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06.03.19
15:30 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zu waffenrechtlichen Prüfungen bei Extremist*innen

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 30 – Extremisten entwaffnen Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der 24105 Kiel Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Burkhard Peters: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 094.19 / 06.03.2019


Wer die verfassungsrechtlichen Grundlagen unserer Demokratie angreift, darf keine Schusswaffen besitzen
Weniger privater Schusswaffenbesitz und strengere Kontrollen - darin waren wir Grüne uns immer einig mit dem SSW. Das gilt auch für den vorliegenden Antrag, den wir da- her durchaus begrüßen.
Die Schlussfolgerung aus der Antwort auf die Große Anfrage zu den Reichsbür- ger*innen ist für uns eindeutig: Wer das Gewaltmonopol dieses demokratisch gewählten und legitimierten Staates nicht anerkennt, sondern ein Widerstandsrecht gegen staatli- che Vollzugsakte für sich reklamiert, darf keine Schusswaffen besitzen. Das gilt für alle, die gewalttätig die verfassungsrechtlichen Grundlagen unserer Demokratie angreifen wollen.
Aber: Wie man das rechtssicher bewerkstelligt, an welcher Stelle des Bundeswaffenge- setzes wir mit einer Bundesratsinitiative ansetzen müssen und wie die Information, ob jemand Extremist*in ist, die Behörde erreicht, darüber sollten wir uns im Innen- und Rechtsausschuss noch einmal vertieft Gedanken machen. Denn der vorliegende Antrag ist – mit Verlaub – etwas schlicht geraten.
Das fängt schon bei Begrifflichkeiten an. Den „Extremisten“, die „Extremistin“ kennen weder das Waffen- noch das Verfassungsschutzrecht. Ob man so eindeutig sagen kann, jegliche Person, die in einer Datei der Verfassungsschutzbehörden gespeichert ist, ist automatisch und unwiderlegbar schon als unzuverlässig im Rahmen der Prüfung einer Waffenscheinerteilung, das müssen wir uns schon sehr genau anschauen. Und zwar sowohl im Waffen-, als auch im Landesverfassungsschutzgesetz.
Und es ist ja auch nicht so, dass der Bundesgesetzgeber in dieser Frage in den letzten Jahren völlig untätig geblieben ist. Gesetzlicher Anknüpfungspunkt für eine Waffener- Seite 1 von 2 laubnis ist die Zuverlässigkeitsprüfung gem. § 5 Waffengesetz. Im Rahmen der letzten Novellierung des Waffengesetzes 2017 wurde in Bezug auf verfassungsfeindliche Per- sonen im Waffenerlaubnisrecht schon eine gewisse Verschärfung vorgenommen.
§ 5 Absatz 2 bestimmt, wann eine Person in der Regel als waffenrechtlich unzuverläs- sig gilt. Neben Verurteilungen wegen bestimmter Straftaten oder der Mitgliedschaft in verbotenen Vereinen oder Parteien sind dabei insbesondere auch verfassungsfeindli- che Bestrebungen einer Person beurteilungsrelevant. Bis 2017 mussten die Behörden den Nachweis führen, dass die Person derartige Bestrebungen tatsächlich verfolgt oder unterstützt. Seit dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes reichen diesbezüglich be- reits Zuverlässigkeitszweifel aus. Damit ist es für Behörden bereits wesentlich verein- facht worden, die Waffenerlaubnis von Verfassungsfeinden zu entziehen.
Anhaltspunkte, die im Verdachtsgehalt vage bleiben und nicht auf Tatsachen beruhen, genügen allerdings nicht. Die Tatsachen müssen den Schluss zulassen, dass die be- treffende Person einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung verfassungsfeindliche Be- strebungen verfolgt oder unterstützt, beziehungsweise in den letzten fünf Jahren ver- folgt oder unterstützt hat. Es müssen also auf Tatsachen begründete Zweifel gegeben sein. An dieser Vorgabe sollten wir festhalten.
Der Hase liegt eher an einer anderen Stelle im Pfeffer: Wie gelangt das bei den Verfas- sungsschutzämtern vorhandene Wissen über verfassungsfeindliche Bestrebungen bei registrierten Personen zuverlässig an die kommunalen Waffenbehörden? Den Informa- tionsfluss zwischen Meldebehörden, Polizei und Waffenbehörden haben wir mit dem sogenannten Reichsbürgererlass in diesem speziellen Phänomenbereich seit 2017 auf Landesebene ordentlich geregelt.
Sollte die Waffenbehörde darüber hinaus vor einer Erlaubniserteilung regelmäßig beim Verfassungsschutz anfragen, ob die betreffende Person dort generell als unmittelbare Zielperson, also als Beobachtungsobjekt, registriert ist? Das ist bislang gesetzlich nicht der Fall. Die in § 5 Absatz 5 Waffengesetz normierten Pflichterkundigungen der Waf- fenbehörden beziehen sich allein auf das Bundeszentralregister, das staatsanwalt- schaftliche Verfahrensregister und eine Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststellen bezüglich in der Vergangenheit verhängter präventiver Ingewahrsamnahmen.
Ziel einer Bundesratsinitiative könnte somit konkret sein, auch eine verpflichtende An- frage der Waffenbehörde bei der Landesverfassungsschutzbehörde zu normieren. Dies war zumindest Intention eines Initiativantrages der Grünen Bundestagsfraktion im Zu- sammenhang mit der Novellierung des Waffengesetzes im Jahre 2017. Sie blieb leider bisher erfolglos. Dort könnten wir aber angesichts der aktuellen Probleme bei der Ent- waffnung von Personen aus der Reichsbürgerszene durchaus ansetzen.
Auch zu klären ist, wie Informationen über eine Radikalisierung nach Waffenerlaub- niserteilung an die Waffenbehörden gelangen, diesbezüglich also eine Übermittlungs- pflicht seitens des Verfassungsschutzes geschaffen wird.
Diese Einzelheiten sollten wir im Innen- und Rechtsausschuss noch einmal mit Fachleu- ten beleuchten.
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