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20.06.19
16:51 Uhr
SPD

Thomas Hölck zu TOP27: Die Wirtschaft muss den Menschen dienen und nicht umgekehrt

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

Kiel, 20. Juni 2019



TOP 27: Soziale Marktwirtschaft als wirtschaftspolitisches Leitbild stärken (Drs. 19/1552)


Thomas Hölck:


Die Wirtschaft muss den Menschen dienen und nicht umgekehrt „Ziel sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik ist stetiger Wohlstand und eine gerechte Beteiligung aller am Ertrag der Volkswirtschaft, ein Leben in Freiheit ohne unwürdige Abhängigkeit und ohne Ausbeutung“. Mit diesem Zitat zur Wirtschafts- und Sozialordnung aus dem Godesberger Programm der SPD ist eigentlich fast alles gesagt. Die soziale Marktwirtschaft hat sich seit Bad Godesberg zu einem Erfolgsmodell entwickelt. Wir haben ihr den Wohlstand in diesem Land zu verdanken. Der Erfolg gilt aber nur dann, wenn der soziale Anteil nicht verkümmert. Ein System nach dem Motto „Wir sind reich, weil andere arm sind“ darf keine Zukunft keine Grundlage unserer Wirtschaftsordnung sein. Tatsache ist, dass das Wohlstandsversprechen durch die soziale Marktwirtschaft Risse bekommen hat.
Wenn Vollzeitarbeit nicht mehr ausreicht, ein gutes Leben zu organisieren. Wenn Vollzeitarbeit nicht mehr ausreicht, um eine auskömmliche Rente zu erhalten, dann dürfen wir nicht tatenlos daneben stehen. Wenn der Markt versagt, muss der Staat klare Regeln setzen. Zu recht muss man über die Vermögensverteilung in diesem Land diskutieren dürfen. Das war vor 70 Jahren genauso richtig wie heute. Das haben wir z. b. das Ahlener Programm der CDU: „Wir fordern die Vergesellschaftung der Bergwerke. Auch bei der eisenschaffenden Großindustrie ist der Weg der Vergesellschaftung zu beschreiten. Planung und Lenkung der Wirtschaft wird auch in normalen Zeiten in gewissen Umfange notwendig sein.“ 2



In den Freiburger Thesen der FDP von 1971 heißt es: „Die liberale Reform des Kapitalismus erstrebt die Aufhebung der Ungleichgewichte, die aus der Akkumulation von Geld und Besitz und der Konzentration des Eigentums an den Produktionsmitteln in wenigen Händen folgen.“
Der Staat muss Anreize setzen für Beiträge die von gesellschaftlichen Nutzen sind. Bei wirtschaftlichem Verhalten, dass dem Allgemeinwohl und dem Anliegen der Gemeinschaft widerspricht muss der Staat aber auch Grenzen setzen. Nehmen wir die Wohnraumversorgung für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Auf dem Wohnungsmarkt gibt es ein permanentes Marktversagen. Ohne staatlichen Eingriff, ohne staatliche Förderung wäre bis heute keine einzige Sozialwohnung in Deutschland gebaut worden und keine weitere würde entstehen.
Unser Land verfügt über einen innovativen Mittelstand, moderne Handwerksbetriebe und immer mehr kreative Start Ups. Die Unternehmen haben dazu beigetragen, dass sich das Niveau der Beschäftigungszahlen drastisch erhöht hat. Die Arbeitslosenzahl ist auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Die Reallöhne steigen endlich wieder und es gibt wieder mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Richtig ist aber auch, dass die soziale Marktwirtschaft ganz offensichtlich das Wohlstandsversprechen für alle nicht mehr einhalten kann. Die Erfahrung früherer Generationen, dass Arbeit sich lohnt, gilt eben leider nicht mehr voll umfänglich. Wir erleben die zunehmende Spaltung des Arbeitsmarktes. Niedriglöhne, Leiharbeit, und Werksvertragsarbeit nehmen zu. Das verstößt im Kern gegen die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft, nach der sich Arbeit und Leistung lohnen müssen. Dieses Prinzip muss auch bei der fortschreitenden Digitalisierung gelten, denn Digitalisierung verändert die Art, wie wir in Zukunft leben und arbeiten. Arbeit findet nicht mehr ausschließlich in Unternehmensräumen statt. Daraus folgt eine Tendenz zur grenzenlosen Arbeit.
Gleichzeitig droht eine Zunahme an prekären Beschäftigungsverhältnissen durch neue Formen von Arbeit, wie z.B. Crowdworking. Wo Veränderungen in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung stattfinden, muss der Staat seine Schutzfunktion den neuen Gegebenheiten anpassen!
Deswegen verstehen wir Wirtschaftspolitik als eine gemeinsame Aufgabe von Politik, Unternehmen und Gewerkschaften. Ziel ist es, gesellschaftlichen Nutzen zu stiften. Die Wirtschaft muss den Menschen nutzen und nicht umgekehrt. Den AfD Antrag lehnen wir ab, weil er in der Sache falsch ist. Der Antrag von Jamaika enthält nur leere Worte. Ihren Antrag lehnen wir ebenfalls ab!