Lars Harms: Entscheidung zum Taser nur mit den Polizistinnen und Polizisten
Presseinformation Kiel, den 7. November 2018Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 9 Gesetz zur Änderung des Verwaltungsgesetzes Drs. 19/100 ,, Wir leben in einem friedlichen Land mit sinkenden Kriminalitätszahlen. Das ist eine Tatsache, die manche Scharfmacher nur ungern zur Kenntnis nehmen.“Wenn Menschen durch einen Schusswaffeneinsatz sterben, ist meistens eine gewalttätigeAuseinandersetzung vorangegangen. Das ist allerdings eine absolute Ausnahme im Dienst derViertel Million Polizistinnen und Polizisten in Deutschland. Viele Polizistinnen und Polizistenkommen durch ihr Berufsleben, ohne ein einziges Mal ihre Waffe gegen Menschen eingesetzt zuhaben. Das zeigen auch die Statistiken: Prof. Clemens Lorei, der seit Jahren Statistiken über denGebrauch der Dienstwaffen führt, listet für 2017 bei insgesamt 75 zielgerichteten Schüssen aufPersonen 14 Todesopfer auf. Jedes Opfer gilt es zu beklagen. Aber auch die Beamten sind nachdem Schusswaffeneinsatz meistens traumatisiert und bedürfen einer professionellen Betreuungund Therapie. Die kleine Zahl macht aber noch einmal den absoluten Ausnahmestatus desSchusswaffengebrauchs deutlich. Uns als Parlament sollte es immer wieder eine 2Herzensangelegenheit sein, das zu betonen: Wir leben in einem friedlichen Land mit sinkendenKriminalitätszahlen. Das ist eine Tatsache, die manche Scharfmacher nur ungern zur Kenntnisnehmen.Dennoch ist der Schusswaffengebrauch, wie ich in Gesprächen mit Polizisten und auch mit denGewerkschaften höre, ein Thema, das den Kollegen oben auf liegt. Sie wollen möglichstüberhaupt niemanden verletzen und deswegen greifen sie auch ungern zur Waffe. Diesogenannte Zwangsmittellücke zwingt sie aber dazu. Das zeigte auch der tragische Vorfall in BadOldesloe. Dort war ein Mann mit einem Messer nicht durch beschwichtigende Worte oder denSchlagstock in Schach zu halten. Ohne Taser kommt die Schusswaffe also in solchen Fällen fastzwangsläufig zum Einsatz. Eine Deeskalation ist nämlich nicht mehr zu bewerkstelligen. Darumdann der Griff zur Schusswaffe.Auch das gilt es zu berücksichtigen.Laut Wikipedia schränken 13 Bundesländer in ihren Polizeigesetzen das Grundrecht auf Leben ein,wenn es gilt, anderes Leben zu retten. Dieser Tatbestand des finalen Rettungsschusses ist seitJahren Thema tausender juristischer Hausarbeiten, weil sich an ihm so gut das Abwägen vonPrinzipien üben lässt. Ein Polizist, der in Sekundenbruchteilen überlegen muss, ob er abdrücktoder nicht, kann solche juristischen Spitzfindigkeiten im Einsatz nicht durchdenken. Er musshandeln und abwägen, ob ein Schuss den Täter stoppt oder gefährdet. Gerade darum kommt derRuf nach einer transparenten und klaren Neuregelung aus den Reihen der Polizei selbst.Der Landtag ist verpflichtet, diesem Wunsch nachzukommen. Geiselnahmen oder Täter, die nichtdavon ablassen, ihre Opfer zu verletzen, müssen gestoppt werden. Damit ist es unsere Aufgabe,festzulegen, wie das zu geschehen hat. Das bedeutet aber, dass zunächst eine sorgfältigeAbwägung in den Beratungen stattfinden muss. Dazu müssen die Erfahrungen der Polizei 3miteinfließen: die der hiesigen, aber auch der Polizistinnen und Polizisten aus anderenBundesländern.Genau das Gesagte gilt für die Anschaffung von Tasern für den Polizeidienst. Das Wort ist jaschon irreführend, denn es gibt viele Varianten der Distanz-Elektroimpulsgeräte. EinHandtaschentaser ist etwas ganz anderes als das Gerät, das Profis zur Verfügung steht. DieseGeräte ähneln schon rein optisch einer Pistole und schießen aus einer Distanz von drei bis fünfMetern mit Draht verbundene Pfeile ab. Der Pfeil dringt in die Haut ein und gibt einenStromimpuls mit hoher Spannung ab. So wird ein Mensch handlungsunfähig gemacht und kannüberwältigt werden. In Bayern liegen Erfahrungen mit den Taserpistolen vor, aber nur seitens derSondereinsatzkommandos. Der Taser kommt derzeit nicht einmal im konservativen Bayern imStreifendienst zum Einsatz. Warum nicht? Ist die Schulung zu aufwendig oder fühlen sich dieStreifenpolizisten mit zu vielen Einsatzgeräten am Gürtel im wahrsten Sinne des Wortes für denRoutineeinsatz überladen? Das sollte man herausfinden, bevor wir die Geräte anschaffen. Darumsteht ja auch eine Pilotstudie in Schleswig-Holstein an. Ich unterstütze dieses Vorgehenausdrücklich. Taser sind nämlich gefährlich, weil sie bei herzkranken Zielpersonen durchaus zumHerzstillstand führen können. Allerdings in manchen Fällen wäre die Alternative eben die nochgefährlichere Pistole.Wir sollten einen Gesetzentwurf zusammen mit den Polizistinnen und Polizisten, zusammen mitdem Polizeiamt und nicht zuletzt unter Heranziehung so vieler Erfahrungen wie möglicherarbeiten.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html