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07.03.19
16:16 Uhr
SPD

Birte Pauls zu TOP 17: Der Schutz von Minderheiten muss in der EU einen zentralen Stellenwert einnehmen

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

Kiel, 7. März 2019



TOP 17: Minderheitspolitische Belange zusätzlich auf EU-Ebene verorten (Drs. 19/1288)



Birte Pauls:
Der Schutz von Minderheiten muss in der EU einen zentralen Stellenwert einnehmen

Manches Mal hilft ein Blick in die jüngste Vergangenheit, um die Dinge zu verdeutlichen. Noch vor wenigen Jahren, im Jahre 2012, klagten 4 Mitglieder des Landesvorstandes der Jungen Union, darunter der jetzige Landtagsabgeordnete Tobias Loose, vor dem Landesverfassungsgericht gegen den Status des SSW. Eine Distanzierung seitens der CDU zur Klage war damals nicht zu vernehmen. Ganz im Gegenteil, man ließ die Jugendorganisation gewähren, wohl in der Hoffnung, dass die Klage Erfolg haben könnte. Einige Zitate aus damaligen Zeitungsartikeln: „Wir brauchen eine neue politische Diskussion in Sachen Minderheiten“ hieß es z.B., oder: „die Bonn Kopenhagener Erklärung ist aus den 50iger Jahren, es ging damals um den Schutz der dänischen Minderheit, das ist heute längst überholt“ und „wo kommen wir denn da hin, wenn jede Minderheit eigene Rechte bekommt“. Die Junge Union wollte die Streichung der 3 Sitze des SSW, die Konsequenz daraus wäre ein Sitz mehr für die CDU und damit die Übernahme der Regierung gewesen. Wir wissen bis heute nicht, ob es sich um Jugendsünden oder Nichtwissen oder Diskriminierung – Stichwort „Dänenampel“ – handelte. Warum erzähle ich das? Ich möchte damit deutlich machen, wie dünn das Eis wirklich ist, wenn es um den Schutz von Minderheiten geht, und wie schnell die Rechte von Minderheiten selbst in unserem diesbezüglich gut aufgestellten Bundesland beschnitten werden könnten, wenn es 2



politisch gerade passt. Angriffe auf Minderheiten finden eben nicht nur auf die Roma in Südosteuropa statt, sondern sind Alltag für viele Minderheiten in ganz Europa. Die im Vertrag von Lissabon garantierten Schutz– und Grundrechte von Minderheiten werden leider nicht von allen Mitgliedsstaaten erfüllt. In einigen Mitgliedstaaten gibt es gravierende Missstände und aktuelle politische Entwicklungen lassen nicht hoffen, dass es besser wird. Wir haben es in Europa mit einem alarmierenden Anstieg von Diskriminierung, sozialer Ausgrenzung und Hasskriminalität zu tun. Und es fehlen in der EU nach wie vor wirksame Instrumente, mit denen die Minderheitenrechte überwacht und durchgesetzt werden können. Das ist der Grund, warum sich die Bürgerinitiative „Minority safepack“ auf den Weg gemacht hat, die Verantwortlichkeiten für Minderheitenangelegenheiten auf EU-Ebene verlässlich zu verorten. Die SPD hat die Bürgerinitiative von Anfang an unterstützt. Wir haben hierzu einen einstimmigen Landtagsbeschluss herbeigeführt, vor dem Landeshaus eine Unterschriftenaktion organsiert und die SPD hat auf etlichen Parteiveranstaltungen Unterschriften gesammelt und für die Bürgerinitiative geworben. Wir Sozialdemokraten freuen uns, dass die Bemühungen der Bürgerinitiative, die den Minderheitenschutz auf EU-Ebene zum Inhalt und Ziel hat, ein voller Erfolg war und gratulieren den Initiatoren, darunter unsere ehemalige Ministerin Anke Spoorendonk und Hans Heinrich Hansen von der FUEN nochmals.
In diesem Jahr wählen wir ein neues Europaparlament und wir werden eine neue EU- Kommission bekommen. Das ist der sehr passende Zeitpunkt, unseren Landtagsbeschluss vom 19.06.2014 zu erneuern und zu bekräftigen und erneut zu fordern, dass auf EU-Ebene endlich eine verbindliche Verantwortlichkeit für die Minderheiten in der Europäischen Kommission organisiert wird. Alle Minderheitenangelegenheiten sollen bei einem EU Kommissar gebündelt werden. Jeder 7. EU-Bürger gehört einer Minderheit oder Volksgruppe an, das sind ca. 100 Millionen Menschen. Diese Zahlen zeigen, dass europäische Minderheitenpolitik nicht mal soeben mit erledigt werden kann, erst recht nicht, wenn sich nicht alle Mitgliedsstaaten an die Vorgaben halten. Und besonders dann nicht, wenn rechte Nationalisten wieder in den Parlamenten sitzen und Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten mit Füßen treten. Die autochthonen nationalen Minderheiten sind Brückenbauer zwischen den Kulturen in ihren jeweiligen Nationalstaaten. Sie setzen sich mit ihrer Arbeit gegen nationale Egoismen und für gegenseitiges Verständnis in Europa sowie für friedliche Lösungen ein. In diesem Zusammenhang leistet die FUEN, die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten, eine extrem wichtige europäische Arbeit und wir sind sehr stolz darauf, dass diese Arbeit aus Schleswig-Holstein heraus geschieht. Wir haben immer deutlich gemacht, dass Minderheitenpolitik breite Mehrheiten braucht. Deshalb freuen wir uns, dass es auch dieses Mal gelungen ist, einen gemeinsamen Antrag zu entwickeln und ein deutliches Signal aus Schleswig- Holstein für die neue EU-Kommission auf den Weg zu bringen.