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15.06.18
12:42 Uhr
B 90/Grüne

Aminata Touré zu Abschiebungshaft

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort. Schleswig-Holstein TOP 32 – Abschiebungshaft Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt die migrationspolitische Sprecherin der 24105 Kiel Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Aminata Touré: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 233.18 / 15.06.2018


Grundlagen für Abschiebehafteinrichtungen liegen in Berlin und nicht im Land
Liebe Kolleg*innen, liebe Gäste auf der Tribüne,
Herr Stegner, ich könnte mich voller Häme hier hinstellen und sagen, dass das alles übertriebene Empörungsrhetorik von Ihnen ist. Aber ein Entwurf für ein Abschiebehaft- Vollzugsgesetz lag schon in der letzten Legislaturperiode in einem SPD-geführten In- nenministerium vor.
Stefan Studt sagte kurz vor der Landtagswahl im vergangenen Jahr, dass Schleswig- Holstein eine Abschiebehafteinrichtung braucht. Das einzige, was der SPD für dieses Vorhaben in die Quere kam, waren die Landtagswahlen und neue Mehrheitsverhältnis- se. Und deshalb prallt ihre Rhetorik an mir ab.
Was nicht an mir abprallt ist dieses Gesetz, das wir als Grüne mittragen. Es ist kein Zu- fall, dass wir vom Kompromiss „mittragen“ sprechen. Weil wir uns nicht davon freikau- fen können und wir einen Teil dazu beitragen, dass eine Abschiebehafteinrichtung hier entsteht. Das ist unsere politische und moralische Verantwortung.
Und wenn ich zu dem realen Handlungsspielraum komme, dann gebe ich die geteilte Verantwortung auch wieder in Ihre Hände. Ich habe mich in den letzten Wochen ernst- haft gefragt, ob es der SPD nicht bewusst ist, dass die Grundlagen für eine Abschiebe- hafteinrichtung im Aufenthaltsgesetz und somit im Bundesgesetz und auch auf europäi- scher Ebene in der dazugehörigen Richtlinie festgeschrieben sind.

Seite 1 von 3 Und der Hauptpunkt der Debatte, die Inhaftierung von Minderjährigen und Familien, fin- det sich im Aufenthaltsgesetz im Paragraf 62 Absatz 1 Satz 3 wieder. Dort steht nämlich geschrieben, dass Kinder und Familien in Ausnahmefällen inhaftiert werden können. Und genau dieser eine Satz ermöglicht es uns nämlich nicht, auf Landesebene Bundes- recht zu brechen und in unser Gesetz hinein zu formulieren, dass wir das schlichtweg nicht tun werden. Ich sage Ihnen auch, warum: Selbst wenn wir uns über Bundesrecht hinwegsetzen würden, ist es nicht das Parlament, dass über die Inhaftierung entschei- det, sondern es sind Richter*innen und die werden sich am Ende des Tages an das Bundesrecht halten.
Aber, und das ist nämlich die Hauptdebatte, die wir hier führen sollten: Was kann das Land tun? Und deshalb haben wir in den Gesetzesentwurf hinein formuliert, dass die Inhaftierung von Kindern und Minderjährigen nur unter den restriktiven Maßgaben des eben erwähnten Paragrafen stattfinden kann. Erstens.
Zweitens: Wir haben bereits vereinbart, dass wir nicht hinter die Regelungen des heute geltenden Landeserlasses fallen wollen, der sagt, dass die Ausländerbehörden mög- lichst nicht anordnen sollen, dass Kinder, Schwangere und Familien inhaftiert werden sollen. Diesen Spielraum nutzen wir.
Wir Grüne haben durchgesetzt, dass soziale Beratung, Rückführungsberatung, medizi- nische Betreuung und die freie Beweglichkeit in der Einrichtung möglich sein werden. Und dafür haben wir hart gestritten in den Verhandlungen mit CDU und FDP.
Und ich möchte noch einmal auf den Punkt kommen, welchen Spielraum wir tatsächlich haben. Ich hatte schon die ein oder andere schlaflose Nacht seit unserem Kompromiss im Koalitionsvertrag. Und ich habe mir mehr als einmal die Frage gestellt, was wir als Grüne hätten verhindern können.
Und da fängt das Problem schon an, dass wir in der letzten Legislaturperiode, und das merke ich sehr selbstkritisch an, kommuniziert hatten, dass wir keine Einrichtung ha- ben. Wir haben aber die Plätze anderer Bundesländer genutzt. Und da soll mir jemand mal erklären, inwiefern das für Mohammed oder Emine besser sein soll, wenn sie in Brandenburg untergebracht werden und nicht in Schleswig-Holstein. Eisenhüttenstadt, die Einrichtung, die wir sonst mitgenutzt hatten, wurde übrigens geschlossen, weil die Einrichtung so desaströs war. Wir konnten bislang schön sagen, wir haben das Problem nicht hier vor Ort. Ähnlich wie bei Fluchtursachen.
Und deshalb haben wir Grüne entschieden, diesen Kompromiss mitzutragen, solange die bundespolitische Vorgabe besteht. Es ist das kleinere Übel, eine Unterkunft nach unseren Bedingungen hier zu bauen.
Wissen Sie, Herr Stegner, Sie sind stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD. Sie sind sich über Ihre diskursive Macht durchaus im Klaren und wissen, dass Sie direkte Einflussmöglichkeiten haben. Und wenn Sie sagen, Sie wollen diese Einrichtungen nicht und Sie wollen keine Inhaftierungen von Kindern und Minderjährigen, dann ma- chen Sie sich gerne gemeinsam mit uns Grünen auf Bundesebene auf den Weg und streichen diese Regelungen aus dem Aufenthaltsgesetz. Dort werden nämlich, im Ge- gensatz zu Ihrer in der Presse verlautbarten Position, die Grundlagen für Abschiebehaf- teinrichtungen und Inhaftierung von Kindern und Minderjährigen geschaffen und nicht im Land.
Und nochmal einmal etwas Grundsätzliches zu Rückführungen: Das wirksamste Mittel
2 ist die freiwillige Rückführung. Das ist das Hauptaugenmerk für unsere Koalition. Wir haben im letzten Haushalt noch mehr Geld dafür zur Verfügung gestellt. Und auf die- sem Wege schaffen wir eine menschenwürdige Rückführung am allerbesten. ***



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