Beate Raudies zu TOP 30: Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für Städte und Gemeinden
Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek Kiel, 15. Mai 2019TOP 30: Konsequenzen aus bisherigem Scheitern der Grundsteuer-Reform ziehen – Grundsteuer abschaffen (Drs. 19/1449)Beate Raudies:Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für Städte und GemeindenDie Vorteile der Grundsteuer liegen auf der Hand: Sie besteuert den Grundbesitz. Dessen Nutzung ist ohne Leistungen des Gemeinwesens – also ohne Straßen, Strom- und Wasserleitungen – nicht sinnvoll möglich. Mithin ist es gerechtfertigt, diese Realsteuer zu erheben. Zudem setzt die Steuer kaum ökonomische Fehlanreize, sie ist deutlich robuster gegenüber Krisenzeiten als viele andere Steuerarten und auch ihre Sozialverträglichkeit ist gegeben, da die Steuerlast davon abhängt, wie viel das jeweilige Grundstück und die darauf errichteten Immobilien wert sind. Bei Ökonomen gilt die Grundsteuer daher bis heute als eine der gerechtesten Steuerarten.Die Grundsteuer ist mit einem Aufkommen von mehr als 14 Milliarden Euro pro Jahr eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Städte und Gemeinden in Deutschland. Gerade für finanzschwache Kommunen, die nur wenig Gewerbesteuer einnehmen, ist die Grundsteuer existenziell. Würde die Grundsteuer komplett wegfallen, wäre die kommunale Daseinsvorsorge massiv bedroht. 2Nun wissen wir, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber auferlegt hat, die Bemessungsgrundlagen der Grundsteuer neu zu regeln. Bis Ende 2019 muss ein neues Gesetz verabschiedet sein, und die Neuregelung muss spätestens 2025 greifen. Und obwohl sich alle einig sind über die Bedeutung der Grundsteuer, insbesondere für die Kommunen, kommt das Gesetzgebungsverfahren im Bund nicht voran. Ich bin zurückhaltend mit Schuldzuweisungen - gleichwohl helfen Alleingänge, wie von Bayern verlangt, nicht weiter.Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt das Reformkonzept, die Grundsteuer wie bisher nach dem Wert des Bodens und der Gebäude zu bemessen, weil dies für eine sozial gerechte Besteuerung sorgt. Der Vorschlag, für die Wertermittlung grundsätzlich an die Nettokaltmiete anzuknüpfen, ermöglicht nach unserer Einschätzung eine faire Steuerbemessung anhand realistischer Grundstückswerte und in Abhängigkeit von Lage und Mietniveau. Das Steueraufkommen insgesamt soll gleich bleiben, für einzelne Steuerzahler dürfte es aber Veränderungen geben, weil die Grundstückswerte in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugelegt haben, vor allem in begehrten Lagen. Finanzministerin Monika Heinold hat es wunderbar formuliert: „In der Regel sind diejenigen leistungsfähiger, die sich in einer guten Lage ein Häuschen gebaut haben, als andere, die in einfacher Lage eine Wohnung mieten.“ Umso überraschter bin ich, Frau Finanzministerin, dass Sie jetzt öffentlich signalisieren, möglicherweise einer Öffnungsklausel zustimmen zu wollen. Was wäre denn die Folge? Die Bundesländer würden in einen unfairen Steuerwettbewerb über die Bewertung von Grundstücken eintreten. Und sagen Sie nicht, dass käme nicht vor! Beispiele wie Norderfriedrichskoog oder Monheim beweisen doch das Gegenteil. Auf EU-Ebene kämpfen wir gegen Steuerdumping, gegen Steueroasen – aber nichts anderes würde eine Länderöffnungsklausel bei der Grundsteuer bedeuten. Wir brauchen eine bundeseinheitliche Regelung für die Grundsteuer, denn einheitliches Recht hält den Bürokratie- und Verwaltungsaufwand in Grenzen. Diese Einschätzung teilt im Übrigen auch der Deutsche Städtetag.Was die Kommunen definitiv nicht brauchen, ist der Vorschlag der AfD, die Grundsteuer abzuschaffen. Der Vorschlag zur Gegenfinanzierung - eine Erhöhung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer - taugt nicht und wäre für die Kommunen nur ein schwacher Trost. Denn die Grundsteuer ist weniger konjunkturanfällig, ist für Städte und Gemeinden eine feste Grundlage. Und was bliebe noch vom kommunalen Hebesatzrecht? Gewerbesteuer, Vergnügungssteuer und Hundesteuer… Ihr Vorschlag ist ein Angriff auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Grundgesetz, und allein deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. 3Wer die Reform der Grundsteuer grundsätzlich gefährdet oder gar ihre Abschaffung fordert, bringt das öffentliche Finanzierungssystem insgesamt ins Wanken und gefährdet die Lebensqualität in unseren Städten und Gemeinden.