Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche: Bürgerbeauftragte stellt den ersten Tätigkeitsbericht vor
Nr. 197 / 6. Dezember 2018Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche: Bürgerbeauftragte stellt den ersten Tätigkeitsbericht vorDie Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein Samiah El Samadoni hat heute (Donnerstag) den ersten Tätigkeitsbericht der Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche vorgelegt. „Im Berichtszeitraum 2016 und 2017 haben sich insgesamt 416 Kinder und Jugendliche sowie Eltern oder andere Betroffene an die Beschwerdestelle gewandt. Das hat unsere Erwartungen weit übertroffen“, sagte El Samadoni. „Bis jetzt – also Dezember 2018 – hat sich die Zahl der Eingaben weiter erhöht: Insgesamt haben sich bisher 678 Ratsuchende an uns gewandt.“Das Amt der Ombudsperson in der Kinder- und Jugendhilfe war der Bürgerbeauftragten zum 1. Januar 2016 aufgrund der bekannt gewordenen Misshandlungen von Jugendlichen in den Einrichtungen der Jugendhilfe im Kreis Dithmarschen übertragen worden. Damit sollte eine niedrigschwellig erreichbare Ansprechpartnerin für Kinder und Jugendliche in stationären Jugendhilfemaßnahmen geschaffen werden. Ziel der ombudschaftlichen Beratung durch die Beschwerdestelle ist die möglichst einvernehmliche Lösung von Konflikten. Das wird durch einen Ausgleich von vorhandenen Wissens- und Machtasymmetrien erreicht. Die Betroffenen werden dabei wenn möglich so gestärkt und unterstützt, dass sie ihre Anliegen selbstbestimmt verfolgen und Konflikte auf Augenhöhe lösen können. Damit soll Kindern und Jugendlichen eine Stimme gegeben und sichergestellt werden, dass sie sich wirksam für ihre Belange einsetzen können und nicht nur Objekt von Maßnahmen sind.Während die Beschwerdestelle in allen Bereichen des SGB VIII berät, also auch im Bereich der ambulanten Hilfen oder Kita, liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit im Berichtszeitraum mit 121 Beratungen in dem Bereich der stationären Hilfen. Dabei entwickeln sich auch hier die Beratungszahlen steil nach oben: Bis November 2018 betrafen 230 Petitionen den Bereich der stationären Hilfen.Im Mittelpunkt der Arbeit steht dabei die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen, da diese sich oft nicht gehört oder gesehen fühlen. „Hier ist eine Verbesserung der Beteiligungsstrukturen sowohl in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe als auch im Rahmen der Hilfeplanung durch die 2Jugendämter dringend geboten“, erläuterte El Samadoni. Häufig hätten die Kinder und Jugendlichen das Gefühl, gegen die Übermacht der erwachsenen Fachleute nichts ausrichten zu können. Missstände könnten jedoch nur dann aufgedeckt und behoben werden, wenn Kinder und Jugendliche bestärkt würden, in ihren eigenen Angelegenheiten mitzubestimmen und von Beschwerdemöglichkeiten Gebrauch zu machen. „Alle Akteure in der Kinder- und Jugendhilfe haben im Berichtszeitraum große Anstrengungen unternommen, um die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen und zu verbessern. Gleichwohl ist dies ein Thema, das wie kein Zweites von der inneren Haltung der Erwachsenen bestimmt wird. Damit bleibt es auch ein dauerhafter Schwerpunkt in unserer Beratung“, betonte die Bürgerbeauftragte.Weiterhin regte El Samadoni an, die Schulpflicht auch auf die Kinder und Jugendlichen aus anderen Bundesländern auszuweiten, die in Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Schleswig-Holstein leben. In Schleswig-Holstein leben circa 3.000 Kinder und Jugendliche, die zwar in Schleswig-Holstein untergebracht, hier aber nicht schulpflichtig sind. Das Fehlen der Schulpflicht führt dazu, dass ein Teil der Kinder und Jugendlichen statt in den Regelschulen in sogenannten „schulvorbereitenden Maßnahmen“ heimintern unterrichtet werden. „Aus meiner Beratungspraxis sind mir konkrete Einzelfälle bekannt, in denen Kinder und Jugendliche aus anderen Bundesländern zum Teil über Jahre hinweg heimintern unterrichtet wurden“, äußerte die Beauftragte. Aus ihrer Sicht könne nur durch die Änderung des Schulgesetzes das Recht der Kinder und Jugendlichen auf Bildung und Teilhabe verlässlich sichergestellt werden.Auch mit Blick auf die Gewährleistung bundeseinheitlicher Standards drang die Bürgerbeauftragte darauf, ein System zu schaffen, das einen bundesweiten Datenaustausch hinsichtlich der von den Landesjugendämtern ausgesprochenen Tätigkeitsuntersagungen ermöglicht. Nach derzeitigem Stand spricht das zuständige Landesjugendamt im Falle einer fehlenden Eignung eines Mitarbeiters zwar eine Tätigkeitsuntersagung gegenüber dem Träger aus, wechselt der Mitarbeiter jedoch das Bundesland, kann das dann zuständige Landesjugendamt nicht auf die bisherigen Erkenntnisse zurückgreifen.Auch die weitere Werbung für die Beschwerdestelle bleibe wichtig, um die Kinder und Jugendlichen noch besser zu erreichen, unterstrich El Samadoni. Neben dem bestehenden Facebookprofil und der Möglichkeit für die Kinder und Jugendlichen, den Erstkontakt über Messengerdienste wie threema und whatsapp aufzunehmen, wurde unter www.beschwerdich.sh gerade ein weiterer Kommunikationskanal eröffnet. „Kinder und Jugendliche benutzen in der Regel nicht die Post oder das Fax. Durch die Eröffnung von weiteren kind- und jugendgerechten Kommunikationskanälen wollen wir unsere Erreichbarkeit noch weiter steigern“, so El Samadoni.