Jette Waldinger-Thiering: Den europäischen Gedanken unterstützen und leben
Presseinformation Kiel, den 14.02.2019Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering TOP 22,30,43+44 Kooperation mit Polen stärken, Umsetzung des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2019, Bericht über die Schleswig-Holstein-Büros und Hanse-Offices im Ostseeraum Drs. 19/1232,19/1240, 19/1141 und 19/1143 „Vor der Europawahl muss die Landesregierung eine Schippe drauflegen. Sie ist dazu aufgerufen, für die Europäische Union als ein Bürgerprojekt zu werben.“Schleswig-Holstein ist Teil eines europäischen Netzes. Wie die genaue Ausgestaltung aussieht,können wir dabei selbst entscheiden. Genau das haben wir gemacht: wir werben für schleswig-holsteinische Standorte und unterstützen Betriebe bei der Erschließung neuer Märkte entlangder Ostsee. Dabei zeigt sich manchmal erst nach ein paar Jahren, ob die Strukturen wirklichausreichend und passend sind. Ich begrüße aus diesem Grund ausdrücklich die laufendeEvaluierung der Maßnahmen, um Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen. Die Angebotemüssen zu den Bedürfnissen passen. Wir müssen gute Strukturen ausbauen und verstetigen, 2unzureichende aber schließen bzw. abwickeln. Ansonsten verschwenden wir, wenn auch in guterAbsicht, Steuergelder. Niemand braucht glänzende Schilder an Dependancen, die nicht genutztwerden.Darauf geht der Bericht der Landesregierung an einigen Stellen detailliert ein. In derdigitalisierten Welt, heißt es bei der Bewertung der bisherigen Tätigkeiten, verschieben sich dieAnfragen auf das Netz. Die Interessenten kommen also nicht mehr zu einem Termin ins Büro,sondern fragen einfach per Mail nach oder informieren sich über die entsprechende Website.Dennoch ist davon auszugehen, dass die Informationsbedarf weiterhin sehr hoch ist, und dassdie entsprechenden Vertretungen Schleswig-Holsteins vor Ort sein müssen, um Kontakte zupflegen und auch um Flagge zu zeigen. Themen haben sich verschoben. So spielen Klimafragen,wie der Kohleausstieg inzwischen eine wichtigere Rolle in den internationalen Beziehungen, alsin der Vergangenheit. Das muss sich im Arbeitsprofil der internationalen Verbindungsbüros dennauch widerspiegeln. Schließlich will niemand, dass unsere Klimaziele einfach exportiert werden.Bestes Beispiel: der Export schadstoffreicher Dieselfahrzeuge nach Osteuropa. Hier entwickelnsich fast unbemerkt neue internationale Verflechtungen; allerdings zum Schaden einer globalenSchadstoffbilanz. Hierzu ist eine Bewertung der Landesregierung überfällig.Das Aufgabenspektrum der Büros im Ausland hat sich also verändert, was sich auch in derStruktur der Arbeit wiederfindet; aber leider nicht im vorliegenden Bericht. Ich hätte mirgewünscht, dass der Bericht mehr Informationen zu den Planungen enthält, wie eine neueArbeitsteilung entlang der Ostsee in Zukunft aussehen könnte. Die Zusammenstellung derTätigkeitsberichte kann nur eine Rückschau sein. Diese Berichte entheben die Landesregierungnicht einer fachlichen Bewertung. Ich frage mich, welche Konsequenzen die Landesregierungsieht. Das hätte ich gerne im Einzelnen zu den jeweiligen Standorten gewusst. Solche 3Bewertungen gehören unbedingt in den Bericht über die Arbeit der Schleswig-Holstein-Büroshinein.Polen ist ein wichtiger Partner Schleswig-Holsteins im Ostseeraum. Die Beziehungen zu Polenhaben angesichts der historischen Verantwortung Deutschlands immer eine besondereBedeutung gehabt, was der Antrag der demokratischen Fraktionen besonders würdigt. DieseVerbindungen sind nicht oberflächlich, sondern von unten gewachsen. Viele Städte undGemeinden Schleswig-Holsteins haben eine Partnerstadt in Polen und pflegen diesePartnerschaft aktiv: Niebüll, Flensburg und Eckernförde; um nur drei von zwölf schleswig-holsteinischen Partnerstädten zu nennen, die seit vielen Jahren ein Austausch- oderBesuchsprogramm durchführen. Dabei reichen diese Beziehungen teilweise in die Zeit vor demMauerfall zurück, als diese Zusammenarbeit noch sehr kompliziert und bürokratisch war.Inzwischen ist ein Abstecher nach Polen aber ein Urlaubsziel wie jedes andere auch. Wie esgenau um die wirtschaftlichen Beziehungen in Polen steht, werden wir auf der nächstenParlamentarierreise im Juni selbst bewerten können. Ich möchte mich an dieser Stelleausdrücklich beim Landtagspräsidenten für die gute Organisierung der Reise bedanken.Verbindungen müssen gepflegt werden; ansonsten drohen sie zu Worthülsen zu verkommen.Die Partnerschaft zu den Nachbarn zu leben, ist ein wichtiger Baustein in einer funktionierendenEuropa-Strategie. Ihr kommt eine große Bedeutung in der anstehenden Europawahl zu. Dasmacht auch der gemeinsame Antrag aller demokratischen Fraktionen zum Arbeitsprogrammdeutlich. Die Skepsis und Distanz gegenüber Europa wachsen. Das ist fast mit den Händen zugreifen. Von daher befürchte ich massive Probleme bei der Aktivierung der Wählerinnen undWähler zur Europawahl und Einbrüche bei der Wahlbeteiligung. Die Bürgerinnen und Bürgerwenden sich enttäuscht ab oder nutzen ihre Stimmabgabe zum Protest. 43% Wahlbeteiligungaus 2014 werden sicherlich nicht zu halten sein. Da helfen Mega-Tabellen voller Fachbegriffe und 4Abkürzungen natürlich überhaupt nicht. Der vorliegende Bericht ist keine gute Werbung für deneuropäischen Gedanken. Das Arbeitsprogramm der EU findet seinen Niederschlag im Alltag vonLandwirten, Studierenden oder Beschäftigten. Der Verbraucherschutz beispielsweise stehtunbedingt auf der Habenseite des europäischen Binnenmarktes; all das kann man aus demBericht aber nur mit sehr viel gutem Willen herauslesen.Vor der Europawahl muss die Landesregierung eine Schippe drauflegen. Sie ist dazu aufgerufen,für die Europäische Union als ein Bürgerprojekt zu werben. Damit unterstützt und lebt sie deneuropäischen Gedanken.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html