Jette Waldinger-Thiering: Würdevolle Pflege für alte und kranke Menschen ist Daseinsvorsorge
Presseinformation Kiel, den 29.08.2019Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering TOP 17 Pflegebedürftige von Eigenanteilen bei der häuslichen und stationären Pflege entlasten Drs. 19/1524 und 19/1556 „Wir brauchen eine wirklich faire und solidarische Pflege für alle“Wie überall im Gesundheitswesen, stehen wir auch im Pflegebereich immer wieder vor einergrundlegenden Frage: Und zwar danach, ob mit diesen Hilfen für bedürftige oder notleidendeMenschen überhaupt Profit gemacht werden soll? Für den SSW ist die Antwort eindeutig nein!Es kann nicht angehen, dass Investoren beispielsweise in der stationären Altenpflege mitzweistelligen Renditen kalkulieren. Für uns ist es kein Geschäftsmodell wie jedes andere, alteMenschen zu pflegen und ihnen ein Zuhause mit guter Lebensqualität zu bieten. Eigentlich istes eine absolut zentrale Aufgabe der Daseinsvorsorge, eine würdevolle Pflege für alte undkranke Menschen zu organisieren.Leider klingt das in der heutigen Zeit schon fast naiv. Denn letzten Endes wurde diese Frageschon mit längst vergangenen Privatisierungsentscheidungen beantwortet. Im Bereich der 2Pflege oder mit der Krankenversorgung wird zunehmend Geld verdient. Und leider werden invielen Fällen eher die Gewinne optimiert als die Versorgungsqualität. Wer krank oderpflegebedürftig ist oder in einer entsprechenden Einrichtung arbeitet, leidet damit nicht seltenunter schlechten Rahmenbedingungen. Und wie wir alle wissen, führt das in manchen Fällenauch bei uns im Land zu wirklich unwürdigen Zuständen. Für mich und meine Partei ist klar,dass wir so eine Entwicklung nicht einfach hinnehmen dürfen.Gleichzeitig werden nicht nur Bedürftige sondern auch Angehörige bei stationären aber auchambulanten Pflegeleistungen immer stärker zur Kasse gebeten. Das ist nicht wirklich neu,nimmt aber immer weiter zu. Deshalb sind diese steigenden Pflegekosten aus gutem Grundimmer wieder Thema hier im Landtag. Der SSW hat sich zum Beispiel nach einem Hinweis derBürgerbeauftragten dafür eingesetzt, den Elternunterhalt bei Pflege neu zu regeln. Auf eineentsprechende Einkommensgrenze hat man sich ja endlich auch auf Bundesebene verständigt.Und auch bei der Forderung der SPD nach einer Deckelung der Eigenanteile waren wir uns hierfast alle einig. Ich will nicht bestreiten, dass vieles lange oder auch zu lange dauert. Aber wirhaben diese Themen immer im Blick.Für den SSW will ich aber gerne noch einmal deutlich machen, dass steigende Kosten - zumBeispiel für qualifiziertes Personal in der stationären Pflege - eben nicht einfach auf dieBewohner umgelegt werden dürfen. Wenn Menschen vor der Frage stehen, wie sie dieUnterbringung im Pflegeheim überhaupt finanzieren sollen, ist für mich eine rote Linieüberschritten. Schon jetzt übersteigen die Heimkosten bei vielen längst die Rente undLeistungen der Pflegeversicherung. Eine Deckelung der Eigenanteile kann die Betroffenen undihre Angehörigen zumindest kurzfristig entlasten. Wir stehen also weiter dazu, den Anteil fürUnterkunft, Verpflegung und persönlichen Bedarf zu begrenzen. Aber auch mit einer solchen 3Deckelung der Eigenanteile macht Pflege viele Menschen arm. Genau das müssen wir aberunbedingt abwenden. Deshalb müssen wir auch über andere Lösungswege diskutieren.Für den SSW ist klar, dass die Finanzierung der Pflege grundlegend reformiert werden muss.Schon heute ist jeder sechste Heimbewohner auf Hilfe vom Sozialamt angewiesen. Das kann esdoch nicht sein. Gleichzeitig steht fest, dass der Bedarf an Pflege und die Kosten hierfür weitersteigen. Deshalb sagen wir ganz klar: Egal ob stationär oder familiär, Pflege muss endlich alsgesamtgesellschaftliche Aufgabe anerkannt und auch finanziert werden. Und deshalb wäreauch die rein steuerfinanzierte Pflege die sauberste Lösung. So könnten wir sicherstellen, dassMenschen, die viel besitzen auch entsprechend beitragen. Und wir könnten sicherstellen, dassMenschen, die wenig haben, trotzdem menschenwürdig gepflegt werden. Und zwar ohnedabei noch weiter zu verarmen.Mir ist bewusst, dass ich auch hier nicht zu blauäugig sein darf: Für viele ist und bleibt dieAufstockung der Pflegeversicherung durch Steuermittel die äußerste Kompromisslinie. Ichhalte dieses Mittel allerdings für das Minimum und für dringend nötig. Und zwar ausdrücklichnicht nur in Notfällen und nach Kassenlage. Wenn ich mir die Unterfinanzierung der Pflegeanschaue ist doch eins völlig klar: Wir brauchen einen dynamisch steigenden und damit ebendauerhaften Steuerzuschuss. Eine feste steuerfinanzierte Säule kann die Pflegeversicherungzumindest stabilisieren. Und sie kann vor allem verhindern, dass Pflegekosten in die Armutführen.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/