Lars Harms: Abwägen zwischen Persönlichkeitsrechten und Presse- oder Kunstfreiheit
Presseinformation Kiel, den 14.06.2018Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 18 Rechtssicherheit beim Fotografieren in der Öffentlichkeit erhalten Drs. 19/723 „Die Sensibilisierung bei diesem wichtigen Thema darf nicht zu Handlungslähmung führen.“Was immer wieder deutlich wird ist, dass bei uns insgesamt noch eine großeVerunsicherung bezüglich der Datenschutzgrundverordnung besteht. WederPrivatpersonen noch Vereine scheinen sich gerade sicher zu sein, welche Fotos sieverbreiten dürfen und welche nicht. Deswegen schließt sich der SSW generell auch derForderung an, dass die Bundesregierung von der Öffnungsklausel des Artikel 85 derDSGVO Gebrauch machen möge, um bei der Rechtssicherheit beim FotografierenKlarheit zu schaffen.Insgesamt sind das ja aber keine vollkommen neuen Problemstellungen. Tatsächlich istmein Eindruck, dass nicht erst seit der neuen Datenschutzgrundverordnung viel 2Halbwissen im Umlauf ist, was man darf und was man nicht darf, wenn es um dieVeröffentlichung von Fotos geht.Bis zum Inkrafttreten der DSGVO haben bei uns Kunsturhebergesetz undBundesdatenschutzgesetz ineinander gespielt. Das „Recht am eigenen Bild“ besagt,dass Personen selbst darüber entscheiden dürfen, ob sie damit einverstanden sind,dass Aufnahmen von ihnen veröffentlicht werden oder nicht.Vor jeder Veröffentlichung von Bildnissen einer Person brauchte es also prinzipiell dieEinwilligung der abgebildeten Person. Allerdings gab es auch hier schon Ausnahmen,wann es zulässig war, ein Foto einer Person auch ohne deren Einverständnis zuveröffentlichen.Beispielsweise bei Bildern, auf denen die Personen nur als Beiwerk erschienen oder aufBildern von Versammlungen, an denen die dargestellten Personen in dem Wissen, dassfotografiert wird, teilgenommen haben oder wenn die Verbreitung des Bildes einemhöheren Interesse der Kunst diente.Und selbst diese Einschränkung konnte wieder aufgehoben werden, nämlich wenn einberechtigtes Interesse der Abgebildeten oder, falls diese verstorben waren, derenAngehörigen verletzt wurde. Die Lage war dementsprechend auch früher schonknifflig.Nun sind weitere, sicherlich berechtigte, aber eben auch verkomplizierendeRegelungen dazu gekommen, die wir alle noch einzuschätzen lernen müssen.Berichterstattung und damit eben auch die Pressefreiheit, wie im SPD-Antrag erwähnt,sehen wir dabei nicht in Gefahr. Denn wir haben ja das Medienprivileg für 3Journalistinnen und Journalisten, das es ihnen erlaubt, persönliche Daten im Rahmenihrer Recherche zu verwenden. Allerdings haben es diejenigen, die frei und ohne festenRedaktionsauftrag arbeiten, etwas schwerer, hier könnte sich vielleicht noch etwastun.Diesen Abwägungsprozess, zwischen Persönlichkeitsrechten und Presse- oderKunstfreiheit, den hat es vorher schon gegeben und den wird es eben auch weitergeben müssen. Vollkommene Rechtssicherheit werden wir wahrscheinlich nichterreichen können, es werden auch weiterhin einige Fälle vor Gericht landen.Wohl aber nehmen wir die Irritationen ernst, die vor allem durch Vereine an unsherangetragen worden sind. Sie fürchten, ihre Web-Seiten nicht DSGVO-konformhalten zu können, und sehen schon Abmahnungsprozesse auf sie zurollen.Es ist eben so, dass sie sich mit Arbeitsschritten auseinandersetzen müssen, die vorhereher noch ein bisschen lockerer gehandhabt werden konnten. Stellen Sie sichbeispielsweise die Online-Bildergalerie ihres Fußballvereins im Dorf vor. Drei Spielersuchen sich einen neuen Verein. Was ist, wenn sie nun nicht mehr mit ihrem altenVerein assoziiert werden wollen, müssen die alten Mannschaftsbilder von derHomepage verschwinden oder die betreffenden Personen verpixelt werden? Das ist einzusätzlicher Arbeitsaufwand und besonders im Ehrenamt kann man da etwasverunsichert sein.Dass die DSGVO vorsieht, dass wenn es um personenbezogene Daten geht, vor derVerbreitung die Einwilligung eingeholt werden muss, finden wir angebracht. Allerdingsdarf man hier nicht über das Ziel hinausschießen. Das Filmen oder Fotografieren kann 4man am Beginn einer Veranstaltung auch ankündigen und so die Einwilligungabfragen.Wir leben in einem digitalen Zeitalter, in dem wir uns auch jetzt aufs Neue mit demRecht auf informationelle Selbstbestimmung auseinandersetzen müssen. Aber dieSensibilisierung bei diesem wichtigen Thema darf auch nicht zu Handlungslähmungführen. Wir würden uns deswegen freuen, dieses wichtige Thema weiter im Ausschussberaten zu können.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html