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16.05.19
15:26 Uhr
SPD

Martin Habersaatz zu TOP33: Bildungsbonus: Licht und Schatten

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

Kiel, 16. Mai 2019



TOP 33: Mündlicher Bericht zum Bildungsbonus an den Perspektivschulen in Schleswig-Holstein (Drs. 19/1452)


Martin Habersaat:


Bildungsbonus: Licht und Schatten

Nun ist er bald da, der Bildungsbonus. Da muss man auch als Oppositionsabgeordneter nicht kleinlich sein und kann ruhig einmal loben. Die Regierung wird mir nachsehen, dass ich meine 4 lobenden Punkte in absteigender Intensität geordnet habe und anschließend, das entspricht aber eigentlich Jamaika-Pädagogik, 4x Tadel folgen lasse.
Lob 1
Es ist politisch überhaupt nicht strittig, dass wir ein gezieltes Förderprogramm zur Unterstützung von Schulen und Schülern benötigen, die es besonders schwer haben. Es ist gut, dass es jetzt losgeht.
Lob 2
Zu den Kernideen des Konzepts gehört auch eine engere Verknüpfung des Vormittags mit den Ganztagsangeboten. Hier gibt es viel zu tun. Gut, dass es losgeht. 2



Lob 3
Die Landesregierung erkennt in ihrer Handreichung als gleichwertige Ziele des Schulsystems Leistung, Chancengleichheit und Wohlbefinden an. Das ist ein Entwicklungssprung für CDU und FDP. Sitzenbleiben und Schrägversetzungen passen da übrigens nicht so gut dazu.
Lob 4
Inzwischen finde ich den Ton des Konzepts gut. Nicht mehr von failed schools ist die Rede und auch nicht mehr von einem Wettbewerb.
Eher neutral stehe ich zu ihrem neuerdings immer wieder vorgetragenen Eigenlob vom „ersten Flächenland“. Was ist denn beim Bildungsbonus in einem Flächenland schwerer als in einem Stadtstaat? In Nordrhein-Westfalen gibt es übrigens vergleichbare Ansätze. Vielleicht werben Sie mit „erstes westdeutsches Flächenland mit ‚S‘“ – dann kann sich das Saarland warm anziehen. Ich weiß, aus Sicht der Koalition könnte ich jetzt aufhören, aber ich kann Ihnen fünf Kritikpunkte nicht ersparen:
Tadel 1
Das Ministerium konnte nicht wie ursprünglich geplant einen landesweiten Index zur sozialräumlichen Einordnung der Schulen zu erstellen. Der neue Index ist ein leidlicher Ersatz, aber es ist für mich nicht zufriedenstellend, dass vorhandene Daten über unsere Bevölkerungsstruktur nicht der Schulentwicklung dienen dürfen.
Tadel 2
Das Ministerium hat jetzt zunächst neun Grundschulen, fünf Gemeinschaftsschulen mit Grundschulteil, fünf Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe und eine mit Oberstufe in das Programm aufgenommen. Dass nicht ein einziges Gymnasium Perspektivschule geworden ist, zeigt, dass die Aufgabe der sozialen Integration in einem belasteten sozialen Umfeld unter den weiterführenden Schulen ausschließlich von den Gemeinschaftsschulen wahrgenommen wird.
Trotzdem wäre die Entwicklung einer Liste und nicht verschiedener Listen getrennt nach Schularten sinnvoll gewesen, um den Verdacht von politischen Entscheidungen zugunsten einzelner Standorte oder Schularten gar nicht erst aufkommen zu lassen. 3



Tadel 3
Das Programm ist befristet, auf drei bzw. fünf Jahre. Wenn an den Schulen Stellen entstehen, werden das, so ist zu hören, befristete Stellen sein. Pädagogisches Handeln und nachhaltige Fachkräfteversorgung vertragen sich aber nicht mit solchen Arbeitsbedingungen.
Das gilt umso mehr, als auch die kommunalen Schulassistenten wegen der Aussagen von CDU und FDP oft nur befristet beschäftigt sind und auch beim Digitalpakt Befristungen drohen.
Tadel 4
Weder die organisatorischen Hürden noch der Umfang des Programms kann in irgendeiner Weise mit der Förderung der Brennpunktschulen in Hamburg konkurrieren. Aber Hamburg ist ja auch kein Flächenland mit „s“…
Fazit:
1. Ein Anfang ist gemacht.
2. Es kann nicht sein, dass die Daten zur sozialräumlichen Ordnung der Schulen uns nicht zur Verfügung stehen.
3. Lassen sie uns gemeinsam Schluss machen mit der Unsitte von befristeten Beschäftigungen im Bildungsbereich.
Ich gehe davon aus, dass uns dieses Thema im Plenum und im Bildungsausschuss künftig regelmäßig beschäftigen wird.