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27.09.18
17:29 Uhr
SSW

Lars Harms: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist als Gegenmodell zum NS-Staatsfunk entstanden - gut so!

Presseinformation Kiel, den 27.09.2018

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 22 Öffentlich rechtlicher Rundfunk auf den Prüfstand Drs. 19/947

„Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk
und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“


Es mag nun nicht allzu überraschend sein, aber bei einer Sache können wir uns nach
nur einem Jahr sicher sein: Die Vorstöße der AfD für den öffentlich-rechtlichen
Rundfunk sind nur allzu vorhersehbar. Inhalte begrenzen, Mittel entziehen, seine
Attraktivität einschränken. Und eigentlich am liebsten abschaffen, was nicht
privatwirtschaftlich arbeitet.



Der erste Punkt ist der Ruf nach einer grundlegenden Reform, die den öffentlich-
rechtlichen Rundfunk dahingehend in seinem Programm beschränkt, dass er nur noch
„Informations-, Bildungs- und Kultur“-formate sendet. Besonders die 2
Sportberichterstattung ist der AfD ein Dorn im Auge. Mich wundert das nicht, Sie
haben hier noch nie fairen Sportsgeist gezeigt. Und eines verrate ich Ihnen schon
vorab, nehmen Sie es als gut gemeinten Tipp. Wenn Sie den Deutschen den Fußball
nehmen wollen, dann bringen Sie das Volk wirklich gegen sich auf.
Sport ist Teil der öffentlich-rechtlichen Fernsehlandschaft und dazu gehört die Live-
Übertragung großer Ereignisse. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen ist dabei, anders
als die Privaten, angehalten, die Sportrechte zu vernünftigen Preisen einzukaufen.
Deswegen sehen wir beispielsweise die Champions League nicht im ZDF – noch nicht
einmal als Zusammenfassung am späten Abend. Eigentlich müsste man hier,
wie in anderen Ländern, eher darüber nachdenken, dass Sportereignisse, wenn nicht
live, dann doch zumindest als Zusammenfassung Teil des öffentlichen Auftrages der
Rundfunkanstalten und damit kostenlos sein müssen.
Was die öffentlich-rechtlichen aber stattdessen ausgezeichnet leisten können – und
das ist wirklich eine sinnvolle Sache- ist, dass sie Sport kontextualisieren, über Doping
und Korruptionsfälle diskutieren und problematisieren, wie die Auswahl der
Austragungsorte abläuft.
Hieran wollen wir nicht rütteln.



Der zweite Punkt ist der, dass Spartensender eingestellt werden sollen. Spartensender
wie ZDFinfo beispielsweise, oder ZDFkultur. Ausgewiesene Bildungs- und Kultursender,
nebenbei bemerkt. Tagesschau24 wäre damit in Gefahr, der pure Informationssender.
Und nicht zuletzt der KIKA, womit Sie nicht nur quengelnde Kinder, sondern auch deren
entgeisterte Eltern auf der Türschwelle hätten. 3
Und, um es mal ganz persönlich zu machen, wenn Sie mir versuchen den Rockpalast im
WDR zu nehmen und mich damit nötigen, wieder auf nasse, kalte Festivals zu gehen,
statt sie gemütlich im Wohnzimmer im Fernsehen zu sehen, dann hört auch bei mir der
Spaß auf.



Und der dritte Punkt ist dann wieder die Rundfunkgebühr. Scheinbar Dauerbrenner
und ewiger Aufreger für die AfD. Hinter dem Rundfunkbeitrag steht das Solidarprinzip.
Offensichtlich hat die AfD nicht nur in diesem Bereich Schwierigkeiten mit dem
Grundgedanken der Solidarität. Durch dieses Solidarsystem können Angebote
produziert werden, die nicht nur für die Mehrheit der Menschen interessant sind,
sondern auch, da weisen wir immer wieder drauf hin, auf Minderheiten ausgerichtet
sind. Der MDR beispielsweise sendet auch für die sorbische Minderheit in sorbischer
Sprache. Und es ist kein Geheimnis, dass der SSW, immer wenn wir auf dieses Thema
zu sprechen kommen, anbringt, dass wir uns für unseren Landesteil mehr Angebote in
den Minderheitensprachen Schleswig-Holsteins wünschen.



Es ist der gesellschaftliche Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, allen
Bürgerinnen und Bürgern Deutschlands einen freien Zugang zu Information, Bildung,
Kultur und Unterhaltung zu sichern. Und dabei ist ausdrücklich eine größtmögliche
Vielfalt in der Berichterstattung gewünscht.



Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist im Nachkriegsdeutschland als Gegenmodell zum
NS-Staatsfunk entstanden. Seiner Arbeit liegt nichts weniger als das Grundgesetz zu 4
Grunde. Artikel 5, Absatz 1: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung
durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“
Man muss es Ihnen scheinbar immer wieder so deutlich sagen. Wir können uns
glücklich schätzen, diese hervorragende Errungenschaft nutznießen zu können. Sie
ist ein hohes Gut und offenbar gilt es, sie immer wieder gegen rechtsextreme
Angriffe zu verteidigen. Aber das tun wir gerne, denn die öffentlich-rechtlichen
Sender garantieren Qualitätsjournalismus, Unabhängigkeit und Seriosität. Und da
darf dann gerne auch etwas Sport und Musik dabei sein.


Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html