Jette Waldinger-Thiering: Auch Brexit-Beauftragte können nicht in die Zukunft schauen
Presseinformation Kiel, den 25.01.2019Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering TOP 10 Berufung einer/eines Brexit-Beauftragten Drs. 19/1071„Auch Brexit-Beauftragte können nicht in die Zukunft schauen“Die SPD-Fraktion will Schleswig-Holstein bestmöglich auf die Folgen durch den AustrittGroßbritanniens aus der Europäischen Union vorbereiten. Zu diesem Zweck sollschnellstmöglich ein Brexit-Beauftragter bzw. eine Beauftragte berufen werden. Diese Personsoll die Landesregierung bei der Bewältigung der Folgen beraten und dabei helfen, geeigneteStrategien zu entwickeln. Außerdem soll sie betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, Kommunenund Unternehmen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Alles Aufgaben und Herausforderungen,die wichtig sind weil sie leider sehr wahrscheinlich schon bald auf uns zukommen werden.Seit der Antrag im November gestellt wurde, ist bekanntlich viel passiert. Ob es tatsächlich denviel zitierten „Deal“ zwischen der EU und Großbritannien geben wird, war schon damalsungewiss. Aber mit der aktuellen Entwicklung auf der Insel rückt die Hoffnung darauf, dass eszumindest zu einem halbwegs geordneten Austritt kommt, in noch weitere Ferne. Aus Sichtdes SSW gibt diese Entwicklung allen Anlass zu Unsicherheit und Sorge. Wenn heute eins 2gewiss ist, dann ist es die Tatsache, dass Veränderungen auch auf Schleswig-Holsteinzukommen werden.Ein Austritt aus der Union ist beispiellos. Absehbar ist nur, dass dieser Schritt Auswirkungenauf Kommunen und Wirtschaft, aber auch auf viele andere Bereiche wie zum Beispiel dasAufenthaltsrecht, die Wissenschaft oder den Verbraucherschutz haben wird. Das stellt uns allevor eine große Aufgabe. Und das gilt ganz besonders für Unternehmen, die eng mit demVereinten Königreich zusammenarbeiten. Großbritannien ist viertgrößter HandelspartnerSchleswig-Holsteins. Und schon im April wird das Königreich aller Wahrscheinlichkeit nachnicht mehr zum EU-Binnenmarkt gehören. Dann ändern sich sämtliche Zoll- undEinfuhrregelungen. Diese Änderungen werden auch auf das schleswig-holsteinische Import-und Exportgeschäft durchschlagen. Da darf man sich nichts vormachen.Wenn es also um die Forderung geht, sich möglichst gut auf zukünftige Herausforderungenaus dem Brexit vorzubereiten, bin ich ganz bei der SPD. Noch dazu ist völlig klar, dass wir unshier regelmäßig mit dem Thema Brexit beschäftigen müssen. Aber aus meiner Sicht kann esjetzt nicht in erster Linie darum gehen, ob wir hierfür eine Beauftragtenstelle schaffen odernicht. Im Übrigen zweifeln wir daran, dass durch die Berufung eines oder einer Beauftragtendie gewünschte Brexit-Strategie für Schleswig-Holstein oder sogar ein fertigesBeratungskonzept entstehen kann. Viel wichtiger ist heute, dass dort wo es im Vorfeld möglichist, die gesetzlichen Grundlagen und damit die Rahmenbedingungen für Unternehmen und diebetroffenen Bürgerinnen und Bürger angepasst werden.Ein gutes Beispiel hierfür ist das Gesetz zur Regelung des Übergangszeitraums nach demAustritt, das gerade vom Bundestag beschlossen wurde. Dieses Gesetz tritt nur in Kraft, wennder britische Austritt vollzogen ist und die bis Ende 2020 geplante Übergangsphase eintritt. 3Hiermit verfolgt der Bundestag vor allem das Ziel, Rechtsklarheit für Bürger und Unternehmerwährend der Übergangsphase zu schaffen. So sollen zum Beispiel Anträge auf Einbürgerungvon Briten in Deutschland und umgekehrt in diesem Zeitraum weiter möglich sein. Es ist gutund richtig, dass Entsprechendes auch schon in Bezug auf unser Landesrecht geprüft wird. Wirhalten das für den richtigen Weg, weil hier vorausschauend und vor allem im Sinne derbetroffenen Menschen entschieden wurde.So bedauerlich dieser Schritt der Briten auch ist. Letztlich können wir für dieses unsichereSzenario doch keine allumfassende Strategie entwickeln. Entscheidend ist und bleibt der Wille,Brücken nicht abbrechen zu lassen und überall Unterstützung zu organisieren. Bund undLändern müssen vor allem dort helfen, wo es neue Formen der Zusammenarbeit mit unserenbritischen Freunden braucht. Keiner kann mit Sicherheit sagen, was uns mit dem Austritt desVereinigten Königreichs aus der EU erwartet. Fest steht nur, dass es Veränderungen gebenwird. Und wir sollten uns nicht davor scheuen, diese Veränderungen anzunehmen und dieHerausforderungen in den einzelnen Bereichen individuell anzugehen.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html