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21.06.19
12:58 Uhr
B 90/Grüne

Bernd Voß zur Lebensmittelverschwendung

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 36 – Lebensmittelverschwendung Pressesprecherin wirksam entgegentreten Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der landwirtschaftspolitische Sprecher der 24105 Kiel Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Bernd Voß: presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 278.19 / 21.06.2019

Zum Verzehr geeignete Lebensmittel sollten erst gar nicht im Abfallcontainer landen
Sehr geehrte Damen und Herren,
rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle gibt es in Deutschland im Jahr. Ziel ist es, dies bis 2030 zu halbieren. Dies wäre ein nicht unerheblicher Beitrag auch zum Klima- schutz.
Und es bleibt ein Skandal, dass die Niedrigstpreise von Lebensmitteln ein Grund sind, warum sie in dem Umfang weg geworfen werden. Diese Preise sind unter anderem nur durch prekäre Erzeugungsbedingungen entlang der Lebensmittelkette möglich, auf Kos- ten von Mensch und Umwelt.
Wir haben genau vor einem Jahr schon einmal über das Thema debattiert. Da haben wir die Bundesregierung kritisiert, weil sie noch kein Programm zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen vorgelegt hatte. Inzwischen ist das passiert. Die Nationale Strate- gie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung wurde im Februar 2019 verab- schiedet. Sie setzt auf Freiwilligkeit und sollte vor Ablauf von fünf Jahren evaluiert wer- den.
Dort ist nachzulesen, dass eine Halbierung der Abfälle eine Einsparung von sechs Milli- onen Tonnen CO2-Äquivalenten bedeuten würde. Bezieht man die Emissionen aller am Ernährungssektor beteiligten Wirtschaftsbereiche und auch im Ausland entstehende Emissionen mit ein, wären es sogar 38 Millionen Tonnen. Das Problem ist also alles andere als trivial.
Den Akteur*innen der Zivilgesellschaft ist es zu verdanken, dass das Thema in den letz-
Seite 1 von 2 ten Jahren mehr und mehr in das öffentliche Bewusstsein gerückt ist. Dazu gehören Ta- felprojekte und Foodsharing-Initiativen, dazu gehören die Landfrauen, die Verbraucher- zentralen, dazu gehören auch diejenigen, die beim so genannten „Containern“ Lebens- mittel vor der Vernichtung retten.
Solche Initiativen erhöhen den Druck auf die Politik, Maßnahmen zu ergreifen. Sie wir- ken sich laut Umfragen der Gesellschaft für Konsumforschung bereits auf das Einkaufs- verhalten aus. Ihnen gebührt daher Anerkennung und Unterstützung.
Eine Strafbewehrung der letztgenannten Form der Lebensmittelrettung erscheint mir überzogen. Dies sollte dringend überprüft werden, wie es unser Antrag vorsieht. Die derzeitige rechtliche Situation lässt sich zwar erklären, es müssen in diesem Zielkonflikt aber Wege aus der rechtlichen Unsicherheit und auch aus der Kriminalisierung gefun- den werden. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass es hier zu Konflikten mit der Lebensmittelsicherheit kommen kann.
Besser wäre es, wenn zum Verzehr geeignete Lebensmittel gar nicht erst im Abfallcon- tainer landen. Besser wäre es, ein Abgabesystem, wie es in Ansätzen ja schon besteht, weiterzuentwickeln, damit diese Lebensmittel entsprechend sortiert an Dritte, an Tafeln und andere Initiativen oder direkt an Bedürftige abgegeben werden können. Nur so können wir ausschließen, dass hygienisch nicht einwandfreie Lebensmittel an Endver- braucher*innen gelangen und möglicherweise deren Gesundheit gefährden.
Dabei lohnt meiner Ansicht nach ein Blick nach Frankreich. Dort ist der Handel per Ge- setz zur Abgabe noch genießbarer, lebensmittelhygienisch einwandfreier Lebensmittel verpflichtend. Mit Beschluss der letzten Verbraucherschutzministerkonferenz von vor vier Wochen wird der Bund gebeten, eine solche gesetzliche Regelung auch für Deutschland zu prüfen.
Der Vorteil gegenüber einer rein auf Freiwilligkeit beruhenden Maßnahme läge darin, Wettbewerbsgleichheit zu schaffen. Ein Hemmnis freiwilliger Vereinbarungen könnte der wirtschaftliche Nachteil sein, der in einem umkämpften Markt denjenigen entsteht, die in der Sache vorangehen. Das wäre kontraproduktiv. Ich nehme an, dies ist auch der Grund, weshalb sich 8 der 16 Länder auf besagter Fachministerkonferenz in einer Protokollerklärung nicht für einen Prüfauftrag, sondern direkt für die Umsetzung ausge- sprochen haben. Mir erscheint das vernünftig.
Weder ist Strafrecht Sache der Länder, noch könnten die Länder den Handel zu einer Abgabe verpflichten. Ebenso wenig gibt es Regelungen zum Mindesthaltbarkeitsdatum auf Länderebene. Die Tonlage des SPD-Antrages ist daher etwas irritierend. Möglich- erweise erklärt sich diese aus der Frustration der SPD mit der Politik der Bundesregie- rung. In der Hinsicht haben die Kolleg*innen der SPD mein vollstes Verständnis.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
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