Martin Habersaat: Gemeinschaftsschulen sind keine Auffangbecken für Gymnasien
Kiel, 5. März 2019 Nr. 061 /2019Martin Habersaat:Gemeinschaftsschulen sind keine Auffangbecken für Gymnasien Zur Kleinen Anfrage (Drucksache 19/1223) erklärt der stv. Vorsitzende und bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Martin Habersaat:„Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die vom Gymnasium an eine Gemeinschaftsschule wechseln müssen, steigt. Waren im Schuljahr 2015/16 noch 1.006 Schülerinnen und Schüler betroffen, waren es im Schuljahr 2017/18 bereits 1.306 (+30 Prozent). Es ist zu befürchten, dass dieser Trend sich durch die Rückkehr zu G9 an den Gymnasien weiter verstärken wird. Das ist dann ein Problem, wenn man – anders als offenbar die Landesregierung – die Gemeinschaftsschulen als eigenständige Schulart mit einem durchgängigen pädagogischen Konzept ernst nimmt und sie nicht als Auffangbecken für die Gymnasien betrachtet.Ein besonderer Blick muss auf die sogenannten Schrägversetzungen von Klasse 6 am Gymnasium in Klasse 7 auf der Gemeinschaftsschule gerichtet werden. Von 330 Fällen 2015/16 stieg dieser Wert auf 578 Fälle 2017/18 (+75 Prozent). Das bedeutet vielerorts, dass Gemeinschaftsschulen ihre Klassenstrukturen in Klasse 7 auflösen und neu ordnen müssen, eine durchgängige pädagogische Arbeit ab Klasse 5 wird erschwert. Im Landesschnitt gab es pro Gymnasium 5,8 Schrägversetzungen, im Kreis Herzogtum Lauenburg mehr als doppelt so viele (12,4).Ausgehend von einer Klassengröße von 26 mussten die Gemeinschaftsschulen im Land 22 zusätzliche 7. Klassen einrichten. Dabei besteht vor Ort die Wahl zwischen zwei ungünstigen Möglichkeiten: Entweder die Einrichtung einer neuen Klasse ausschließlich mit „Rückläufern“, 2die es erst einmal wieder pädagogisch aufzubauen geht. Oder die völlige Auflösung und Neuordnung der bisherigen Klassenstrukturen.Begegnet werden muss dieser Entwicklung an zwei Ansatzpunkten: Erstens mit intensiven Beratungsgesprächen beim Wechsel von der Grundschule auf die weiterführende Schule, zweitens – aus unserer Sicht der wichtigere Punkt – durch eine Änderung der pädagogischen Arbeit an den Gymnasien. Schulen sollten Verantwortung übernehmen für alle Schülerinnen und Schüler, die ihnen anvertraut sind. Gerade in der beginnenden Pubertät ist es für Schülerinnen und Schüler wichtig, dazuzugehören und zu wissen, wo ihr Platz ist. Angst vor einer drohenden Abschulung – auch wenn diese nicht mehr so genannt wird – hilft da nicht.Die Rückumstellung der Gymnasien auf G9 sollte zum Anlass genommen werden, die Sekundarstufen I der Gymnasien und Gemeinschaftsschulen dahingehend zu überprüfen, ob sie den pädagogischen Herausforderungen der Jugendphase im Informationszeitalter noch entsprechen. Diese Herausforderungen heißen Chancengerechtigkeit, Leistungsförderung und Wohlbefinden.“