Jette Waldinger-Thiering: Gute Bildung und eine qualifizierte Beschäftigung für alle
Presseinformation Kiel, den 25.01.2019Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering TOP 17 Diskussionsprozess zur Neugestaltung der Oberstufe öffnen Drs. 19/1150 „Wir wollen die Neuordnung der Oberstufe für mehr Bildungsgerechtigkeit nutzen“Streng genommen wird ja seit der Einführung der Profiloberstufe vor über 10 Jahren dieDiskussion über ihren Sinn oder Unsinn geführt. Das ist für bildungspolitische Reformen zwarnicht ganz ungewöhnlich, aber doch bezeichnend. Ich denke wir sind uns heute zumindestdarüber einig, dass mit der Entscheidung für die Profiloberstufe nicht nur Vorteile verbundensind. Grundsätzlich wird oft kritisiert, dass Profilierung und Klassenbildung vermischt werden.Aber auch im konkreten Vergleich stehen zum Beispiel für Fächer auf erhöhtemAnforderungsniveau weniger Stunden zur Verfügung, als in der früheren Kursoberstufe. Daswirkt sich bei einem Teil der Schülerinnen und Schüler negativ auf die Kompetenzen aus.Deshalb teile ich die Auffassung, dass man unser Oberstufenmodell kritisch hinterfragen muss. 2Die hier geltende Verordnung gibt mitunter Dinge vor, die in der Praxis nicht wirklichumsetzbar sind. An jeder Oberstufe muss zum Beispiel ein naturwissenschaftliches aber auchein sprachliches Profil mit drei Fremdsprachen eingerichtet werden. Doch für letzteres gibt esan vielen Standorten schlicht zu wenig Interesse. Auch bei der fächerübergreifendenZusammenarbeit, die ich für enorm wichtig halte, gibt es im Schulalltag erheblicheUmsetzungsprobleme. Denn auch hier finden sich in manchen Profilen nicht genügendSchülerinnen und Schüler für die vorgesehenen fächerübergreifenden Lerngruppen.Ich kann alle Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler aber auch alle Eltern verstehen, diewenig Lust auf den nächsten Eingriff in die Schulstruktur haben. Die Rückkehr zu G9 ist geradeerst besiegelt. Und längst nicht alle Betroffenen fühlen sich in diesem Prozess mitgenommen.Auch wir hatten unsere Zweifel. Aber wenn man nach vorne schaut, dann kann man dieEntscheidung für G9 auch als Chance begreifen. Als Chance für eine Neugestaltung derOberstufe und damit auch für konkrete Verbesserungen. Und ich denke, wir sollten dieseGelegenheit nutzen, bevor die neuen G9-Jahrgänge in einigen Jahren die Oberstufe erreichen.Das Bildungsministerium hat schon vor einigen Monaten ein Diskussionspapier zurNeujustierung der Profiloberstufe herausgegeben. Dieses Papier enthält sinnvolle Ideen. Allenvoran natürlich der Ansatz, die Informatik deutlich aufzuwerten. Aber es gibt auch die eineoder andere Lösungsmöglichkeit für die Probleme, die ich gerade erwähnt habe. Deshalb freueich mich, dass wir diese Dinge schon morgen in einer ganztägigen Veranstaltung weitervertiefen können. Natürlich haben auch wir eigene Vorstellungen für eine neue Oberstufen-Struktur. Aber ich möchte im Sinne der Betroffenen festhalten, dass diese Diskussion nicht nurmöglichst breit angelegt sondern auch ergebnisoffen geführt werden muss. Denn es gibt vielespannende Ansätze. Aber gleichzeitig besteht auch die Gefahr, Dinge zu verschlimmbessern. 3Ich hoffe, wir alle sehen die Herausforderungen, die eine voranschreitende Digitalisierung undGlobalisierung mit sich bringen. Allein dadurch steigen die Anforderungen an Berufsanfängerund Absolventen deutlich. Hinzu kommt, dass die Schülerschaft durch Inklusion aber auchdurch Zuwanderung heterogener wird. Diese Entwicklung gilt auch für Gymnasien und wirdvon mir ausdrücklich begrüßt. Aus Sicht des SSW haben aber auch langsam lernende oderanderweitig benachteiligte Schülerinnen und Schüler und natürlich auch zugewanderte Kinderund Jugendliche ein Recht auf den für sie höchstmöglichen Abschluss.Vor diesem Hintergrund sollten wir gemeinsam daran arbeiten, möglichst vielen jungenMenschen die Chance auf gute Bildung und eine qualifizierte Beschäftigung zu sichern. Oderanders gesagt: Es reicht nicht, wenn wir bei der Neugestaltung der Oberstufe nur dieStudierfähigkeit einzelner Schülergruppen im Blick haben. Wir müssen die jungen Menschendeutlich breiter qualifizieren, um ihnen wirklich gute Bildungschancen und Perspektiven zueröffnen. Und ich bin davon überzeugt, dass wir dieses Ziel auch durch individuellere undflexiblere Angebote und mehr Eigenverantwortung in der Oberstufe erreichen.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html