Antidiskriminierungsstelle: EuGH stärkt Rechte von kirchlichen Arbeitnehmern
Nr. 143 / 19. September 2018Antidiskriminierungsstelle: EuGH stärkt Rechte von kirchlichen ArbeitnehmernDer Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich mit Urteil vom 11. September 2018 erneut zur Frage der Diskriminierung von kirchlichen Arbeitnehmern geäußert. Demnach stellt die Kündigung eines katholischen Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus aufgrund einer zweiten Ehe eine Diskriminierung dar. Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Landes Samiah El Samadoni begrüßte die Entscheidung.„Es ist vollkommen richtig, dass die Einhaltung von religiösen Grundsätzen des Arbeitgebers nur dann Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben kann, wenn sie eine wesentliche Anforderung der beruflichen Tätigkeit ist“, erklärte El Samadoni. In dem zugrunde liegenden Fall wurde einem katholischen Chefarzt eines katholischen Krankenhauses gekündigt, weil er erneut heiratete. Der Arbeitgeber begründete die Kündigung damit, dass er in erheblicher Weise gegen die Loyalitätsobliegenheiten seines Dienstvertrages verstoßen habe, als er eine nach katholischen Grundsätzen ungültige Ehe einging. Sowohl die Wiederheirat eines evangelischen als auch eines konfessionslosen Arztes hatten keine Folgen für deren Arbeitsverhältnisse.„Die Frage der Wiederheirat kann sich auf Tätigkeiten auswirken, die eng mit dem Verkündungs- auftrag in Zusammenhang stehen“, erläuterte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle. „Bei einem Arzt hat eine zweite Ehe aber keinen Einfluss auf dessen berufliche Tätigkeit.“ Bereits in ihrem Tätigkeitsbericht 2013/2014 hatte die Antidiskriminierungsstelle gefordert, das deutsche Recht europarechtskonform auszulegen und die Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften nur im sogenannten verkündungsnahen Bereich“ zuzulassen. Entsprechend beschloss der Landtag am 22. September 2016, sich auf Bundesebene für eine Klarstellung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) einzusetzen.Mit seinem Urteil stellte der EuGH nun klar, dass die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer von einer Kirche oder einer anderen Organisation, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, gestellten Anforderung, sich loyal und aufrichtig zu verhalten, nicht ausschließlich anhand des nationalen Rechts vorgenommen werden darf, sondern auch die 2Bestimmungen der entsprechenden europäischen Richtlinie und die dort genannten Kriterien berücksichtigen muss.Laut El Samadoni hat der Gerichtshof in seiner Entscheidung folgerichtig darauf abgestellt, dass es von der Art der fraglichen Tätigkeiten oder den Umständen ihrer Ausübung abhängt, ob die Religion oder Weltanschauung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellen kann.Die Entscheidung hat Auswirkungen auf mehr als 1,5 Millionen Arbeitsverhältnisse, die bei den kirchlichen Trägern Diakonie und Caritas im sozialen Bereich bestehen. Dies sind zum Beispiel Kindergärten, Pflegeeinrichtungen oder auch Krankenhäuser.