Lars Harms: Menschen, die nichts verbrochen haben, gehören in keine Haftanstalt
Presseinformation Kiel, den 15.06.2018Es gilt das gesprochene WortLars Harms: TOP 32 Abschiebungshaft ist keine humane Flüchtlingspolitik! Drs. 19/763 „Da muss man eben auch den Grünen sagen: Euch mag diese Entscheidung schwer gefallen sein. Aber das hilft den Menschen nicht. Ihr tragt diese Entscheidung mit, ihr macht sie möglich.“Menschen, die nichts verbrochen haben, gehören in keine Haftanstalt. Und das sollteselbstverständlich auch für Menschen gelten, die zu uns geflüchtet sind. Das habe ichimmer wieder hier und an anderer Stelle gesagt. Das ist nicht erst jetzt unsere Haltungbeim SSW, sondern das war schon unsere Haltung, als wir mit SPD und Grünen an einerRegierung beteiligt waren.Deswegen hatten wir damals im Koalitionsvertrag vereinbart, die Abschiebehaftanstaltin Rendsburg zu schließen und so ist es ja auch geschehen.Und auch auf Bundesebene hat unser damaliger Innenminister Stefan Studt, wennauch ohne Erfolg, für die Abschaffung von Abschiebehaftanstalten geworben. 2Und deswegen stimmen wir vollkommen mit der SPD überein:Abschiebungshaft ist keine humane Flüchtlingspolitik!Wir sehen ja an dem Alternativantrag der drei Koalitionäre, dass sie sich auf Bundes-und Europarecht berufen. Und es mag sein, dass es rechtlich möglich ist,Abschiebehaftanstalten einzuführen. Und es mag möglich sein, dass man auch aufLandesebene rechtlich gezwungen wird, von Instrumenten wie der Abschiebehaft odereinem Gewahrsam Gebrauch zu machen. Wenn Gerichte dies anordnen, hat das zuerfolgen. Diese Erfahrung mussten auch wir machen. Deswegen gab es die wenigenPlätze des Abschiebegewahrsams am Hamburger Flughafen und in derAbschiebehaftanstalt in Eisenhüttenstadt in Brandenburg. Beispielsweise eben wennMenschen sich der Ausreise entzogen hatten. Wenn Kriminelle, die aus dem Gefängniskamen, abgeschoben werden sollten.Wenn wir diese Plätze genutzt haben, waren das aber ganz extreme Ausnahmefälle.Der politische Wille sollte doch aber ein anderer sein! Und die Einrichtung einereigenen Abschiebehaftanstalt hat nun mal einfach eine völlig andere Qualität.Ich sage es noch einmal: Menschen, die nicht straffällig geworden sind und sich auchnicht der Abschiebung entzogen haben, verdienen in unseren Augen keinenFreiheitsentzug. Schon gar nicht die besonders schutzbedürftigen Gruppen, über diedie Regierungsparteien in den letzten Wochen höchstens verlauten ließen, sie sollten„möglichst nicht“ eingesperrt werden. Kinder und Jugendliche, Schwangere, stillendeFrauen.Der Alternativantrag von CDU, Grünen und FDP, der uns gestern erreichte, ist nichtsweiter als aneinandergereihte Platzfüller, die nicht darüber hinwegtäuschen können, 3dass am Ende nur steht, die besonders schützenswerten Gruppen sollten„grundsätzlich nicht“ nicht eingesperrt werden. Ausnahmen sind hier somit zulässigund werden hingenommen.Und da muss man eben auch den Grünen sagen: Euch mag diese Entscheidung schwergefallen sein. Aber das hilft den Menschen nicht. Ihr tragt diese Entscheidung mit, ihrmacht sie möglich.Wir erwarten von der jetzigen Landesregierung, dass sie die humane Flüchtlingspolitik,die in den letzten Jahren in Schleswig-Holstein gegolten hat, weiterführt. Dazu gehörtfür uns auch, dass Jamaika alle Register zieht, um die Abschiebungen nachAfghanistan, die durch den Bund drohen, abzuwenden. Wir haben keinen Grund davonauszugehen, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan eklatant zum Gutengewendet hat.Denn stellen Sie sich vor, was sonst möglich wird: Wir haben hier eine afghanischeFamilie in Deutschland, die sich vor den Taliban retten konnte. Sie bringen sich ein,verhalten sich gut und als Dankeschön sollen sie dann am besten noch inAbschiebehaft, bevor sie dahin abgeschoben werden, wo nach wie vor ihr Lebenbedroht ist? Das darf nicht sein! Und deswegen muss auch Innenminister Grote, wiesein Vorgänger, einen konsequenten Abschiebestopp für Personen, die nicht straffälliggeworden sind, nach Afghanistan anordnen.Die Jamaika-Koalition muss, auch nach den letzten Äußerungen ihresMinisterpräsidenten, ihre Pläne für eine neue Abschiebehaftanstalt in Glückstadtbegraben! Für Menschen, die zur Haft verurteilt worden sind, und für Gefährder haben 4wir Gefängnisse und das Abschiebegewahrsam in Fuhlsbüttel. Mehr brauchen wirnicht.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html