Jette Waldinger-Thiering: Die Berufliche Bildung darf nicht Spielball der Interessen werden
Presseinformation Kiel, den 28.09.2018Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering TOP 23 Ein Ministerium für alle Schulen Drs. 19/949 und 19/975 „Berufliche Bildung konsequent stärken und nicht durch Experimente verunsichern“Die Überschrift für den Ursprungsantrag und diesen Tagesordnungspunkt ist für vieleAußenstehende verwirrend. Fast alle halten es für logisch und geboten, dass es einMinisterium gibt, das für das Thema Schule zuständig ist. Und zwar ausnahmslos für alleSchulen im Land. Ich wurde deshalb mehrfach gefragt, ob die SPD hier nicht etwasSelbstverständliches fordert. Doch CDU, Grüne und FDP haben schon im Rahmen derKoalitionsverhandlungen erkennen lassen, dass sie tatsächlich andere Pläne haben. Ganzkonkret will Jamaika die Zuständigkeit für die berufliche Bildung ins Wirtschaftsministeriumverlagern. Vor diesem Hintergrund begrüßt es der SSW ausdrücklich, dass die SPD dieseForderung auf die Tagesordnung setzt. 2Ich halte es für sehr bedauerlich, dass ausgerechnet die Berufliche Bildung zum Spielball derInteressen wird. Denn sie bekommt leider längst nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdient.Frühkindliche Bildung, Schule oder Hochschule sind hier regelmäßig Thema. Aber die BeruflicheBildung nur selten. Dabei kommen über zwei Drittel der jungen Menschen in Schleswig-Holstein auf dem Weg ins Arbeitsleben mit diesem System in Berührung. Es ist internationalhoch angesehen und leistet einen ganz erheblichen gesellschaftlichen undvolkswirtschaftlichen Beitrag für unser Land. Die Berufliche Bildung ist damit alles andere alsein Randthema. Sie ist eine gleichwertige und unverzichtbare Säule unseres Bildungswesens.Und wir sollten sie weiterentwickeln und stärken, anstatt all diejenigen, die hier lehren undlernen durch Zuständigkeits- und Aufsichtsfragen zu verunsichern.Wir dürfen uns nichts vormachen: Die Herausforderungen für unsere beruflichen Schulenwerden in Zukunft größer und nicht kleiner. Die Digitalisierung und Globalisierung derArbeitswelt bringen gravierende Veränderungen mit sich. Teilweise entstehen in kurzer Zeitganz neue Berufsfelder. Diese Dynamik stellt die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften vorimmer neue Anforderungen. Vor diesem Hintergrund müssen Bildungsprozesse ständigangepasst und die Inhalte möglichst flexibel gestaltet und weiterentwickelt werden. Dasbedeutet, dass wir hier dringend effiziente und zukunftsfeste Strukturen und eineentsprechende finanzielle und personelle Ausstattung brauchen.Deshalb bleibt es aus meiner Sicht auch völlig richtig, die fachlichen und personellenRessourcen in einem eigenständigen Landesinstitut zu bündeln. Hier müssen dannkonsequenterweise natürlich alle Ausbildungsberufe zusammengeführt werden. Ich bin festdavon überzeugt, dass sich ein solches Institut für Berufliche Bildung deutlich zielgerichteterum die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte, die Weiterentwicklung der Beruflichen Schulenund die enge Zusammenarbeit mit dem allgemeinbildenden Bereich kümmern kann. Letztlich 3müssen wir zu einem schlüssigen Gesamtkonzept kommen, das die Berufliche Bildung mitdualer Ausbildung und den weiteren Ausbildungsgängen an den beruflichen Schulen ebensoumfasst, wie die Fort- und Weiterbildung und den Übergang Schule-Beruf.Es ist schön und gut, dass CDU, Grüne und FDP die Notwendigkeit für ein solches Institut teilen.Aber es ist aus meiner Sicht der falsche Weg und wirklich besorgniserregend, dass das SHIBBbeim Wirtschaftsministerium angesiedelt werden soll. Nicht zuletzt das Gutachten vonProfessor Wrase warnt eindringlich vor diesem Schritt. Und zwar aus unterschiedlichenGründen. Die geplante Aufspaltung der Zuständigkeiten der Schulaufsicht über dieallgemeinbildenden und die berufsbildenden Schulen ist zum Beispiel überhaupt nicht imSchulgesetz vorgesehen und verfassungsrechtlich bedenklich. Noch dazu soll das Ganze ohneergebnisoffene Prüfung durch Experten und ohne parlamentarischen Beschluss passieren.Und zum anderen, und für mich noch viel schwerwiegender, ist die Tatsache, dass hier ein ganzwesentlicher Teilbereich der Bildung einseitig wirtschaftlichen Interessen untergeordnetwerden soll. Das Hin-und-her bei G8 und G9 hat uns doch eindrucksvoll gezeigt, dass so etwaszu Beliebigkeit und zu erheblicher Unsicherheit führt. Das geht aus Sicht des SSW auch bei derBeruflichen Bildung überhaupt nicht, und muss dringend korrigiert werden.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html