein eine große zivilgesellschaftliche Kompetenz gibt“, sagt der Landesbeauftragte. „Vor allem Frauen, die im Verlauf ihrer oft langjährigen Fluchterfahrung Opfer von Gewalt geworden sind, sind traumatisiert und unsicher, wem sie was erzählen können oder sollten. Für sie sind Unterstützung und ein größerer zeitlicher Vorlauf vor der Anhörung unerlässlich, um Vertrauen aufzubauen und bei uns überhaupt anzukommen.“Schmidt beklagt außerdem, dass Asylbewerberinnen, die häusliche Gewalt erfahren mussten, und ihre Kinder in vielen Fällen Schwierigkeiten haben, eine kreis- oder landesübergreifende Umverteilung durchzusetzen. Dieses Problem gilt auch für anerkannte Flüchtlinge mit einer Wohnsitzauflage. Dass ihnen ein dauerhafter Umzug weg vom Ort der häuslichen Gewalt oft nicht bewilligt wird, bemängelt der Zuwanderungsbeauftragte ebenso wie die häufig fehlende Flexibilität der Landesbehörden seit Jahren. Bisher hat das Land Schleswig-Holstein keine Lösung für das Problem herbeigeführt, dass geflüchtete Frauen, anders als viele andere Frauen hierzulande, oft keine Möglichkeit haben, in die Nähe von Hilfseinrichtungen oder zu Bekannten zu ziehen, wo sie Unterstützung finden könnten.„Es kann nicht sein, dass Frauen, die massiv von häuslicher Gewalt betroffen sind, nicht in der Kommune Schutz suchen können, in der es für sie ausreichend Sicherheit und räumliche Entfernung von ihren Peinigern gibt“, so der Beauftragte. Er ruft das Land außerdem dazu auf, bei der Frage des ehegattenunabhängigen Aufenthaltsrechts Hürden abzubauen, die Frauen bislang überwinden müssen, um nachzuweisen, dass ihnen ein Festhalten an der Ehe nicht zumutbar ist. „Anstatt umfangreiche Ermittlungsverfahren abzuwarten, sollte es ausreichend sein, wenn Frauenfachstellen eine entsprechende Stellungnahme gegenüber den zuständigen Ausländerbehörden abgeben“, so der Beauftragte.Der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen ist ein jährlich abgehaltener Gedenk- und Aktionstag zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegenüber Frauen und Mädchen. In Schleswig-Holstein findet am 25. November landesweit eine Vielzahl von Aktionen sowie kulturellen und fachlichen Veranstaltungen zum Thema statt, darunter Auftakte zur Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“.