Lars Harms: Die skandinavischen Länder zeigen, dass es geht, man muss es nur wollen!
Presseinformation Kiel, den 28.03.2019Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 12 Bericht zum Onlinezugangsgesetz Drs. 19/1172„Die skandinavischen Länder zeigen, dass es geht, man muss es nur wollen!“Andere Länder, speziell wenn wir nach Norden gucken, sind uns in diesem Feld um einiges voraus, dieser Hinweis kommt mittlerweile ja nicht mehr allein vom SSW. Im Dänischen System können Sie sich digital von jeder Stelle der Welt mit Ihrer zuständigen Verwaltung in Verbindung setzen. Aber das läuft eben auch über die CPR-Nummer, also eine persönliche Identifikationsnummer, die die effiziente Kommunikation zwischen allen staatlichen Registern sicherstellt. Auf borger.dk können Sie sich, wenn sie ein Problem haben, erst informieren, finden dann sie die Formulare, die Sie brauchen und lassen sie schließlich im Bearbeitungsprozess mit weiteren ihrer benötigten Daten automatisch vervollständigen. In Schweden können wir sehen, wie der Antragsprozess für Sozialhilfe deutlich erleichtert und weniger fehleranfällig gemacht wurde, indem die Bürgerinnen und Bürger ihre Anträge über eine Plattform stellen können, die ebenfalls die Zusammenführung von Daten ermöglicht.Zum Vorbild für das Konzept unseres OZG hat unter anderem Estland gegolten, wo das Once-Only-Prinzip, also dass Bürger und Unternehmen den Behörden und Verwaltungen bestimmte Standardinformationen nur noch einmal mitteilen müssen, schon seit Jahren gut funktioniert. Deswegen bin ich nach wie vor ja besonders überzeugt von der Sinnhaftigkeit der Reise des Innenausschusses nach Estland unter dem Schlagwort der Digitalisierung.Nach meinem Empfinden ist es so, dass wir nicht nur in der tatsächlichen Umsetzung, sondern auch im gedanklichen Daraufeinlassen hier in Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern noch etwas hinterherhinken. Wir befinden uns hierzulande immer wieder im Zielkonflikt zwischen Digitalisierung und Datenschutz und die Angst vor dem gläsernen Bürger kommt oftmals sogar dann auf, wenn wir über die digitale Datenverarbeitung unserer staatlichen Verwaltungsstrukturen sprechen. Aber wenn wir hier vorankommen wollen, müssen wir den zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern eben auch sagen, dass es zielführend und nicht besorgniserregend ist, wenn von staatlicher Seite ressortübergreifend auf unsere Daten zugegriffen werden kann. 2Ich denke auch, dass das OZG unseren Behörden die Gelegenheit bietet, einige Verwaltungsformulare sprachlich anzupassen. Ich denke da an die Vereinfachung von Behördensprache oder an den aktuell vorliegenden Vorschlag von der Kollegin Raudies, Steuerformulare diskriminierungsfrei zu gestalten. Gegebenenfalls sogar die Kategorie „Geschlecht“ dort, wo sie irrelevant ist, sogar aus den Formularen zu entfernen. Mindestens muss ja aber in allen anderen Fällen der dritte Geschlechtseintrag möglich sein. Und nicht zuletzt bietet es sich wohl bei dieser Gelegenheit an, zu evaluieren, ob es einige Formulare in der bisher bestehenden Form überhaupt noch braucht. Denken Sie alleine daran, wie der Prozess um das Beantragen von Kindergeld vereinfacht werden könnte. Wenn Eltern nicht mehr mit der vom Standesamt ausgedruckten Geburtsbescheinigung separate Anträge bei der Familienkasse stellen müssten, sondern der digitale Austausch diese Behördengänge ersparen würde. Was würden nicht zuletzt unsere Behörden an Zeit und Kosten sparen!Mit dem Onlinezugangsgesetz wurde die Grundlage für eine schnellere Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen geschaffen. Bund und Länder sind seitdem unter Zugzwang, bis 2022 sämtliche Dienstleistungen der Verwaltung auch online anzubieten. Die Liste der digital nutzbaren Verwaltungsleistungen ist lang; es sind knapp 575 Vorgänge, für die digitale Lösungen gefunden werden sollen. Allesamt aufgelistet im OZG-Umsetzungskatalog. Bürgerfreundlich sollen sie umgesetzt werden und ohne langes Suchen im Netz erreichbar sein. Das sind alles in allem wunderbare Ziele. Aber diese Ziele erreichen wir nur, wenn wir vorher gesellschaftlich geklärt haben, wie weit die Digitalisierung gehen soll. Sehen wir den Staat als Serviceorganisation wie in Skandinavien, oder sehen wir ihn weiter als Datenmoloch, dem man nach Möglichkeit so viel Daten wie möglich vorenthalten muss und wo Datenaustausch erst einmal Teufelswerk ist. Nur, wer diese Frage klärt, kann sagen wie der Zielkonflikt zwischen maximal bequemer Datennutzung und Online-Nutzung auf der einen Seite und Datenschutz auf der anderen Seite austariert werden kann. Die skandinavischen Länder zeigen, dass es geht, man muss es nur wollen!Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html