Jette Waldinger-Thiering: Wir kennen die Belastungsfaktoren, es ist Zeit zu handeln
Presseinformation Kiel, den 05.09.2018Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering TOP 35 Statuserhebung zur Arbeitsfähigkeit und Gesundheit aus der Sicht von Lehrkräften Drs. 19/631 „Wir kennen die Belastungsfaktoren, es ist Zeit zu handeln.“Erst einmal möchte für den uns vorliegenden Bericht zur Arbeitsfähigkeit undGesundheit aus der Sicht der Lehrkräfte bedanken. Schade ist natürlich die nicht allzuhohe Rücklaufqoute, die bei 30 % liegt. Aber dafür liefert der Bericht ja selbst sinnigeErklärungen. In der Vorweihnachtszeit haben die Lehrkräfte ohnehin schon genug zutun und da bringt wohl nicht jeder die Geduld auf, den Link zur Befragung händischeinzugeben. Nur so viel zum Fortschritt der Digitalisierung in der Schule.Es ist nun so: Die „neuen“ Erkenntnisse sind nicht wirklich neu.Nur knapp über die Hälfte unserer Lehrkräfte geben selbst an, eine „sehr gute odergute“ Arbeitsfähigkeit zu haben. 79% sehen sich bei „guter“ bis „ausgezeichneter“Gesundheit. 72% sind im Allgemeinen mit ihrer Arbeit zufrieden. Und immernoch 2sehen sich zu viele gezwungen zur Arbeit zu gehen, obwohl sie krankheitsbedingtbesser zu Hause geblieben wären.Die häufigsten Belastungsfaktoren bleiben Lärm, Termin- und Leistungsdruck undzusätzliche Aufgaben, die die Lehrkräfte zu erfüllen haben. Hier muss gehandeltwerden und auch das wussten wir ja schon vorher. Und natürlich sind auchLehrerinnen und Lehrer nicht davor gefeit, dass sie die Schwierigkeiten im Beruf mitnach Hause nehmen und das Privat- und Familienleben durch den Beruf beeinträchtigtwird. Es ist vollkommen verständlich, dass die Probleme, die im Schultag auftauchen,auch zu Hause noch nachwirken. Es hinzubekommen, im Feierabend eine richtigeDistanz zu finden ist vielleicht eine der wichtigsten Aufgaben, die man für die eigeneGesundheit lernen muss.Erfreulich ist immerhin, dass 90% der Lehrkräfte angegeben haben, dass sie sichgegenseitig unterstützen und sie ein gutes Gemeinschaftsgefühl im Kollegium haben.Aber das ist ein Punkt, den sich das Land, so gerne man das vielleicht täte, nicht auf dieeigene Fahne schreiben kann. Da haben wir einfach Glück, dass wir engagierte, sozialeund empathische Lehrkräfte an unseren Schulen haben.Auch aus dieser Statuserhebung wird wieder deutlich, dass die Zusatzbelastungenneben dem Unterrichten einfach nicht zu unterschätzen sind. Und das wird eben auchdann zum Problem, wenn wir unsere Schulleitungsstellungen zu besetzen haben.Es kann ja nicht sein, dass das Land die vakanten Stellen anbieten muss wie saures Bier!Wenn diese Stellen teilweise zwei- oder sogar dreifach ausgeschrieben werdenmüssen, bevor sie mit der einen Bewerbung, die es gab, besetzt werden, müssen hier 3dringend mehr Anreize geschaffen werden. Es werden zu viele Schulen kommissarischgeführt.Genauso wenig darf es sein, dass Schulleitungen einer derart steigendenArbeitsbelastung ausgesetzt sind, dass sie nur noch die Möglichkeit haben,Überlastungsanzeigen beim Ministerium einzureichen, so wie es im April öffentlichwurde.Die Ankündigung, Schulleitungen besser zu bezahlen kann deswegen nur folgerichtigsein. Vielmehr muss aber noch dafür gesorgt werden, dass die Leitungszeit erhöhtwird, damit die zusätzlichen Aufgaben angemessen bewältigt werden können. Siehaben als Schulleitung einfach einen großen Mehraufwand, den sie stemmen müssen.Außerdem wissen wir, dass die Belastungen an unseren Brennpunktschulen nach wievor besonders hoch sind. Hier werden weitere Mittel für multiprofessionelle Teamsgebraucht.Ich habe nichts gegen ein wissenschaftlich basiertes Konzept zur Verbesserung desGesundheitsmanagements an Schulen. Und noch weniger habe ich etwas dagegen,dieses gründlich vorzubereiten. Aber wenn wir ehrlich sind, sind die Ursachen derErkrankungen und Belastungen von Lehrkräften mittlerweile hinlänglich bekannt undda kann noch ein und noch ein und noch ein Bericht einfach wie eine Hinhaltetaktikwirken, wenn er denn keine neuen Erkenntnisse bringt.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html