Lars Harms: Da sind sie wieder - die Gespenster der Vergangenheit
Presseinformation Kiel, den 14. Juni 2018Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 13 Bundesinitiative zur Gewährleistung effizienterer Asylverfahren Drs. 19/691 „Es ist nicht zumutbar, Menschen über eine längere Zeit – oft Monate und Jahre – in Asylcentern unterzubringen.“Der Titel des Antrags ist insgesamt irreführend. Titel und Antragstext stimmen nämlich nichtüberein. Es geht der antragstellenden Fraktion nicht um effiziente Asylverfahren, sondern umeffiziente Abschiebe- und Ausreiseverfahren. Und das ist eine Einigung, die wir ablehnen.Der SSW ist gegen die so genannten ANKER-Zentren, wie sie derzeit geplant werden. Wir habenschon vor der Zunahme der Asylverfahren im Zuge des Bürgerkrieges festgestellt, dass es nichtzumutbar ist, Menschen über eine längere Zeit – oft Monate und Jahre – in Asylcenternunterzubringen. Doch die antragstellende Fraktion will genau das. Es handelt sich um einemassive Einschränkung für die Betroffenen, wenn in Punkt drei von einer „Bleibeverpflichtung“der Asylbewerber schwadroniert wird. Bleibeverpflichtung heißt dauerhaft ohne Außenkontaktefestsetzen, weil es das Weggehen sanktioniert. 2Wir lehnen diese Einschränkung der Freiheit der Asylbewerber grundsätzlich ab, weil sie faktischein Integrationsverbot darstellt. Ohne Kontakt mit der deutschen Gesellschaft, ohneBerufstätigkeit oder Schulbesuch kann es keine Integration geben. Darum ist eineBleibeverpflichtung auch keine Chance auf die Wahrung auf eine erfolgreiche Integration, wieuns der Text nur einen Halbsatz vorher glauben machen möchte.Ich kann gar nicht alle Widersprüche ansprechen, die der Antrag beinhaltet. Die antragstellendeFraktion schreibt das eine und das genaue Gegenteil eben auch. So sollen Schutzbedürftige zwarunterstützt werden, sogar mit einer Rechtsberatung, deren Status soll aber regelmäßig überprüftwerden; und zwar alle drei Jahre. Alle drei Jahre soll es also wieder eine neue Angst vorAbschiebung geben. So ist Integration aber eben gerade nicht möglich.Dem SSW geht es im Gegensatz zu den Antragstellern darum, wie wir alle gut zusammenleben.Und nicht, wie sich Schleswig-Holstein optimal gegen Geflüchtete abschottet, internationaleVerabredungen missachtet oder Schutzbedürfnisse ignoriert.Fakt ist, dass Deutschland nicht auf den erheblichen Anstieg der Asylverfahren vorbereitet war.Die zuständige Behörde war zu klein und wurde zwischenzeitlich nicht besonders fachgerechtaufgestockt. Das ist ein Problem, das gelöst werden muss. In Berlin wird man sicherlich nochlange um die Aufarbeitung und die Konsequenzen eines langjährigen Behördenversagens ringen.So lange bleiben überlange Asylverfahren, die sich über viele Jahre hinweg ziehen, undmangelnde Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern ein großes gesellschaftliches Problem.Ein anderes Problem sind fehlende Sprachkurse. Zu wenig Unterstützung der Geflüchteten nachihrem Umzug in eine eigene Wohnung. Auch das sind gravierende Probleme.Die AfD möchte uns nun weißmachen, dass das wirkliche Problem aber weder in denausbaufähigen Integrationsangeboten besteht noch in der Schaffung rechtssicherer Verfahren,sondern im Missbrauch des Aufenthaltsrechts. Da sind sie wieder: die Gespenster derVergangenheit, die den Schwarzen Peter allein den Asylbewerbern zuschiebt. In der Wissenschaftnennt man das Framing, also ein Schubladendenken, das Lösungen und Probleme extrem 3einengt; das eine Gesellschaft in „wir“ und „die“ teilt. Der Scheinwerfer wird auf Straftätergerichtet und diese werden stellvertretend für alle Asylbewerber verurteilt. Damit hat dieantragstellende Partei bereits auf Bundesebene so machen Punkt geschossen.Bei uns in Schleswig-Holstein wird ihr das nicht gelingen. Wir lehnen den Antrag ab.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html