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26.09.18
11:26 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zur Aktuellen Stunden zur Informationspolitik des Innenministers

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 1 – Aktuelle Stunde zur Informationspolitik des Innenmi- Pressesprecherin nisters zu den Vorfällen in Boostedt Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt die Vorsitzende der Landtagsfraktion von Bündnis Düsternbrooker Weg 70 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Eka von Kalben: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 345.18 / 26.09.2018



Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
zum Thema der Aktuellen Stunde hat Innenminister Grote im Innenausschuss alles ge- sagt. Offensichtlich auch zur Zufriedenheit der AfD, die keine Fragen oder Kommentare hatte. Aber vielleicht ging es der AfD nicht um Aufklärung. Vielleicht ging es nicht da- rum, wirklich abzuwägen, welche Taten, wann, wie der Öffentlichkeit mitgeteilt werden. Vielleicht ging es einfach mal wieder darum, rassistische Thesen aufzustellen. Vielleicht ging es darum, ein Bild von meuchelmörderischen Menschen zu zeichnen, die unser Land belagern.
Es gab 2017 67 Fälle von Mord und Totschlag inklusive Versuch in Schleswig-Holstein. Demnach würden wir bei konsequenter Berichterstattung wöchentlich über mindestens einen Mord diskutieren. Was also hebt diesen Fall hervor, außer dass er der AfD in die Agenda passt?
Der Fall spielte sich in einer sehr umstrittenen Aufnahmeeinrichtung ab und erzeugte bei den Menschen, die sich sowieso schon fürchten, noch mehr Angst. Seit Jahren füh- ren wir reflexhafte Debatten. Mindestens seit der Silvesternacht in Köln. In der damali- gen Aktuellen Stunde, wollten wir hier auch darüber reden, dass Sexismus und Gewalt gegen Frauen ein Problem in allen Kulturen ist. Das ist zwar ein Fakt, wurde aber von der damaligen Opposition hier im Haus stark gerügt.
Und daran zeigt sich, dass es in den Debatten oft nicht um Fakten geht, sondern um Gefühle. Und das macht es so schwierig. Was nützt es Menschen, die Ängste haben, wenn ich Ihnen die Kriminalstatistik vorhalte und ihnen klar mache, dass die Zahl der Gewaltdelikte zurückgeht. Was nützt es Menschen, die mit Fremdheit und einer ande- ren Religion Probleme haben, wenn ich ihnen erzähle, wie sehr unsere Gesellschaft von dieser Vielfalt gewinnt.
Seite 1 von 2 Damit erreiche ich niemanden. Erreicht werden die Menschen von denjenigen, die ihre Ängste bedienen und anstacheln, die eine Beziehungstat unter Geflüchteten anders bewerten, als eine Beziehungstat zwischen Menschen mit deutschem Pass. Die jede Situation nutzen, um ihr düsteres Bild von Deutschland und von Schleswig-Holstein zu zeichnen.
Das dürfen wir nicht zulassen. Dieses Land ist besser, als sie es machen wollen, liebe AfD. Wie kann es also gelingen, Ängste ernst zu nehmen ohne Ängste zu schüren? Durch Zuhören, durch Reden, durch Kennenlernen, durch gezieltes Nachfragen. Oft kommt nämlich nach einem diffusen Angstgefühl eine eigene Lebensgeschichte heraus. Da geht es um Enttäuschungen, verpasste Chancen, gefühlte Ungerechtigkeiten. Da geht es um Arbeit, Rente, Pflege, Zukunft der Kinder und um viel Frust auf die Politik.
Wir haben eine große Aufgabe vor uns: Wir müssen Menschen Perspektiven geben. Denen, die hier geboren sind und denen, die kommen. Da macht es keinen Sinn, sie über lange Zeit in Aufnahmezentren zu bündeln, egal wie sie heißen. Die Fehler der 90er Jahre, auf die Integration vieler zu verzichten, sollten wir nicht wiederholen. Wenn selbst Wolfgang Schäuble das so sieht, hat sich wirklich etwas verändert im Land.
Wir brauchen schnelle Verfahren und schnelle Entscheidungen. Wenn Menschen jahre- lang mit unklarer Perspektive bei uns sind, erschwert das das Miteinander enorm. Und wir brauchen Aufnahmezentren im Land und Aufnahmen in den Kommunen, die eine gute Betreuung gewährleisten. Da sind wir schon sehr weit und doch noch nicht fertig.
Und vor allen Dingen haben wir ein massives Problem mit struktureller Gewalt gegen- über Frauen. Und zwar in der gesamten Gesellschaft – unabhängig von der Nationalität. Deshalb brauchen wir konsequente Ahndung von sexuellen Übergriffen und vor allem Präventionsarbeit. Wir brauchen Frauenhäuser und Maßnahmen, die die Frauen stär- ken. Wie zum Beispiel das Kieler Projekt HAYATI. Und wir müssen Regeln aufstellen und durchsetzen, wie wir das Verhältnis der Geschlechter bei uns geregelt haben wol- len.
Das sind viele Herausforderungen und ich danke dem Innenminister für seinen Teil an dieser schwierigen Arbeit, die er aus meiner Sicht hervorragend durchführt. Und ich bin sicher, dass er auch in Zukunft uns und die anderen Bürger und Bürgerinnen transpa- rent informieren wird. Aber ohne jede Straftat, die täglich begangen wird, zu einer Pres- semitteilung zu machen.
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