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07.11.18
11:33 Uhr
SSW

Lars Harms: Für ein dauerhaftes Gedenken an diese mutigen Menschen

Presseinformation Kiel, den 07.11.2018

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 26 100 Jahre Matrosenaufstand – für eine starke Demokratie! Drs. 19/1021

„Wir sollten mit Stolz und Ehrfurcht über diese mutigen Menschen berichten!“


Die Ziele des Matrosenaufstandes waren vielseitig und teilweise sogar politisch
uneinig. Erstmal ging es einfach um ein Ende des Hungerns, ein Ende des Sterbens. Das
Ende eines Krieges, mit Ausmaßen, die man vorher so noch nicht gekannt hatte. Denn
während im Oktober 1918 schon klar war, dass das Deutsche Reich den Krieg nicht mehr
gewinnen würde, während die Reichsregierung in Berlin schon in
Friedensverhandlungen steckte, existierte in der Marineführung noch die Vorstellung
eines rumvollen, glorreichen Untergangs, ganz auf Linie mit einem vollkommen
übersteigerten Nationalismus. Die Pläne der Marineführung, die die kaiserliche Flotte
in eine letzte große Schlacht gegen die britische Marine beordern wollte, waren der
Auslöser für den Aufstand der Matrosen vor Wilhelmshafen. 2



Das Meutern der Matrosen wandte sich gegen einen erbarmungslosen Befehl, der
aufgrund einer wahnwitzigen Vorstellung von Ehre in den absolut sinnlosen Tod
geführt hätte.
Das Dritte Geschwader der Marine wurde nach Kiel beordert, 1000 Matrosen wurden
inhaftiert. Aber Arbeiter und Matrosen verbündeten sich, der Funke des Aufstands der
Matrosen mündete, so könnte man wohl sagen, in die Novemberrevolution, zum Sturz
der Monarchie im Deutschen Reich und schließlich in eine parlamentarische
Demokratie: die Weimarer Republik.



Die Forderungen der Marineangehörigen und Soldaten, die sogenannten „14 Kieler
Punkte“, die sich innerhalb weniger Tage durch ganz Deutschland verbreitet hatten,
beinhalteten nicht nur Ideen zur Militärreform, sondern auch ganz grundlegende
Werte, die wir heute so noch unterschreiben können: die Rede- und Pressefreiheit
sowie keine Zensur. Am 09. November 1918 wurde die Republik ausgerufen, zweifach
sogar. Einmal unter bürgerlich-demokratischem, einmal unter sozialistischem
Vorzeichen. Hundert Jahre sind diese Ereignisse erst her. Hundert Jahre
Matrosenaufstand, über hundert Jahre Kampf für Demokratie. Und wir merken ja
immer wieder, dass es eine fortwährende Aufgabe unserer Gesellschaft bleibt, für
Demokratie, Freiheit und Menschenrechte zu kämpfen.



Geschichte wird oft dann besonders spannend, wenn sie erlebbar wird. Wenn wir einen
Bezug zu uns selbst herstellen können. Und bei diesen historischen Ereignissen ist es
selbstverständlich vollkommen gerechtfertigt, auf die besondere Rolle der Akteure in 3
unserer Landeshauptstadt hinzuweisen. Es gab einen Festakt im Gewerkschaftshaus,
Gottesdienste, sogar in der Oper wurde den Matrosen gedacht. Wir brauchen aber
auch etwas Dauerhaftes!



Es ist nicht unbedingt so, dass Erinnerungsorte an den Aufstand der Matrosen
unmittelbar ins Auge stechen. Viele der historischen Orte dienen nun natürlich
anderen Zwecken oder sie existieren schlicht auch einfach nicht mehr. Deshalb ist es
für den SSW besonders wichtig, dass wir dafür sorgen, dass wir die Erinnerung an und
das Wissen über den Aufstand der Matrosen und dem, was darauf folgte, mit Hilfe der
bereits existierenden Ausstellungen öffentlich zugänglich halten.
Deswegen haben wir schon im März dieses Jahres über eine Kleine Anfrage um
Auskunft darüber erbeten, welche Anschlussnutzung der Wanderausstellung
vorgesehen ist. Damals haben wir nur ausweichende Antworten erhalten;
Möglichkeiten für eine Anschlussnutzung würden geprüft, eine Weiterverwendung der
Schauwände sei sicherlich sinnvoll. Und jetzt, im Oktober, bekamen wir über die
Haushaltsfragen die Antwort, dass über eine Anschlussnutzung noch immer keine
Entscheidung getroffen worden sei. Genau das wollten wir aber mit unserem Antrag
sicherstellen. Von daher freut es uns sehr, dass wir uns nun einig sind, dass es sich
lohnt, die Ausstellungen zu erhalten. Wir brauchen nicht nur eine virtuelle Ausstellung,
sondern auch einen Ort, wo man den Matrosenaufstand direkt nachempfinden kann.
Und das geht nur, wenn die Exponate erhalten und ausgestellt werden. In Kiel ist
selten deutschlandweite Geschichte geschrieben worden. Hier ist es aber der Fall und
deshalb sollten wir mit einem gewissen Stolz und mit Ehrfurcht über diese mutigen
Menschen in einer festen Ausstellung berichten. 4
Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html