Jette Waldinger-Thiering: Wir wollen gelebte Demokratie lehren
Presseinformation Kiel, den 28.10.2018Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering TOP 26 Demokratiebildung stärken Drs. 19/966 „Wir müssen Demokratie erklären, reflektieren, verbessern und vor allem zum Mitmischen ermutigen.“Demokratie und Bildung. Wie Sie wissen zwei SSW-Lieblingsthemen.Zu Demokratiebildung gehört für uns in hohem Maße gelebte Demokratie undTeilhabe an Entscheidungsprozessen. Und das fängt schon mit der frühkindlichenPartizipation an.Das Kinder- und Jugendhilfegesetz ist da ja auch ganz eindeutig formuliert."Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen siebetreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen." Hier gibt eskeinerlei Altersbegrenzungen, also gilt das auch uneingeschränkt fürKindertageseinrichtungen. 2Kinder sollen hier lernen, eine eigene Haltung zu entwickeln. Wir wollen mündigeKinder. Sie sollen sich damit auseinandersetzen und Einfluss darauf haben, was ihrenAlltag in der Kindertagesstätte ausmacht. Was gibt es zu essen, wie werden dieSpielzeiten im Sandkasten geregelt und wie gehen wir miteinander um.Nicht zuletzt: wie streiten wir politisch.Wie wir es, dieses Beispiel liegt nahe, an diesem Ort immer wieder selbst erleben, ist eswichtig, auch in der Meinungsverschiedenheit konstruktiv im Umgang zu bleiben.Einander zuhören, Kompromisse eingehen, sich überzeugen lassen oder eben auchnicht, für die eigene Sichtweise einstehen und es aushalten können, keine Zustimmungzu bekommen.Deswegen freue ich mich auf das Jahr 2019 als „Jahr der politischen Bildung“.Und das ist kein Vorhaben, das den jungen Leuten ungewollt übergestülpt wird, das istbesonders zu betonen. Sie fordern es selbst.Der Junge Rat der Stadt Kiel setzt sich für den verpflichtenden WiPo-Unterricht an allenweiterführenden Schulen bis zum Ende der Mittelstufe ein.Und auch die Landesschülervertretung wünscht sich insgesamt mehr Politik in derSchule, aber im speziellen auch Wirtschaft und Politik als verpflichtendes Fach ab dersiebten Klasse. Und zwar nicht als Fach „Weltkunde“, das Geographie, Geschichte undWirtschaft/Politik vereint, sondern ausdifferenziert in unterschiedliche Stunden, dieRaum für die Vertiefung in die verschiedenen Bereiche bieten.Wir vom SSW unterstützen diesen Hinweis, er leuchtet ein. Unsere jetzigenLehramtsstudierenden bringen in Regelstudienzeit mindestens 12 Semester damit zu,die unterschiedlichen Studienfächer für sich zu studieren, und eignen sich so viel 3Wissen an, dass es sich lohnt, dieses auch ausdifferenziert in eigenständige Fächer andie Schülerinnen und Schüler weiterzuvermitteln.Dabei ist ein Problem leider jetzt schon zu sehen, uns fehlen die Lehrkräfte für denWiPo-Unterricht. Aus Sicht des SSW sollte deswegen das Fach Wirtschaft/Politik, wiewir es kürzlich auch für den Informatikunterricht beschlossen haben, bis zum01.02.2019 als Mangelfach eingeordnet werden.Es ist genau der richtige Weg, regionale Verbände und Vereine und Gedenkstätten hiermit ins Boot zu nehmen und natürlich auch unseren Landesbeauftragten für politischeBildung fest einzubinden, der mit seinem Team eine wirklich hervorragende Arbeitleistet.Wie müssen aber auch an diejenigen denken, die wir im schulischen Bildungssystemnicht mehr erreichen. Dann wird Demokratiebildung auch eine Sache derWeiterbildung. Für das lebenslange Lernen muss die Weiterbildung endlich alsgleichberechtigte Säule des Bildungssystems gewertschätzt werden, wir brauchen hierwirklich einen Bewusstseinswandel.Diese Maßnahmen sollen dazu führen, Demokratiefeindlichkeit gar nicht erst gedeihenzu lassen. Wir müssen Demokratie erklären, reflektieren, verbessern und vor allem zumMitmischen ermutigen. Denn, wie wir ja auch gestern wieder exemplarisch vernehmenkonnten, auch das erfolgreiche Durchlaufen des Bildungssystems bis zumakademischen Abschluss bewahrt uns nicht vor demokratiefeindlichen Aussagen. Esmuss eben auch um Wertevermittlung gehen. Um Freiheit und um Toleranz, um das 4Einhalten von Menschenrechten und das unglaubliche Glück, das wir haben, dass wir indiesem Land friedlich miteinander zusammenleben.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html