Lars Harms: Bürgerfreundlichkeit lohnt sich, auch in der Sprache
Presseinformation Kiel, den 07.11.2018Es gilt das gesprochene WortLars Harms: TOP 17 + 34 Bürgerfreundliche Sprache in der Verwaltung und Bericht „Barrierefreie Informationen zur Kommunalwahl“ Drs. 19/980 und 19/1002 „Bürgerfreundlichkeit lohnt sich, auch in der Sprache.“Die Lektüre des Berichts über barrierefreie Informationen zur Kommunalwahl istnatürlich ein Vergnügen. Es scheint, die Irritationen, die es noch zur letztenLandtagswahl gegeben hat, sind mehr oder weniger ausgeräumt. Die Landesregierungkann sich hier wohl ein bisschen auf die Schulter klopfen, die Resonanz aus denGemeinden und Kreisen ist durchweg positiv gewesen, keinerlei Beschwerden vonniemandem. Das erkennen wir beim SSW an und freuen uns darüber, denn die leichteSprache ist uns im Sinne von barrierefreier Wahlinformation ein besonders wichtigesAnliegen. Wahlen gehen schließlich alle Wahlberechtigten etwas an und deswegenstehen wir nach wie vor dazu, dass Wahlinformationen nicht nur in Regional- und 2Minderheitensprachen, sondern auch als Audioversion und in Migrantensprachenzugänglich sein sollten. Mindestens mit einem Hinweis auf denWahlbenachrichtigungen bis hin zur Onlinepräsenz. Wir selber haben 2017 sogarunsere wichtigsten Wahlforderungen in leichte Sprache übertragen lassen.Nun reicht leichte Sprache alleine aber nicht aus. Wir diskutieren hier ja den Vorschlag,in amtlichen Bescheiden von Landesbehörden Formulierungen zu nutzen, dieselbstverständlich rechtssicher sind, aber eben auch nachvollziehbar und verständlichformuliert. Vielleicht kennen sogar einige von Ihnen es: Post vom Amt lässt unsmanchmal schon ein bisschen zweifeln. Es ist nun mal einfach so, dass die meistenMenschen Probleme mit dem haben, was wir als „Behördendeutsch“ verstehen. Einerepräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach konnte schon 2008feststellen, dass 86 Prozent der Befragten, unabhängig vom Bildungsgrad,Schwierigkeiten beim Lesen und Verstehen von Behördenschreiben hatten.Manchmal werden Schriftstücke nicht um Fremdwörter und Fachbegriffeherumkommen. Verwaltungssprache wird immer auch Fachsprache bleiben. Aberbestimmte standardisierte Anschreiben, die keine Rechtstexte sind, amtlicheVordrucke mit vorformulierten Textbausteinen beispielsweise, könnten durchaus auchanders verfasst werden. Ohne Schachtelsätze, mit direkter Anrede, wenigerkategorisiert. Da ist dann natürlich die Kunst, den Spagat zwischen rechtssichererFormulierung und sprachlicher Transparenz zu schaffen. Wir denken aber es ist wirklichnoch Luft nach oben da, wenn es darum geht, dass in amtlichen Bescheiden ganzeinfach so formuliert wird, dass es auch der durchschnittliche Mensch ohne Jura-Studium verstehen kann. 3Mit der Kritik an Behördensprache sind wir nicht einmal besonders innovativ. Aus derSprachwissenschaft wissen wir, dass es schon im 18. Jahrhundert die gleiche Kritik amAmtsdeutschen gab wie heutzutage. Aber ich bin frohen Mutes, dass sich da imeinundzwanzigsten Jahrhundert mit ein bisschen gutem Willen und Schulungenunserer Verwaltung in Schleswig-Holstein einiges verändern ließe. Konzepte liegenausreichend vor. Es gibt Netzwerke, Agenturen und Institute, die sich derverständlichen Sprache im Deutschen widmen. Und der Blick nach Skandinavien zeigt:es geht bereits anders. In Schweden beispielsweise, wo die sprachenpolitische Debattegesellschaftlich viel breiter geführt wird, unterscheidet sich die Verwaltungssprachenur noch wenig von der Standardsprache.Nordrhein-Westfalen geht auch schon mit gutem Beispiel voran. In den letztenMonaten sind dort schon 600 Vordrucke auf Lesbarkeit hin überarbeitet worden. DieVerwaltung ist ein Serviceorgan für die Bürgerinnen und Bürger und soll in denverschiedenen Lebenssituationen unterstützen und nicht verkomplizieren.Bürgerfreundliche Schriftsprache sollte im eigenen Interesse der Verwaltung liegen.Manchmal sind es ja schon kleinere Sachen, die die Wirkung komplett verändernkönnen. Wenn man zum Beispiel schreibt: „Zögern Sie nicht, nachzufragen!“. Ich kannIhnen versichern, die Menschen zögern dann auch nicht. Bürgerfreundlichkeit lohntsich, auch in der Sprache.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html