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28.09.18
14:38 Uhr
SPD

Birte Pauls zu TOP 18: Die SPD will Kinder bei der Beteiligung an Pflegekosten der Eltern entlasten

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

Kiel, 28. September 2018



TOP 18: Elternunterhalt bei Pflege neu regeln (Drs. 19/938, 19/981)



Birte Pauls
Die SPD will Kinder bei der Beteiligung an Pflegekosten der Eltern entlasten

Ich möchte mit einem Zitat beginnen: „Auf das Einkommen der Kinder von pflegebedürftigen Eltern soll künftig erst ab einem Einkommen in Höhe von 100.000 Euro im Jahr zurückgegriffen werden.“ Meine Damen und Herren von der CDU , Sie dürfen klatschen, denn darauf hat sich die große Koalition im Bund in ihrem Koalitionsvertrag verständigt. Eigentlich hätten sie alle klatschen können, denn fast wäre es außer dem letzten Halbsatz zu einem gemeinsamen Antrag der demokratischen Parteien gekommen. Und das ist gut und richtig so. Es gibt viel Verunsicherung und Ängste bei den Kindern von pflegebedürftigen Eltern. Denn Kinder sind ihren Eltern zum Unterhalt verpflichtet, wenn diese ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst bezahlen können. Hinzu kommt, dass aufgrund der geltenden Selbstbehalte und Freigrenzen der individuell zu leistendem Unterhalt im Einzelfall nur schwer überblickt werden kann. Nicht immer gibt es das Haus oder andere Vorsorgemöglichkeiten der Eltern, die für die Zahlung des Eigenanteils der Pflegekosten ausreichen. Damit Sie einen Eindruck von den Summen haben, über die wir hier reden ein Beispiel, dass mir gerade aktuell von einer Angehörigen geschildert wurde: Die Mutter ist schwer dement und hat den Pflegegrad 5 anerkannt bekommt. Sie lebt in einem Heim mit durchschnittlicher Ausstattung in einem Doppelzimmer ohne eigenes Bad mit einer anderen ihr fremden Person. Es gibt für diese Dame und ihren Angehörigen keine Privatsphäre, weder im Wohnbereich des Zimmers noch in anderen Gemeinschaftsräumen. Das 2



therapeutische Angebot ist überschaubar, weshalb sich die Tochter aktiv in die Versorgung einbringt. Dafür bezahlt die Dame monatlich 2009 €, die sie aus der Pflegeversicherung bekommt plus aktuell 1700€ Eigenanteil. Das sind insgesamt 3709 €. Kurzfristige Schreiben über Erhöhungen von 370€ macht das für Angehörige auch nicht einfacher.
Es ist klar, dass sich das nicht jeder leisten kann. Und es macht deutlich, dass die Pflegeversicherung eben doch nur eine Teilkaskoversicherung ist. Würde die Dame zuhause versorgt werden, was sie sich sehr wünscht, bekäme sie dafür 901 Euro. Ein kleiner Blick nach Dänemark, wo die Pflege eine öffentliche Aufgabe ist. Dort werden jetzt sogenannte Pflegewohnungen angeboten. Dafür bezahlt man eine Warmmiete und den Stromverbrauch, evtl. eine Kaution. Alle anderen Leistungen werden vom Staat übernommen. Und mitnichten werden die Kinder für Kosten herangezogen. Die meisten Pflegebedürftigen werden bei uns also zu Sozialhilfeempfängern, laut Paragraph 61, SGBXII „ Hilfe zur Pflege“. Die Sozialämter agieren sehr unterschiedlich, wenn es darum geht, sich die Kosten von den Kindern erstatten zu lassen. Ob und in welcher Höhe ein Kind Elternunterhalt zahlen muss, wird vom örtlichen Sozialamt geprüft und hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Dieser Prüfvorgang ist ein erheblicher bürokratischer Aufwand, der auch oft zu Konflikten führt. Die Kinder müssen ihre finanziellen Verhältnisse offenlegen, in Ehen auch das Schwiegerkind, obwohl dieses gegenüber den Schwiegereltern gar nicht unterhaltspflichtig ist. Wenn es dann noch in den Familien zu früheren Streitereien oder Entfremdung gekommen ist, wird es für alle Beteiligten sehr unangenehm.
Der Selbstbehalt der Kinder wird individuell berechnet. Der Mindestselbstbehalt beträgt allerdings 1800€ incl. 480€ Warmmiete. Wo gibt es das denn noch? Der Sozialverband Deutschland und die Pflegestützpunkte berichten über hohe Beratungszahlen diesbezüglich. Auch die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten Frau Samiah El Samadoni macht in ihrem Bericht 2017 auf diese Problematik aufmerksam. All das ist ja erkannt, wie gesagt. Es steht im Koalitionsvertrag auf Bundesebene. Wir können aber durch eine Bundesratsinitiative für eine schnellere Umsetzung sorgen. Lassen sie es uns zum Wohle der Pflegebedürftigen und ihren Kindern tun. Denn auch dieser Umgang hat etwas mit Würde zu tun.